Alpina XD4 im Langzeittest
Abschied vom XD4 mit weinendem Auge

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Gut einmal um die Welt sind wir mit unserem Alpina XD4 gefahren. Nun ist er weg – und wir sind ein bisschen wehmütig. Warum? Das erzählen wir hier.
Bild: Caroline Jüngling / Auto Bild
An Ländern hat unser Alpina mehr gesammelt als jeder Langzeittestwagen vor ihm: Neben der Heimat war er in Tschechien, Österreich, Italien, der Schweiz – an Liechtenstein ist er knapp vorbeigeschrammt. Im Westen ging die Reise nach Belgien, Frankreich und in die Niederlande. Mit der Fähre sogar über den Ärmelkanal bis nach England.
In Bristol konnte der XD4 schon fast bis nach Wales hinüberlinsen, in Liverpool war die Versuchung groß, dem schönen Schottland noch einen kleinen Besuch abzustatten. Der Terminkalender hat es leider nicht zugelassen, doch auch in den Highlands hätte man sich bestimmt kurz am Kopf gekratzt und gewundert, was nun dieser komische linksgelenkte BMW mit deutschem Kennzeichen, der nicht mal ein echter BMW ist, vor dem Dorf-Pub macht.
Ins Gespräch kommt man mit OAL-XD 400 überall. Allein an der Tankstelle sind wir über die 45.000 Kilometer Dutzende Male angesprochen worden – und das lag nicht etwa daran, dass der Dreiliter-Diesel übermäßig durstig gewesen wäre. Ganz im Gegenteil: Nach einem Tankvorgang hatten wir sensationelle 1115 Kilometer Reichweite im Display stehen.

Die angenehm konservative BMW-Basis veredelt Alpina dezent. Blaue Tachografik, farbige Nähte und natürlich edelstes Leder – auf Wunsch in jeder Farbe.
Bild: Caroline Jüngling / Auto Bild
Sparsam, wenn möglich, rasant, wenn nötig
Nimmt man seinen 68-Liter-Tank zugrunde, ergibt das einen rechnerischen Verbrauch von unfassbaren 6,1 Liter Diesel alle 100 Kilometer – und das bei 2,1 Tonnen und knapp 400 PS. Klar, die haben wir auf dieser Etappe mutmaßlich nicht allzu oft abgerufen, dennoch ist es gut zu wissen, dass der XD4 im Zweifel beides kann.
Sparsam, wenn möglich, rasant, wenn nötig. 8,6 Liter soll das Mittelklasse-SUV nach WLTP zu sich nehmen. In der Langzeit-Praxis haben wir über die komplette Distanz drei Zehntel weniger gebraucht – und da war größtenteils Langstrecke dabei, auf der auch mal die angegebenen 268 km/h Vmax ausgeschöpft wurden. Dabei zeigte sich wieder mal der philosophische Grundgedanke von Andy Bovensiepen und seiner Mannschaft.

Auch im Sportmodus ist der Alpina natürlich kein Sportwagen. Aber das agile Ansprechverhalten vermittelt den Eindruck.
Bild: Caroline Jüngling / Auto Bild
Die Stammtischwerte sind den Allgäuern recht schnuppe – Null-auf-hundert-Werte oder möglichst viel Leistung? Lass da mal die anderen mit protzen … In Buchloe konzentriert man sich bei der Abstimmung lieber auf ein möglichst bulliges, aber dennoch gleichmäßig anliegendes Drehmoment und souveränen Fahrkomfort bei hohen Reisetempi. Und exakt das kann der XD4 wie kaum ein anderes Auto.
Viel Perfektion mit wenigen Unzulänglichkeiten
Man fühlt sich immer ein bisschen wie abgekapselt vom Verkehrsgeschehen, aber auf die gute Art. Der Diesel brüllt seine Leistung nicht in die Welt hinaus, nagelt seinen Fahrer aber gleichzeitig auch nicht um Kopf und Verstand. Kurz gesagt: Er nervt in keiner Situation, ist aber immer da, wenn man ihn braucht – wie ein guter Butler, könnte man sagen.

Gerade das schmalzige Drehmoment lässt einen Überholvorgänge mit einer gewissen Selbstverständlichkeit angehen. Die 800 Nm sind stets präsent.
Bild: Caroline Jüngling / Auto Bild
Bei so viel Perfektion fallen die wenigen Unzulänglichkeiten noch viel deutlicher auf. Wie die 22-Zoll-Sommerräder, die Spurrillen mit einer Zielsicherheit hinterherliefen wie ein Drogenspürhund bei der Razzia. Zuletzt hatte Alpina den XD4 jedoch winterbereift – und zwei Zoll weniger aufgezogen. Was das Problem nahezu komplett neutralisiert hat.
Im Zuge dessen wurde auch der 30.000er-Service abgespult und anscheinend eine neue Software aufgespielt, denn seitdem ließ sich der XD4 nicht mehr bei geöffneter Tür rangieren. Vorher ging das problemlos. Bei modernen BMW ist das mittlerweile überall so – der eine nennt es ein Feature, wir eher einen Bug.
Was mit keinem Software-Update dieser Welt zu beheben ist: die ungünstig positionierte Rückfahrkamera. Direkt über dem Kennzeichen, verschmutzt sie gerade bei Regenwetter in kürzester Zeit. Die Sicht nach hinten ist dann gleich null und das Auto an sich nicht von der übersichtlichsten Sorte.

Am Firmensitz in Buchloe hatten wir OAL-XD 400 im April 2022 abgeholt, zehn Monate später geht er wieder dorthin zurück.
Bild: Lena Willgalis / AUTO BILD
Mustergültige 45.000-km-Reise
Doch bevor wir uns in Kritik verzetteln, der Großteil der 45.000-km-Reise verlief mustergültig. Die BMW-Bedienung über den iDrive-Drehknopf hat sich in kürzester Zeit ins Fahrerhirn eingebrannt und – wir werden nicht müde, es zu betonen – ist das mit Abstand beste System in der gesamten Branche. Schlicht, weil es nahezu blind zu bedienen ist, und ja, das zuverlässige Navi trägt auch seinen Teil zum wohligen Gefühl bei.
Und noch ein geniales Feature: Die nativ im System integrierte Spotify-App. Wer auch immer das Auto nach mir bekommt: Viel Spaß mit meiner Playlist – ich habe vergessen, mich auszuloggen.
Technische Daten und Preis: Alpina XD4
• Motor R6, Quadturbo, vorn längs
• Hubraum 2993 cm3
• Leistung 290 kW (394 PS) bei 4000-5000/min
• max. Drehmoment 800 Nm bei 1750-3000/min
• Antrieb Allrad/ Achtstufenautomatik
• L/B/H 4751/2138/1615 mm
• Leergewicht 2070 kg
• Kofferraum 525–1430 l
• 0–100 km/h 4,6 s
• Spitze 268 km/h
• Verbrauch 8,6 l D/100 km
• Abgas CO2 224 g/km
• Preis ab 92.900 Euro
• Hubraum 2993 cm3
• Leistung 290 kW (394 PS) bei 4000-5000/min
• max. Drehmoment 800 Nm bei 1750-3000/min
• Antrieb Allrad/ Achtstufenautomatik
• L/B/H 4751/2138/1615 mm
• Leergewicht 2070 kg
• Kofferraum 525–1430 l
• 0–100 km/h 4,6 s
• Spitze 268 km/h
• Verbrauch 8,6 l D/100 km
• Abgas CO2 224 g/km
• Preis ab 92.900 Euro
Fazit
Wie begehrt der XD4 war, erkennt man daran, wie viele sich erkundigt haben, was nach dem Langzeittest mit dem Auto passiert. Der Restwert ist beachtlich: Knapp 80 000 Euro sind ein realistischer Marktpreis.
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