Auto-Klimaanlagen: Gefährliches Kältemittel HFO-1234yf
Das Killer-Kältemittel

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Klimaanlagen von Neuwagen werden ab Herbst 2011 mit dem umweltfreundlichen, aber gefährlichen Kältemittel HFO-1234yf befüllt. AUTO BILD zeigt im Laborversuch, was die Chemikalie bei einem Unfall anrichten kann.
Wie ein Arbeiter aus dem zerstörten Atomkraftwerk Fukushima sieht Andreas Kornath aus, er trägt Gasmaske, Teflon-Anzug, Handschuhe aus speziellem Kunststoff und Gummistiefel. Die Schutzmontur wirkt angsteinflößend, doch sie ist notwendig, wenn der Chemieprofessor mit Flusssäure in seinem Labor an der Münchener Uni hantiert.
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Flusssäure, auch Fluorwasserstoff genannt, entsteht, wenn das klimaschonende, aber hochentzündliche Kältemittel HFO-1234yf verbrennt, das zukünftig in Auto-Klimaanlagen gefüllt wird. Das zeigen Gutachten des Bundesamts für Materialprüfung und Versuche der Deutschen Umwelthilfe. Flusssäure ist ein tückisches Gift: "Schon eine handtellergroße Benetzung der Haut kann tödlich enden, wenn man nicht innerhalb weniger Minuten Gegenmaßnahmen ergreift", erklärt Kornath.
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Für AUTO BILD führte der Chemiker ein Experiment durch, das die Wirkung von Flusssäure auf Hautgewebe zeigen soll. Ein Schweinekopf vom Schlachthof wurde begast, mit erschreckendem Ergebnis: Nach kurzem Einwirken von insgesamt zehn Gramm Fluorwasserstoffgas verfärbt sich die Haut innerhalb einer halben Stunde dunkelgrau, die Augen trüben sich milchig. "Die graue Verfärbung ist ein Zeichen dafür, dass die Flusssäure in die Haut eingedrungen ist und mit dem Gewebe reagiert", so Kornath. Hätte das Schwein noch gelebt, käme spätestens jetzt jede Hilfe zu spät. Sämtliche Versuchsergebnisse sprechen also eine deutliche Sprache: Die Verwendung von HFO-1234yf in Auto-Klimaanlagen ist gefährlich. Ursprünglich sahen das wohl auch die deutschen Autohersteller so, die sich 2007 gemeinsam dafür entschieden hatten, als Kältemittel zukünftig das ungefährliche und billige CO2 zu verwenden.
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Kältemittel HFO-1234yf
HFO-1234yf
HFO-1234yf (2,3,3,3 Tetrafluorpropen) wird als Nachfolger des Kältemittels R134a in Auto-Klimaanlagen eingesetzt. Der Vorteil von HFO-1234yf: Es hat ein geringeres Treibhauspotenzial.
Global Warming Potential
Das Global Warming Potential (GWP) oder auch Treibhauspotenzial gibt an, wie stark ein Gas zum Treibhauseffekt beiträgt. Das GWP von R134a beträgt 1300, das von HFO-1234yf liegt bei 4. Seit Anfang 2011 dürfen in Neuwagen nur noch Kältemittel mit einem GWP kleiner als 150 eingesetzt werden.
Universität von Ohio
HFO-1234yf wurde 1946 an der Universität von Ohio erstmals synthetisiert. Die Einzelsubstanz galt bis vor wenigen Jahren wegen ihrer Reaktivität als ungeeignet für Pkw-Klimaanlagen.
Patente
Die meisten Patente für HFO-1234yf liegen bei den US-Chemiekonzernen Honeywell und Dupont, die zurzeit gemeinsam in China eine Fabrik errichten. Diese wird ab dem vierten Quartal 2012 große Mengen des neuen Kältemittels herstellen – gut ein Jahr später als ursprünglich geplant.
Alternativen
Mögliche Alternativen zu HFO-1234yf sind CO2 (R744), Propan (R290) und Butan (R600).
Zweifel an der Sicherheit
Video: Killer-Kältemittel
Achtung, Lebensgefahr!
Bild: AUTO BILD
Oben in der Bildergalerie: Die Wirkung von Flusssäure im Versuch

Mögliche Alternative zu HFO-1234yf: Die Klimaanlage dieses VW Touran des Umweltbundesamtes wird mit CO2 gekühlt.
Bild: Werk
Fazit
Die Entscheidung für HFO-1234yf haben die deutschen Autohersteller bereits getroffen – gegen alle Bedenken. Bleibt abzuwarten, ob sie ihre Rechnung ohne die Neuwagenkäufer gemacht haben. Viele werden Autos den Vorzug geben, deren Klimaanlage noch mit R134a kühlt. Denn das E10- Desaster zeigt uns: Der Verbraucher hat die Macht!
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