Als Eiskunstläufer hätte es der BMW X3 leichter gehabt: Er hätte die Pflicht absolviert und später – nach gründlichem Training – die Kür. Im Dauertest gibt es keine Trennung, der BMW muss alles beherrschen: die Pflicht aus Technik und Zuverlässigkeit, die Kür aus Komfort, Qualität und Raffinesse – den Premium-Anspruch eben. Ausgestattet hatten wir den Dauertest-X3 mit dem meistgekauften Motor, dem Zweiliter-Diesel. Mit Sonderausstattungen wie Leder, Klimaautomatik, Xenon und Panorama-Glasdach kam der BMW X3 2.0d auf den stolzen Preis von 51.250 Euro – das ist eindeutig Oberklasse und richtig viel Geld für einen kompakten SUV mit Vierzylinder-Dieselmotor.

Knackiges Handling, hartes Fahrwerk

BMW X3 2.0d
Der BMW X3 liegt agil und straff – für viele zu straff. Federungskomfort ist keine X3-Stärke.
Ein Eiskunstlauf-Vortrag dauert nur ein paar Minuten, die Prüfung für den BMW nahm dagegen zwei Jahre in Anspruch. Von Ende 2005 bis Anfang 2008 absolvierte der X3 die 100.000 Kilometer bei AUTO BILD. "Sehr agil, der handlichste aller SUV", attestierte ihm Redakteur Andreas Borchmann zum Start. Allerdings zeigte sich auch die Kehrseite des knackigen Fahrwerks: "Eine im Wortsinn erschütternde Federung, besonders auf den Plätzen im Fond," schrieb Kollege Mario Puksec dem X3 ins Fahrtenbuch. Mehr noch als der Komfort bewegte der Motor die Gemüter, gerade angesichts des hohen Preises.

Nervende Anfahrschwäche

BMW beschwört ja seit Urzeiten die Freude am Fahren. Ob das mit einem 150-PS-Diesel im 1,9-Tonnen-SUV klappt? Die Antwort: nicht ganz. Der Zweiliter-Vierzylinder lief jedenfalls viel zu ruppig – "du glaubst, du sitzt auf einem Trecker", notierte Redakteur Bozo Furkes. Zudem leidet der Diesel unter einer nervenden Anfahrschwäche. Und vielen Testern war er einfach zu schlapp – für einen BMW, wohlgemerkt. "Mann, ist der schwach auf der Brust. Du musst häufig schalten, um halbwegs vorwärtszukommen", klagte Redakteur Henning Klipp. Das wiederum ist hier kein Vergnügen: "BMW-untypisch hakelig und schwergängig." Andererseits beruhigt sich der Diesel außerhalb der Stadt schnell, läuft dann rund und sauber und rennt knapp 200 km/h. Sein stärkstes Argument aber ist der Verbrauch. Im Testdurchschnitt waren es 8,9 Liter – das ist okay. Und die beste Nachricht kommt noch: Seit der Modellpflege im September 2007 baut BMW den neuen Zweiliter mit 177 PS ein. Ein ganz anderer Motor: drehfreudig, spürbar kräftiger und kultivierter.

Abgas im Innenraum

Mögen Fahr- und Triebwerk umstritten gewesen sein, bei der Bewertung der Alltags-Qualitäten waren sich alle Tester einig: Der X3 ist außen angenehm kompakt und innen geräumig, mit bequemen Sitzen für hohen Langstreckenkomfort. Lob erntete auch die grundsätzlich problemlose Bedienung. Tadel gab es nur für Kleinigkeiten wie den schlecht ablesbaren Ölmessstab und das waschanlagenunfreundliche Heck: Wegen des Spoilers bleibt ein großer Teil stets ungesäubert, die Bürsten kommen nicht ran. Die ersten Monate lief der X3 vollkommen problemlos, bis es bei Kilometerstand 18.500 im Innenraum zum ersten Mal nach Abgasen roch. Ein Ärgernis, dessen Ursache schwer zu lokalisieren war – denn der beißende Mief pflegte plötzlich zu verschwinden und irgendwann wieder einzusetzen.

Klimaanlage defekt

BMW X3 2.0d Cockpit Armaturentafel
Auf den ersten Blick BMW-typisch solide, doch nach 100.000 km zeigen sich deutliche Verschleißspuren.
So wehten bei Kilometer 26.000 regelrechte Abgas-Schwaden durchs Abteil, bei Kilometerstand 58.112 wurde es dann vollends unerträglich. Die Überprüfung in der Werkstatt ergab einen Defekt an der Bypassleitung des Turbos, die dann ausgetauscht wurde. Alles erledigt? Denkste. Bei Tachostand 58.378 stand der abermals stinkende X3 wieder in der Werkstatt. Ursache war jetzt ein gelockerter Temperatursensor am Katalysator. Ansonsten war der bayerische Erfolgstyp nur noch einmal außerplanmäßig zur Reparatur: Bei Kilometerstand 27.705 funktionierte die Klimaanlage nicht mehr, der Antriebsriemen war abgesprungen. Zusätzlich wurde der wacklige Schwingungstilger gewechselt. Nach 60.360 Kilometern mussten die verschlissenen Türgummis ersetzt werden. Während der Inspektion tauschten die BMW-Mechaniker außerdem den knirschenden Fensterheber der Fahrertür aus.

Ab 70.000 km sichtbarer Verschleiß

BMW X3 2.0d zerlegt Einzelteile
Nach der Zerlegung offenbart der X3 eine solide Substanz, jedoch auch einige Schwächen.
Wie ein neues Auto wirkte der X3 da schon nicht mehr. Und ab etwa 70.000 Kilometern vermerkten die Tester spürbaren Verschleiß: Häßlichstes Beispiel dafür war der abgelöste Lack am Lenkrad, die Handbremse griff nicht mehr richtig, die Fußmattenhalter hatten sich verabschiedet – und auch das Fahrwerk schien allmählich die bekannt-gewohnte Präzision zu verlieren. Nach 103.147 Kilometern hatte der X3 dann die Tortur bewältigt – Zeit zum Nachrechnen. Er hat 44 Cent pro Kilometer gekostet, im Vergleich der Dauertester liegt er über dem Ford C-Max 2.0 TDCi (34 Cent), ist aber günstiger als der Audi A6 Avant 2.7 TDI (48 Cent). Die Pflicht hat der X3 2.0d glänzend absolviert. Punktabzüge gibt es aber für die Kür – da erwarten wir von einem Premium-Auto einfach mehr.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Dirk Branke

Dirk Branke
AUTO BILD-Redakteur Dirk Branke über den BMW X3: "Gut, aber mit Abzügen in der B-Note."
Die Pflicht hat der BMW X3 souverän erledigt: Über 100.000 Kilometer kein Totalausfall, keine größeren Reparaturen, agiles Fahrverhalten, zeitgemäßer Verbrauch. Dazu kommt der gute technische Zustand zum Dauertest-Ende einschließlich sauberer Abgaswerte. Aber so etwas darf man von einem teuren Auto wie dem X3 wohl auch erwarten. Die Kür – die hier für Qualität und Premium-Anspruch stehen soll – hat der BMW weniger elegant absolviert. Es gab viele Dinge, die nervten: die lästige Anfahrschwäche des brummigen 150-PS-Diesels und das zu hart abgestimmte Fahrwerk zum Beispiel. Dazu kommen noch die Probleme mit der Klimaanlage und dem Abgassystem. Und ganz und gar nicht Premium ist der abblätternde Lack, besonders am Lenkrad. Mit dem Facelift hat der X3 deutlich gewonnen, vor allem der neue Diesel macht vieles besser als der alte. Schade, dass es den Feinschliff nicht schon früher gab.

Hersteller-Reaktionen: Das sagt BMW...

... zum abgesprungenen Antriebsriemen des Klimakompressors: "Diese Schwachstelle wurde frühzeitig erkannt. Durch frühzeitigen Einsatz eines optimierten Antriebsriemens und eines veränderten Schwingungsdämpfers wurde diese Fehlerquelle beseitigt."
... zu den wiederholt aufgetretenen Undichtigkeiten im Abgassystem: "Hierzu konnte es in einigen wenigen Einzelfällen kommen. Ursache waren nicht korrekt eingehaltene Anzugmomente in der Fertigung bei unserem Zulieferer. Durch Verbesserung der Prozesse wurde der Mangel abgestellt."
... zum Verschleiß und Austausch der Türdichtungen: "Gelegentlich kann es zu Scheuerstellen an den Türdichtungen kommen. Ist dies tatsächlich der Fall, werden zur Sicherheit und zur Sicherstellung der Kundenzufriedenheit alle Dichtungen ausgetauscht."
BMW X3 2.0d Fensterhebermechanismus
Müde geworden: die Fensterhebermechanik, ausgetauscht bei km 60.360.
... zum Ersatz von Führungsschienen und Antriebsmotor des Fensterhebers in der Fahrertür: "Ein Zulieferproblem, das zwischenzeitlich abgestellt wurde. Die Verbesserungen sind im Rahmen der üblichen Qualitätssteigerungen während der Bauzeit des Modells in die laufende Fertigung eingeflossen."
... zur Anfahrschwäche und zur unzureichenden Motorgeräuschdämmung: "Zum Modelljahr 2008 gab es ein Facelift am X3. Mit diversen Modelloptimierungen wurde der leistungsstärkere 2.0d (jetzt 177 PS) eingeführt und den Problemen damit Rechnung getragen. Auch der Diesel-Partikelfilter gehört seitdem zum Umfang der Serienausstattung beim 2.0d sowie den weiteren Dieselmotoren 3.0d und 3.0sd."
... zu Klagen über das leicht hakelige und schwergängige Getriebe: "Das Getriebe ist ein weiterer Punkt, der mit dem Facelift des X3 verbessert wurde. Durch den Einsatz eines komplett neuen Getriebes wurde dieses Problem behoben."
... zu den unansehlichen Lackablösungen am Lenkrad: "Immer neue Handcremes und sonstige Pflegeprodukte kommen auf den Markt. Die Inhaltsstoffe dieser Mittel greifen die Oberflächen im Fahrzeug an. Wir arbeiten verstärkt daran, die Beschichtungen dieser Flächen zu stabilisieren."

Das sagen die Leser zum BMW X3

"Bekannte Geräusche": Geräusche aus dem Unterbodenbereich sind auch bei meinem Fahrzeug aufgetreten. Von BMW gab es darüber eine Händlerinformation. Thema: Nebengeräusche von Verteilergetriebe, Antriebswellen, Hinterachse. Emmeran Bayersdorfer, BMW X3 2.0d, Baujahr 2005
"Laut und lahm": Meine Mutter fährt seit einiger Zeit einen X3. Ich verstehe nicht, wie man dieses Fahrzeug als spritzig bezeichnen kann. Es ist eher eine eingeschlafene Schnecke. Auch in Sachen Platzangebot und Verarbeitung kann dieser BMW nicht überzeugen. Außerdem ist der X3 schlecht gedämmt. Beim Fahren lärmt der Diesel schlimmer als ein alter Mercedes Sprinter. Und die Windgeräusche? Da kommt schon fast Cabriofeeling auf. Peter Fellner, BMW X3 2.0d
"Design sehr gut": Fahrdynamisch und vom Design gefällt mir mein X3 noch immer sehr gut. Die Qualität des Kunststoffs ist aber eine Frechheit und die harte Federung einfach nervig. Torsten Berger, BMW X3 2.0d, Baujahr 2005

Von

Manfred Klangwald