Nicht nur Menschen haben ihre Schokoladenseite, sondern auch Autos. Die starke Seite des Volvo C30 ist zweifellos das Hinterteil. Rückleuchten im markentypischen, kerzenartigen Designstil rahmen die gläserne Heckklappe vom Typ Schneewittchensarg ein. Irgendwie gelang es den Volvo-Stylisten, ihrem von Ford übernommenen Focus-Verschnitt ein ganz eigenständiges Aussehen zu geben. Aber macht ihn das schon außergewöhnlich? Der Audi A3 ähnelt sehr seinen großen Brüdern. Gieriger Grill vorn, Avant-Anmutung hinten. Kein gestalterisches Risiko. Also insgesamt weniger Freude? Blick hinter die Kulissen: Im Volvo nagelt der von Ford und Peugeot entwickelte Diesel sein kräftiges Lied. Im Audi brummelt ein Zweiventiler-Turbo, der zur aussterbenden Gattung der Pumpe-Düse-Diesel gehört. Der modernere C30-Motor meldet im Leerlauf ungeniert sein hartes Verbrennungsprinzip, doch spätestens ab Tempo 100 werden diese Geräusche endgültig vom Winde verweht.

Im Audi nagelt der Diesel lauter als im Volvo

Ingolstädter Sprinter: Der Audi ist in glatten zehn Sekunden auf Tempo 100.
Anders der Audi: Sein rauer Unterton ist ständig präsent – deutlich hör- und auch messbar. Schon ab Tempo 100 ist der A3 zwei Dezibel lauter als der Common-Rail-Volvo. Das Fahren macht aber in beiden Spaß. Der in Belgien gebaute Schwede und der Germane aus Bayern übertragen ihre Kraft über Sechsgang-Schaltgetriebe an die Vorderräder. 136 PS im Volvo und 140 PS im Audi lassen Fahrspaß aufkommen. Um die zehn Sekunden auf Tempo 100, Spitze deutlich über 200 km/h und beim Verbrauch eine Sechs vor dem Komma – es fehlt an nichts. Doch forschen wir mal nach dem wahren Charakter. Der Volvo versucht, sich auch innen von der Masse abzuheben. Fünf Sitze? Pah. Haben ja alle. Im C30 reichen vier. Vorn sind sie zwar etwas weniger gut geformt als im Audi, im Fond aber warten zwei richtig gute Einzelplätze. Wer die Verrenkung beim Einstieg geschafft hat und verzeihen kann, dass die Hosenbeine stets den Türschweller putzen, der sitzt erstaunlich bequem. Audi bietet im Fond noch einen fünften, aber unkomfortablen Platz an.
Schön unpraktisch: Die Coupélinie ist sehr ansprechend, kostet aber Kofferraum.
Braucht ein kompaktes Designerstück einen großen Kofferraum? Nein, scheint der Volvo zu antworten. Die schicke, heruntergezogene Dachlinie ist wichtiger. Koste es so viel Raum, wie es wolle. Wer die geteilten Rücksitze umklappt, der freut sich dafür über eine topfebene Ladefläche. 894 Liter passen hinein, in der Normalstellung sind es nur 251. Der Audi ist dagegen mit 350/1080 Litern ein Großraumwagen. Ganz klar: Der A3 will mehr Limousine sein, schließlich gibt es ihn auch mit fünf Türen. Der dreitürige Volvo trägt sein C (für Coupé) zu Recht im Namen. Er bleibt schon deshalb ein Einzelgänger, auch wenn er in den ersten sieben Monaten dieses Jahres schon über 4000 Mal verkauft wurde. Zu einem A3 griffen im gleichen Zeitraum fast zehnmal so viele Kunden. Er ist in diesem Vergleich ein echtes Massenauto, das sich aufgrund der großen Bekanntheit sicher auch besser wiederverkaufen lässt. Wer schon beim Kauf den späteren Gebrauchtwagen-Erlös im Kopf kalkuliert, der kommt am Audi A3 nicht vorbei. Kühle Rechner sollten sich die Entscheidung für einen Volvo C30 gut überlegen.
Schon nach dem Einstieg lässt er mit seiner elegant freischwebenden Mittelkonsole eine gewisse Leichtigkeit aufkommen, die sich beim Fahren fortsetzt. Nach einer klitzekleinen Anfahrschwäche betreiben die Vorderräder regelrechtes Asphalt-Peeling. Die 320 Newtonmeter bei 2000 Umdrehungen sorgen bei Nässe schnell für durchrutschende Räder, was dem ESP aber keinen Stress bereitet. Bis Tempo 100 muss der C30 den Audi allerdings ziehen lassen, beim Langstrecken-Rennen würde er dann aber wieder die Nase vorn haben. Volvo garantiert 210 km/h Spitze, der Audi läuft 207. Dessen Vorderräder beißen mit gleicher Giftigkeit in die Straße, zumal das maximale Drehmoment beim A3 sogar schon bei 1750 Umdrehungen seinen Höhepunkt erreicht. Die bessere Lenkung bringt Audi mit, ihre elektrische Unterstützung ist derzeit mit das Beste, was es in dieser Klasse gibt. Der Volvo kriegt elektrohydraulisch die Kurve, seine Lenkung reagiert empfindlicher auf Antriebseinflüsse und schneidet dadurch etwas schlechter ab. Ohne damit aber schlecht zu sein.

Beim Preis liegt der Volvo klar vorn

Hübsche Rücken: Aus dieser Perspektive hat eindeutig der Volvo die Nase vorn.
Über die serienmäßigen Sechsganggetriebe müssen wir kaum Worte verlieren. Sie schalten sich leicht und präzise, der Audi ist dabei noch ein wenig akkurater. Beim Fahrverhalten ähneln sich die beiden ebenfalls: Sie wollen in Kurven erst mit der Nase geradeaus, um im Grenzbereich dann gut kontrollierbar mit dem Heck herumzukommen, bevor das ESP eingreift. Und wenn der Preis entscheidet? Den Volvo gibt es für 23.600 Euro – und schon das Basismodell bringt Radio mit CD-Player und eine Klimaanlage mit. Ohne diese Extras kostet der Audi bereits 24.350 Euro, der Testwagen besaß noch 17-Zoll-Aluräder für 1335 Euro. Macht zusammen 25.685 Euro - und eine Überraschung: Denn die Preis-Wertung bringt den individuellen Volvo am Ende ganz nach vorn.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Diether Rodatz

Das Karosserie-Kapitel sieht den Audi als Sieger. Das Dynamik-Kapitel beenden beide Kontrahenten aber schon Kopf an Kopf. Und im Kostenkapitel schlägt der Volvo zu, holt den Audi wieder ein. Am Ende überholt er ihn sogar, weil der A3 mit seinen 17-Zöllern zwar etwas besser bremst, sich die Alus aber auch teuer bezahlen lässt. Als Außenseiter begann der Volvo dieses Duell, als Sieger steht er auf dem Treppchen. Dem schwedischen Individualisten sei herzlich gratuliert.