Schräg, aber schick, dieser neue Audi A6 Avant. Der Schönheitspreis, da sind sich die Kollegen einig, ginge bei diesem Kombi-Trio an den Neuen aus Ingolstadt. Doch darum geht es heute nicht. Stattdessen suchen wir den besten Oberklasse-Kombi. Und da zählen vor allem auch praktische Talente. Die stehen nicht selten im Zielkonflikt mit der eleganten Linie. Das wissen Kenner des Mercedes E-Klasse T-Modells genauso wie Volvo V90-Kunden. Die aktuellen Generationen sind außen größer als ihre Vorgänger, haben aber auf dem Design-Altar ein paar Liter Kofferraumvolumen geopfert.

In der Mercedes E-Klasse schlummert das größte Transporttalent

Das konnte sich vor allem der Mercedes leisten, der mit seinen über 600 Litern die Nase immer noch mit Abstand vorne hat. Bei umgeklappten Rücksitzen entsteht hier wie beim Volvo ein topfebener Ladeboden, beim Audi steigt die umgelegte Rückbank mit gerade noch vertretbaren 15 Grad an. Piekfein verarbeitet sind alle drei Kandidaten auch im Kofferraum. Mit einer zusätzlichen Matte aus dickem Stoff wirkt das Ladeabteil der E-Klasse aber besonders strapazierfähig. Dank der tiefsten Ladekante (60 cm) ist es auch am einfachsten zu befüllen. Laderaumabdeckung und Trennnetz sind hier zudem in einem Bauteil kombiniert, im A6 und im V90 müssen bei gehobenem Platzbedarf dagegen zwei sperrige Komponenten ausgebaut werden. Unterhalb des Kofferraumbodens können im A6 lediglich flache Utensilien wegsortiert werden. Der Volvo und die E-Klasse bieten dagegen im Souterrain ihres Ladeabteils so etwas wie einen zweiten kleinen Kofferraum.

Im Vergleich mit den Deutschen ist der Volvo enger geraten

Volvo V90
Mit 4,96 Metern ist der Volvo der Längste im Vergleich, vorne fühlt man sich jedoch leicht eingeengt.
Bei der Zuladung steht der Volvo mit schlanken 458 Kilogramm am schlechtesten da, gefolgt vom Audi, der mit 489 Kilo rund zwei Wasserkisten mehr laden darf. Am sorglosesten beladen lässt sich mit 566 Kilo der Mercedes. Aufs Karosserie-Kapitel macht somit das T-Modell den Deckel drauf. Überraschenderweise muss sich der Benz hier aber in zwei wichtigen Punkten dem Avant geschlagen geben: nämlich beim Platzangebot, sowohl auf den vorderen Sitzen als auch auf der Rückbank, wo er gemeinsam mit dem Volvo die maximale Punktzahl kassiert. Im Schweden fühlen sich jedoch Fahrer und Beifahrer vergleichsweise eingeengt. Hauchdünn geht der Dreikampf im Komfortkapitel aus, denn alle drei Kombis wissen in höchstem Maße zu verwöhnen. Audi und Mercedes glänzen vor allem mit hervorragenden Vordersitzen. Der Volvo muss sich hier unter anderem wegen der kürzeren Beinauflage geschlagen geben, trotzdem sitzt es sich im V90 überaus kommod.
Das riesige Panoramadach raubt aber den Hinterbänklern jenseits von 1,85 m wertvolle Kopffreiheit. In Reihe zwei weiß sich der Audi übrigens deutlich abzusetzen. Denn in puncto Sitzwinkel und Beinauflage können weder der Volvo noch der Mercedes dem A6 das Wasser reichen. Erstklassig reisen in der zweiten Reihe – das geht nur im Avant.

Auch ohne Luftfederung ist der Audi ausreichend komfortabel

Audi A6 Avant
Mit Stahlfedern fährt der Audi auf hohem Niveau, stört aber auf Kopfsteinpflaster mit lästigem Dröhnen.
Die Sternstunde des Mercedes schlägt wie zu erwarten beim Fahrwerk, denn der Testwagen ist mit dem optionalen Luftfahrwerk ausgestattet. Sein betörender Spagat besteht darin, in jeder Lebenslage nur ein Minimum an Karosseriebewegungen zuzulassen und gleichzeitig feinste wie gröbste Unebenheiten vollkommen harmonisch wegzufedern. Der ebenfalls auf hohem Niveau federnde Audi mit konventionellen Stahlfedern spricht dagegen nicht in allen Lebenslagen so gut an, was auch an seiner üppigen 20-Zoll-Bereifung liegt. Der V90, nur an der Hinterachse mit Luftfedern ausgestattet und ebenfalls ein sehr angenehmer Gleitgenosse, geht bei höherem Tempo zuweilen recht unsanft mit den Insassen um. Eine brummige Unart leistet sich der Audi beim Überfahren von Kopfsteinpflaster, wo die Karosserie in Schwingungen gerät und den Insassen mit lästigen Dröhnfrequenzen in den Ohren liegt. Ein Nebeneffekt der Alu-Mischbauweise? Die volle Punktzahl beim Geräuscheindruck verschenkt der ansonsten extrem leise A6 damit jedenfalls.
Weitere Deteils zum Kombi-Vergleich finden Sie in der Bildergalerie. 

Technische Daten

Technische Daten
Modell
A6 Avant 40 TDI
E 220 d T-Modell
V90 D4 AWD
Motor
Vierzylinder, Turbo
Vierzylinder, Turbo
Vierzylinder, Biturbo
Einbaulage
vorn längs
vorn längs
vorn quer
Ventile/Nockenwellen
4 pro Zylinder/2
4 pro Zylinder/2
4 pro Zylinder/2
Nockenwellenantrieb
Zahnriemen
Kette
Zahnriemen
Hubraum
1968 cm³
1950 cm³
1969 cm³
kW (PS) bei 1/min
150 (204)/3750
143 (194)/3800
140 (190)/4250
Nm bei 1/min
400/1750
400/1600
400/1750
Vmax
241 km/h
235 km/h
220 km/h
Getriebe
Siebengang-Doppelkupplung
Neunstufenautomatik
Achtstufenautomatik
Antrieb
Vorderradantrieb
Hinterradantrieb
Allradantrieb
Bremsen vorn/hinten
Scheiben/Scheiben
Scheiben/Scheiben
Scheiben/Scheiben
Testwagenbereifung
255/40 R 20 Y
245/45–275/40 R 18 Y
245/45 R 18 W
Reifentyp
Michelin Pilot Sport 4
Dunlop Sport Maxx RT2
Michelin Primacy 3
Radgröße
8,5 x 20"
8–9 x 18"
8 x 18"
Abgas CO2
129 g/km
129 g/km
139 g/km
Verbrauch*
5,3/4,7/4,9 l
5,7/4,4/4,9 l
5,8/5,0/5,3 l
Testverbrauch
Sportverbrauch**
9,8 l/100 km
9,4 l/100 km
8,7 l/100 km
Testrunde***
6,9 l/100 km
6,8 l/100 km
7,0 l/100 km
Sparverbrauch****
5,3 l/100 km
5,2 l/100 km
6,1 l/100 km
Tankinhalt
63 l/Diesel
66 l/Diesel
60 l/Diesel
SCR-Kat/AdBlue-Tank
S/12 l (24 l optional)
S/25 l
S/11,7 l
Kältemittel
R1234yf
R744 (CO2)
R1234yf
Vorbeifahrgeräusch
68 dB(A)
72 dB(A)
68 dB(A)
Anhängelast gebr./ungebr.
2000/750 kg
2100/750 kg
2200/750 kg
Kofferraumvolumen
565–1680 l
640–1820 l
560–1526 l
Länge/Breite/Höhe
4939/1886–2110/1494 mm
4933/1852–2065/1475 mm
4963/1879–2019/1475 mm
Testwagenpreis
61.070 Euro
60.389 Euro
61.800 Euro

Messwerte

Messwerte
Beschleunigung
0–50 km/h
3,2 s
2,7 s
2,8 s
0–100 km/h
8,5 s
8,0 s
8,7 s
0–130 km/h
13,4 s
13,4 s
14,4 s
0–160 km/h
21,0 s
21,4 s
23,0 s
Zwischenspurt
60–100 km/h
4,6 s
4,5 s
5,0 s
80–120 km/h
5,7 s
5,9 s
6,3 s
Leergewicht/Zuladung
1841/489 kg
1889/566 kg
1922/458 kg
Gewichtsverteilung vorn/hinten
55/45 %
51/49 %
54/46 %
Wendekreis links/rechts
12,3/12,2 m
11,5/11,6 m
11,9/11,7 m
Bremsweg
aus 100 km/h kalt
34,7 m
36,0 m
33,6 m
aus 100 km/h warm
32,7 m
34,5 m
33,9 m
Innengeräusch
bei 50 km/h
55 dB(A)
55 dB(A)
56 dB(A)
bei 100 km/h
61 dB(A)
62 dB(A)
62 dB(A)
bei 130 km/h
66 dB(A)
65 db(A)
68 dB(A)
bei 160 km/h
70 dB(A)
70 dB(A)
71 dB(A)
Testverbrauch – CO2
6,9 l D – 182 g/km
6,8 l D – 180 g/km
7,0 l D – 185 g/km
Reichweite
910 km
970 km
855 km

Fazit

von

Stefan Novitski
Verdient gewinnt das T-Modell als bester Kombi diesen Vergleich. Doch auch der Avant besitzt seine Stärken, überzeugt mit kultiviertem Motor und gutem Komfort. So schüttelt er den V90 locker ab.

Von

Berend Sanders
Stefan Novitski