Alpina XD4: Langzeittest, Zwischenbericht, SUV, Diesel
Halbzeitbilanz: 25.000 Kilometer im Alpina XD4 mit 394 Diesel-PS

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2022 haben wir unser neuestes Redaktionsmitglied in Empfang genommen: einen Alpina XD4. Nun hat das schnelle SUV-Coupé seine ersten 25.000 km geschafft!
Bild: Caroline Jüngling
Mit gut 3000 Kilometern auf dem Tacho hatte AUTO BILD SPORTSCARS den Alpina XD4 mit dem Kennzeichen OAL-XD 400 übernommen. Der erste Eindruck war von Beginn an top. Viel Power und bulliges Drehmoment aus dem Keller begeisterten schon damals – und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Schließlich tunt Alpina nicht einfach den Singleturbo-Reihensechser mit variabler Turbinengeometrie aus dem X4 M40d, sondern betreibt wieder mal den Aufwand einer kompletten Herztransplantation – wie bei B3/B4, wo man den M3-Motor in der M440i-Basis verbaut.

Wer einen normalen BMW X4 danebenstellt, wird verwundert sein, wie viel die Alpina-Schürze ausmacht.
Bild: Caroline Jüngling
Im XD4 (und auch im Schwestermodell XD3) kommt der B57-Reihensechser mit vier Turboladern zum Einsatz, wie er bis Ende 2020 im X5/X6 verbaut wurde. Je zwei Twinscroll-Lader unterstützen hier den unteren und oberen Drehzahlbereich. Das Ansprechverhalten gibt sich dadurch für die immense Leistungsentfaltung extrem sanft.
Quadturbo-Leistungsentfaltung bewog Alpina zum Motortausch
Das ist wahrscheinlich exakt der Grund, warum Alpina ebendieses Triebwerk gewählt hat. Ruppige Manieren können die Entwickler aus Buchloe nämlich überhaupt nicht leiden. Die Firmenphilosophie von Alpina war schon immer, souveräne Langstreckengleiter für den hohen Geschwindigkeitsbereich zu bauen. Daher sind deren Modelle meist auch etwas leistungsschwächer ausgelegt als die BMW-M-Topmodelle, verfügen allerdings über mehr Drehmoment und ein breiter nutzbares Band.

Enge Kiste: Bei BMW gab es den Quad-Turbo bis Ende 2020 im X5/X6 M50d. Alpina steckt das kraftvolle Aggregat mit 394 PS in die kleinere Baureihe.
Bild: Caroline Jüngling
Das zeigt sich auch beim XD4 in den Leistungswerten: Schon die Vorfaceliftversion mit 388 PS hatte 12 PS weniger als das BMW-Original, dafür aber zehn Newtonmeter mehr. Mit der Überarbeitung hat Alpina weitere 6 PS und 30 Nm draufgepackt, liegt aber immer noch unter den 400 PS des M50d. Harmonisch muss es sein; und dieses Häkchen kann man definitiv setzen.
Allerdings – und hier sind wir schon bei den Kleinigkeiten, die uns im Testalltag aufgefallen sind – produziert unser Exemplar im Tempobereich zwischen 100 und 120 km/h laute und wirklich nervtötende Windgeräusche am rechten Frontscheibenrahmen. Wer meist allein auf der Langstrecke unterwegs ist, für den mag das kein Problem sein: einfach Musik oder Hörbuch laut drehen, und gut ist. Mit Beifahrer und Redebedarf sieht die Sache schon wieder anders aus.
Auffälligkeiten? Windgeräusche nerven, Spurrillen mag er gar nicht
Was ist uns noch aufgefallen? Thema Spurrillen: Schon einige Male hatten wir instinktiv einen Plattfuß befürchtet, nur um dann erleichtert festzustellen: Uff, nur ein ausgefahrener Asphalt. In all den Jahren Motorjournalismus ist mir noch kein Testwagen untergekommen, der mit einer derartigen Intensität Spurrillen nachgejagt wäre.
Der Grund: Wir vermuten die Mischbereifung (255/35 vorn, 295/30 hinten) in 22 Zoll als Übeltäter. Da trifft es sich gut, dass Alpina unserem XD4 im Zuge des 25.000-Kilometer-Service gerade einen Satz Pirelli Scorpion Winter in 20 Zoll verpasst hat. Wir werden zum Abschluss des Langzeittests berichten, ob's was gebracht hat.

Auf der Rückreise vom Italien-Termin schauen wir noch beim Agriturismo des Vertrauens vorbei. Ein bisschen frischgepresstes Olivenöl – und weiter geht's.
Bild: Tobias Kempe
Doch schon vor dem Schuhwechsel haben wir mit dem Alpina einiges erlebt. Mehr als üblich sogar, denn das Langstreckengleiten macht derart viel Spaß, dass wir für Termine gern auf das Flugzeug verzichten. So gesehen ist ein sämiger Diesel der effektivste Klimaschützer. Ferrari lädt zur Purosangue-Präsentation nach Maranello? Die knapp acht Stunden aus Nürnberg kann man doch fahren.
Acht Stunden Fahrt im Alpina? Da verzichten wir gern aufs Flugzeug
Also, Fotografen eingepackt, an der Sachsenklemme in Südtirol auf halbem Wege eine fantastische Pizza futtern und auf der Heimfahrt in Bardolino noch Olivenöl und Wein shoppen. Das kann einem die Lufthansa nicht bieten – und der XD4 bietet trotz kompletter Video-Ausrüstung im Kofferraum mehr als genug Platz.

Vor dem McLaren Technology Centre in Woking sorgte der Alpina für Aufsehen. Was macht ein Edel-BMW mit deutschem Kennzeichen in Südengland?
Bild: Privat
Selbst zum McLaren-Termin nach Woking im Südwesten von London sind wir gefahren statt geflogen. Neun Stunden nach Calais und mit der Fähre nach Dover. Klar, das dauert länger als der Zwei-Stunden-Flug, doch wenigstens erlebt und erfährt man etwas: Etwa dass der Alpina nach zweimaligem Drücken des Schließknopfes für die Fähre die Alarmanlage deaktiviert. Oder dass sich im Menü die Scheinwerfer von Rechts- auf Linksverkehr umstellen lassen. Vorbei sind die Zeiten dieser nervigen Anti-Blend-Aufkleber – hervorragend.

Fähre Bedingungen: Nach dem Parken im Schiff unbedingt zweimal absperren. So wird die Alarmanlage deaktiviert.
Bild: Privat
Noch viel praktischer: Der Alpina merkt über die GPS-Daten, dass man sich in England befindet, und rechnet die abgelesenen Tempolimits automatisch von Meilen in km/h um. Bei 50 Meilen Limit steht also Tempo 80 im Display und im Head-up-Display. Da hat ein Entwickler mitgedacht.
8,3 Liter braucht der Alpina XD4 im Praxisschnitt
Ach ja, einen Durchschnittsverbrauch im realen Alltag hatten wir Ihnen letztes Mal noch versprochen: 8,3 Liter alle 100 km auf den ersten 25.000 gefahrenen Kilometern – völlig okay für 394 PS!
Fazit
Wir fürchten schon den Tag, an dem wir den Alpina XD4 wieder abgeben müssen – auch wenn Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Dieser Antriebsstrang im Kleid des BMW 4er Gran Coupé wäre mein Langstreckentraum.
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