Dass auch Dicke gut tanzen können, zeigt der neue SQ7. Er hat Tricks auf Lager, die den Elfer mit Spiegelei-Scheinwerfern alt aussehen lassen.
Das mit den Äpfeln und Birnen kennen Sie ja. Soll man nicht vergleichen, weil sie so eigen sind. Machen wir auch nicht, wir treiben's richtig auf die Spitze. Und das geht so: nagelneuer Audi SQ7 gegen 15 Jahre alten Porsche 911 Carrera (der mit den Spiegelei-Scheinwerfern). Das ist so, als vergliche man eine winzige Erbse mit einem gigantischen Kürbis. Spinnen die bei AUTO BILD? Nö, und das können wir auch erklären.
Auf der Rundstrecke liegt der Ringträger tatsächlich vorne
Stark: Den Handlingkurs legt der SQ7 0,81 Sekunden schneller zurück als ein Porsche 911 Carrera (996).
Audi spricht bei seinem neuen Über-SUV von "Dominanz in einer neuen Dimension", lässt den SQ7 sogar gegen einen Düsenjet mit 10.000 PS zum Sprint antreten. Der dicke Bayer ist auf 300 Metern tatsächlich 0,4 Sekunden schneller als der Jet. Beeindruckend! Wie vom Katapult befeuert geradeaus beschleunigen, das kann der SQ7 also. Und sonst? Um diese Frage zu beantworten, muss der 2418-Kilo-Koloss bei uns auf dem kurvigen Handlingkurs gegen eine fast nur halb so schwere Sportwagenlegende antreten. Konkret also SQ7 gegen 911 Typ 996 (1997–2006). Oder auch Erbse gegen Kürbis. Finden wir logisch. Und spannend, das garantieren schon die Eckdaten: V8-Biturbo-Diesel vorn gegen saugenden Sechszylinder-Boxer im Heck, 435 gegen 300 PS, 900 gegen 350 Nm, 2418 gegen 1455 Kilo, Allrad- gegen Heckantrieb, Achtstufen-Wandlerautomatik gegen Sechsgang-Handschaltung. Doch so ungleich Daten und Gene, so ähnlich die Rundenzeiten: 1:40,27 Minuten der Audi, 1:41,08 der Porsche. Der Dicke bewältigt den 3,8 Kilometer langen Kurs 0,81 Sekunden schneller als der leichtfüßige Elfer! Wie macht er das?
Für den mächtigen Audi-Diesel ist Turboloch ein Fremdwort
Drückt gewaltig: Der vier Liter große V8-TDI versorgt den SQ7 mit 435 PS und 900 Nm Drehmoment.
Mit etlichen Tricks, die teilweise deftige Aufpreise kosten. Serie ist der fabelhafte Vierliter-V8 mit zwei Turboladern, der gewaltige 900 Nm auf die Kurbelwelle drückt – und zwar knapp oberhalb der Leerlaufdrehzahl bei nur 1000 Umdrehungen! Turboloch? Völlige Fehlanzeige! Vor den beiden in Reihe angeordneten Turbos kommt ein elektrisch angetriebener Verdichter zum Einsatz. Er dreht in weniger als einer Viertelsekunde auf bis zu 70000 Touren und sorgt damit für immensen Staudruck. Wer aufs Gas tritt, durchbricht gefühlt augenblicklich die Schallmauer. Voraussetzung für den elektrischen Verdichter ist das 48-Volt-Bordnetz, auf welches auch die optionale elektromechanisch wirkende Wankstabilisierung zugreift. In Kombination mit der Allradlenkung, einem selbstsperrenden Mitten- und einem Sportdifferenzial an der Hinterachse ergibt sich eine Fahrdynamik, die den Boliden eine Tonne leichter wirken lässt.
Beim Anlenken oder Beschleunigen in der Kurve leitet das Sportdifferenzial die Momente überwiegend zum kurvenäußeren Rad – der Dicke wird quasi in die Kurve hineingedrückt. Bei der Jagd nach schnellen Runden hilft auch das sehr sensibel agierende ESP: Es verhindert wirksam das Untersteuern, welches der SQ7 bei abgeschaltetem Schleuderschutz zeigt.
Querdynamisch hat der alte Elfer die Trümpfe in der Hand
Vorteil Porsche: Der alte Elfer geht souveräner durch die Kurven als der 2,4 Tonnen schwere Audi SQ7.
Der alte Elfer erledigt das mit den Kurven souveräner, verliert auf den Geraden dazwischen aber den Anschluss – deswegen der Rückstand. Wer den wild gewordenen SQ7 allerdings vor dem Porsche halten will, muss für das Fahrwerkspaket advanced stolze 5950 Euro auf den Tresen des Hauses legen. Was einmal mehr beweist, dass an diesem Auto so rein gar nichts schlank ist, schon gar nicht die Aufpreisliste. Der Testwagen mit 29 Sonderausstattungen kostet 136.640 Euro. Dagegen muten die 25.000 bis 30.000 Euro, die man für ein gutes 996 Carrera Coupé heute zahlen muss, geradezu gertenschlank an. Wertsteigerung bei guter Pflege ist absolut sicher, billiger als heute wird der 996 niemals werden. Der SQ7 hingegen schon, das Kostenkapitel ist ein stockfinsteres. Das dürfte viele Käufer nicht stören, denn von seinen Eigenschaften her ist der SQ7 eine eierlegende Wollmilchsau. Er kann einfach alles. Und hält wahrscheinlich jeden Vergleich aus.
Technische Daten Porsche 911 Carrera (996): • Motor: Sechszylinder-Boxer, hinten längs • Hubraum: 3387 cm³ • Leistung: 221 kW (300 PS) bei 6800/min • max. Drehmoment: 350 Nm bei 4600/min • Vmax: 280 km/h • 0–100 km/h: 5,2 s • Antrieb: Hinterradantrieb, Sechsgang-Schaltgetriebe • Tankinhalt: 64 l • L/B/H: 4430/1765/1305 mm • Kofferraum: 130 l • Leergewicht: 1455 kg • Testverbrauch: 13,0 l/100 km (Super Plus) • Neupreis (2001): 140.940 Mark
Abgefahren: Der 2,4 Tonnen schwere SQ7 erreicht eine bessere Rundenzeit als ein Porsche 996! Der drehmomentstrotzende V8 ist eine Wucht, das mit Extras gedopte Fahrwerk zaubert das Gewicht einfach weg. Der SQ7 kann alles – außer günstig.