Ein wenig erinnert die Firmenzentrale von Ahorn Camp in Speyer an das unbeugsame gallische Dorf aus den Asterix-Comics: Hier leisten sie ehrlichen Widerstand. Der Familienbetrieb um Alexander Reichmann will nicht irgendein Fisch im großen Becken sein. Nein, den Neustart des vor 30 Jahren gegründeten Unternehmens markierte 2013 die bewusste Wahl von Renault als Basisfahrzeug. Nicht Fiat. Alleine das garantiert seither erhebliche Aufmerksamkeit in der vom Ducato dominierten Szene.
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Die Partnerschaft mit Renault bietet nicht nur technische Vorteile

Ahorn Van 620
Die prägnante Schnauze kombiniert Truck-Attitüde mit einer Dosis Sport-Appeal.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
2019 startete Ahorn Camp mit dem Van eine neue Baureihe. Sie ergänzt die erfolgreichen Alkoven und Teilintegrierten. Auch beim Kastenwagen blieb es bei der Partnerschaft mit Renault, die nicht nur technische Vorteile bot, weil die neuen Emissionsvorgaben für die 6d-Temp-Diesel der Franzosen kein Problem darstellten (im Unterschied zu Fiat), sondern auch in Sachen Vertrieb: Ahorn weiß einige große Renault-Partner auf seiner Seite und nutzt deren Stärke vor Ort gezielt für seine Produkte. Verkäufer werden speziell geschult, und schon vor Corona setzten die Speyerer ganz zeitgemäß auf Videoberatung. Der Van überzeugt jedoch auch ohne große Worte: Nach dem umfassenden 2019er Facelift zeigt sich der ursprünglich 2010 vorgestellte Renault Master rundum frisch. Das betrifft die prägnante Schnauze, die ein bisschen Truck ist und dennoch eine Dosis Sport-Appeal nicht verhehlen mag – und das ist nicht zu viel versprochen, denn die neuen Motoren (von Beginn an mit AdBlue und SCR-Kat) überzeugen mit Agilität und Drehmoment. Die kleinste Version, ein 135 PS starker 2,3-Liter, bietet bereits eine gute Basis. Unser Testwagen war mit 150 PS motorisiert (plus 1257 Euro), das mittlere Modell, das mit 385 Newtonmeter Drehmoment sehr ordentlich antritt und – nicht zuletzt wegen der Twin-Turbo-Technik – ausreichend Reserven in allen Lebenslagen bietet. Die Spitze markiert ein 180-PS-Aggregat, ebenfalls mit 2,3 Liter Hubraum.

Manches fällt beim Ahorn Van 620 anders aus als gewohnt

Ahorn Van 620
Das Master-Cockpit erinnert an einen Pkw – ähnlich agil fährt er sich auch.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Betont sportlich gibt sich der Renault schon vor dem Start Beim kurzen Selbsttest schlagen beide Instrumentennadeln voll aus, und auch sonst wirkt der neue Master modern und erinnert eher an einen Pkw denn einen Transporter. Der zweite Airbag jedoch ist Bestandteil des 2525 Euro teuren Chassis-Pakets, das zudem elektrische Fensterheber und Außenspiegel, eine Geschwindigkeitsregelung, Traktionskontrolle und Armlehnen umfasst. Eine Berganfahrhilfe ist ebenfalls dabei, weitere Assistenten sowie eine Automatik (1842 Euro) kosten extra. Hinter dem Renault-Steuer fühlen sich selbst große Menschen wohl. Die komfortablen Sitze liefert Ahorn gegen Aufpreis im Stoff des Wohnraums, zudem punkten sie mit aufblasbarer Lordosenstütze, zwei Armlehnen und verschiebbarem Sitzkissen. Das alles sind keine Revolutionen, und doch fällt manches anders aus als gewohnt. Auf neue Akzente setzt Ahorn Camp auch beim Ausbau des Kastenwagens. Mit seiner 6,20 Meter langen Version trifft Renault exakt die Mitte zwischen den beiden populären Ducato-Größen von 6,00 und 6,36 Metern. Am typischen Grundrisslayout ändert das nichts. Die Küche steht im Bereich der Schiebetür, gegenüber findet sich eine Sitzbank samt Tisch, dahinter das Bad, und im Heck sind zwei Einzelbetten, die sich mit einem Polsterstück verbinden oder hochklappen lassen. Dann passen sogar Fahrräder oder anderes Sperrgut ins Auto.

Außen und innen punktet der Ahorn Van mit seinem Design

Dieser Kastenwagen macht einiges erfrischend anders als die Konkurrenz
Der klappbare Tisch hilft, mit der knappen Gesamtlänge des Ahorn klarzukommen.
Bild: Hardy Mutschler / AUTO BILD
Es sind zwei Dinge, die beim Ahorn Van besonders auffallen. Das erste ist der Wunsch, mit dem Design zu beeindrucken. Schon außen beginnt das mit bündigen Seitz-Rahmenfenstern, innen überzeugt eine lichte, reduzierte Farbenwelt. Weiß- und moderne Grautöne lassen Rustikales draußen, nur der Boden in Schiffsdielenoptik setzt Akzente. Schick und stimmungsvoll ist zudem die LED-Beleuchtung, ebenso die schwarze Glasplatte der Arbeitsfläche in der Küche, dominiert von einer selbstbewusst darüber thronenden Armatur aus verchromtem Metall (!) – hier hatten sie bei Ahorn klar ein Großstadtloft vor Augen. Und keine Almhütte. Der zweite Punkt betrifft den Raum. Bei 6,20 Meter Gesamtmaß muss irgendwo der Platz ausgehen, wenn sich die Längsbetten über ordentliche 1,90 Meter erstrecken. Das zeigt sich im Bad, das sehr kompakt, jedoch dank Klappwaschbecken, drehbarer Toilette und vorhangfreier Dusche (Extra-Lob!) überaus funktional ausfällt. Nachteil: hier fehlt ein Fenster. Recht eng geht es dann auch am Tisch zu. Dass er klappbar ist, hilft zwar enorm, dennoch gerät eine Reise zu viert im Ahorn Van 620 zu einer beengten Unternehmung. Wer sich daran jedoch nicht stört, schwimmt mit dem Franzosen aus Speyer ziemlich munter gegen den breiten Strom.

Bildergalerie

Wohnmobil-Test Ahorn Van 620
Wohnmobil-Test Ahorn Van 620
Wohnmobil-Test Ahorn Van 620
Kamera
Wohnmobil-Test Ahorn Van 620
Fazit von Thomas Wirth: Alle nutzen den Ducato. Nur Ahorn nicht: Sie setzen auf Renault Master. Ist das Weitsicht? Oder gar Rebellion? Beides ein bisschen, vor allem ist es erfrischend, eine Alternative zu haben. Der Renault kann manches besser, die agilen Motoren zum Beispiel waren früher fit für die neuen Emissionsvorgaben. Auch innen weht mit dem Ahorn Van frischer Wind in den Markt. Und bereits das ist ein Plus. Urteil: vier von fünf Punkten.