Im Prinzip könnten wir uns nun ganz fein herauslavieren und den schwarzen Peter, der da gerade so unpassend durchs Aufmacherbild stiefelt, ganz gepflegt auf Sie abschieben. Jawohl, auf Sie, liebe Leser! Schließlich sind Sie es, die in E-Mails und Facebook-Kommentaren das unschlagbare Preis-Leistungs-Verhältnis der Amis immer so gern bejubeln. Kaum tippen wir die ersten Zeilen zum neuen Audi S5, schmeißen Sie gleich den ebenso neuen Chevrolet Camaro hinterher, der rund 100 PS mehr für 14.000 Euro weniger bietet.

Der Audi S5 gewinnt mit neuem Motor an Charakter

Audi S5 Coupe
Neuer Motor: Mit dem 354 PS starken Dreiliter-V6 knüpft der S5 fast an seine allerbesten V8-Zeiten an.
Bild: Ronald Sassen
Bevor wir uns jedoch in die Messwerte stürzen, schnell noch ein paar Worte zu den Machtverhältnissen. Schließlich treten hier keine arrivierten Frühpensionäre, sondern drei taufrische Jungsportler an. Allen voran der Audi, der gerade gänzlich neu aufgesetzt wurde und gemäß der Markenidentität nun als topmoderner Technologievorreiter ins Feld schreitet – mit allem, was sich an binärem Datenschmalz momentan so ins Auto pressen lässt. Und auch sonst hat sich an ihm weit mehr getan als der neue Lidstrich suggeriert. Das Cockpit wächst einem nun schlanker entgegen, schmiegt sich als haptische Hochwert-Oase um den Fahrer, während die Bedienung an manchen Ecken zwar ein wenig doppelt gemoppelt, in letzter Konsequenz aber durchaus schlüssig arrangiert wurde. Keine Doppelbelegung dagegen im Motorraum: Der neu entwickelte Dreiliter-V6 schlüpft als Single-Turbo zwischen die Dome, drückt nahezu omnipräsente 500 Newtonmeter und gipfelt mit 354 PS exakt auf Höhe des einstigen V8-Saugers.
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Auch Mercedes setzt beim C 43 auf Allradantrieb

Mercedes-AMG C43 Coupe
Hecklastige Auslegung: 69 Prozent der Antriebskraft verteilt der Mercedes-Allrad an die Hinterachse.
Bild: Ronald Sassen
Der Rest des Fahrdynamik-Ensembles wurde hingegen eher evo- statt revolutioniert. So bleibt es beim Permanentallrad mit hecklastiger Grundverteilung (60:40) ebenso wie beim aktiven Sportdifferenzial an der Hinterachse, das jeden Cent seiner 1350 Euro wert ist. Der Mercedes-AMG C 43 muss ohne das Drehmoment-Geschubse entlang der Hinterachse auskommen, kompensiert das aber – zumindest formal – dadurch, dass er sich von Haus aus noch hecklastiger verteilt. Jetzt, wo der bekannte Biturbo-V6 an einer neuen Neunstufenautomatik hängt, sind es sogar 69 Prozent der Gesamtkraft. Obwohl die Zutaten im Grunde wohlvertraut scheinen, wirkt das Ergebnis diesmal noch eine Spur fetziger als bisher. Immer vorausgesetzt, man wählt den kleinen Rüpel, der sich da in den Softwareständen verbirgt, bewusst an. Solange man im Comfort-Programm dahinschlummert, bleibt der C 43 ein Mercedes nach alter Schule: taktvoll, ausgewogen, zuvorkommend. Das Fahrwerk dämpft sorgsamer, die Lenkung gleitet an zwei Fingern aus der Mittellage, während sich das Neunstufen-Räderwerk so schlüssig und weich zugleich sortiert, dass man die Flut an Gängen tatsächlich kaum als störend empfindet.Doch wehe, man schnippt den 43er in die Sport-Plus-Stellung. Dann verlieren Motor, Getriebe, Fahrwerk und allen voran die Abgasanlage wirklich alle Hemmungen. Die Lenkung reißt sich spürbar zusammen, bleibt dennoch angenehm linear und auf sehr präzise Art sehr leichtgängig; das Getriebe rupft die Gänge im Schnellfeuer aneinander, während der V6 aufgekratzt durch die Hochlage fiebert und bei jedem Lupfer derart drauflosballert, als wäre jeden Tag Silvester.
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Im Kern ist sich der Camaro absolut treu geblieben

Chevrolet Camaro V8
Da weiß man, was man hat: Ein Camaro ist vollmundig im Klang, bullig im Antritt und erdig im Fahrgefühl.
Bild: Ronald Sassen
Kein Vergleich zum Camaro, der sich antriebs- und fahrwerksseitig zwar ebenfalls adaptieren lässt, in seinem Charakter aber stets der gleiche bleibt. Vollmundig im Klang, bullig im Antritt und erdig im Fahrgefühl. Die hohe Fensterlinie scheint einen regelrecht einzumauern, die Rundumsicht hat Schießscharten-Charakter, vor einem muskelt sich die Vollformat-Haube übers Hubraumkaliber, während quadratische Menü-Icons mit schier endlos aufgereihten Klima-Knöpfchen und serienmäßiges Leder mit gespanntem Kunststoff kontrastiert. Ja, das Ganze riecht noch immer nach Bubblegum. Doch wen stört's, solange die Ausstattung passt? Sein Chassis basiert auf der Plattform des Cadillac ATS, Motor und Getriebe übernimmt er von der Corvette Stingray, während Fahrwerk und Lenkung eigens für ihn arrangiert wurden. Engineering mit der Geflügelschere, würde man so etwas hierzulande wohl nennen. Egal, denn das Ergebnis funktioniert!
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Kurze Stöße und Brückenfugen mag der Ami zwar noch immer nicht. Besonders bei höherem Tempo bockt und wippt er ein wenig unbeholfen darüber hinweg. Ansonsten aber fährt er sich ebenso satt wie handfest, griffig, definiert und trotz seiner seichten Dämpfung kein bisschen schwammig. Und geradeaus macht er mit den deutschen Edelschlitten ohnehin kurzen Prozess. Okay, sein Achtstufer hat zuweilen ein paar Schwierigkeiten, den rechten Takt zu finden. Gerade bei Halbgas verweilt er lange in den hohen Gängen, um dann plötzlich draufloszustolpern und die ganz kurzen Übersetzungen herauszukramen, nach denen man eigentlich gar nicht gefragt hatte.
Weitere Details zu S5 C 43 und Camaro finden Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Online-Heftarchiv

Fazit

von

Manuel Iglisch
Reduziert man dieses Trio auf das eingangs erwähnte Preis-Performance-Verhältnis, so führt kein Weg am Camaro vorbei. Im Handling brilliert dennoch der Audi, der unter seiner technokratisch perfekten Etikette ein wahres Kunstwerk der Allrad-Akrobatik verbirgt. Der AMG reißt im Alltag fast am stärksten mit, kann auf der Strecke je- doch nur bedingt einlösen, was sein fetziges Fahrgefühl auf der Landstraße verspricht.

Von

Manuel Iglisch