Vom Filmproduzenten zum Le-Mans-Sieger-Teamchef. Das ist der amerikanische Traum von James Glickenhaus (71). Seit Jahren genießen seine Eigenbauten bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring Kultstatus. Seit zwei Jahren versucht er sich in der Sportwagen-WM mit einem Hypercar. „Der letzte Sieg eines US-amerikanischen Autos in Le Mans war der durch den Ford GT40 – und das war 1969. Das wollen wir ändern“, gibt Glickenhaus selbstbewusst zu Protokoll.
So weit der Traum. Und die Realität? Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Toyota hat die letzten vier Ausgaben der 24 Stunden von Le Mans gewonnen. Und ist auch 2022 haushoher Favorit.
Toyota ist bei den 24 Stunden von Le Mans (11.-12. Juni) klarer Favorit.
Bild: Gabi Tomescu/focuspackmedia.com/WEC Media

Allein: In der WM liegen die Japaner nur auf Rang drei – hinter Alpine und Glickenhaus. Grund: Der Unfall eines Autos beim Auftakt, ein technischer Defekt des anderen in Spa.
Alpine allerdings hat einen klaren Reichweiten-Nachteil, schafft mit dem Sprit eine Runde weniger pro Stint als Toyota. Die Franzosen sind in der Topklasse nur geduldet.
Sie fahren nämlich mit einem umgestrickten LMP1-Prototyp von Rebellion – also einem Fahrzeug, das eigentlich schon ausrangiert werden sollte. Alpine hat zwar den Auftakt der Sportwagen-WM in Sebring gewonnen. Aber danach wurden den Franzosen 20 PS gekappt, ihr 4,5-Liter-V8-Sauger von Gibson auf 550 PS gestutzt. Zum Vergleich: Der 3,5-Liter-V6-Turbo im Toyota GR010 Hybrid bringt es auf 688 PS, der 3,5-Liter-V8-Turbo im Glickenhaus SCG 007 auf 707.
Glickenhaus hat mit Bosch zusammen ein Brake-by-Wire-System entwickelt.
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Der Glickenhaus hat also einen Leistungsvorteil. Das legt die Balance of Performance so fest. Die Veranstalter versuchen die Leistungen der Fahrzeuge auf ein Level zu bringen – für mehr Chancengleichheit. Bei Toyota kommen 270 PS der Gesamtleistung durch einen Elektromotor zustande. Doch diesen Schub dürfen die Japaner erst ab einer Geschwindigkeit von 190 km/h zuschießen. Letztes Jahr war das schon bei 120 km/h erlaubt. Auch das soll Glickenhaus ohne Hybridmotor näher an Toyota heranführen.
Glickenhaus hat mit Bosch zudem ein Brake-by-Wire-System entwickelt. Das soll die Performance und vor allem die Zuverlässigkeit verbessern. Im Vorjahr mussten in Le Mans die Bremsen gewechselt werden. Das kostete zu viel Zeit.
Noch unklar ist, ob Glickenhaus den Motor für Le Mans überarbeitet. Weil 2022 Biosprit aus Weinresten zum Einsatz kommt, sollte Motorlieferant Pipo Motors neue Zündkerzen und eine neue Kraftstoffpumpe liefern. „Aber nur, wenn das nicht auf Kosten der Zuverlässigkeit geht“, so Glickenhaus.
Als Fahrer ist unter anderem Romain Dumas (44) am Start, der schon 21-mal in Le Mans dabei war und zweimal sogar gewinnen konnte. Er weiß: „Der Enthusiasmus im Team ist großartig.“
Helfen könnte vielleicht auch das Rennglück. In Sebring schied ein Toyota aus, weil José María López einen schweren Unfall hatte. In Spa streikte der andere Toyota – wegen eines Problems am Hybridsystem. Genau auf so etwas hofft Glickenhaus.

Von

Michael Zeitler