Starker Diesel, viel Luxus, flotte Optik – der Infiniti Q30 bietet einiges. Doch reicht das für BMW 1er und Mercedes A-Klasse? Ein Vergleich.
Einmal mit Alles! Beim Dönermann eine gängige Ansage für die All-inclusive-Teigtasche. Und die "Ich-will-alles-Mentalität" greift auch bei den Kompakten um sich. Sogar die feine Nissan-Tochter Infiniti entsendet jetzt mit dem Q30 2.2d AWD einen Fünftürer Marke "volle Hütte" in die Golfklasse. Klar, dass die edlen Deutschen ihr Revier verteidigen wollen, mit BMW 120d xDrive und Mercedes A 220 d 4Matic dagegenhalten – nur der Audi A3 spielt nicht mit, weil er gerade im Facelift-Studio weilt. Doch keine Panik, wir garantieren Ihnen auf jeden Fall einen spannenden Dreikampf im Reich der Edel-Kompakten.
Der Japaner pflegt eine eher extrovertierte Optik
Hingucker: Mit geschwungenen Linien und dem zackig-knackigen Heck zieht der Q30 die Blicke auf sich.
Bild: Sven Krieger
Hoppla, der sieht ja gut aus. Aber ist der nicht ...? Ja, der Q30 basiert auf der A-Klasse von Mercedes und überragt seine Mitstreiter in allen Dimensionen um ein paar Zentimeter, erreicht tatsächlich das Format eines GLA. In diesen Vergleich passt er trotzdem perfekt, weil er beim Preis wie A-Klasse und 1er locker in der 40.000-Euro-Liga mitspielt. Und weil er innen zwar sehr liebevoll mit Leder und Holz tapeziert wurde (bei Premium Tech Serie), aber nicht mehr Platz bietet als 1er und A-Klasse. Hier bekleckern sich alle drei nicht mit Ruhm, der Einstieg dürfte ruhig leichter fallen, im Fond herrscht akuter Platzmangel. Immerhin lässt der Q30 die anderen beim Kofferraum blass aussehen und schluckt locker ein Köfferchen mehr. Ein finsteres Kapitel bleibt die Rundumsicht. Nur der 1er erlaubt halbwegs großzügige Ausblicke auf den Verkehr um uns herum; der Q30 mit seiner mächtigen Motorhaube und einem Heckfenster im Schießschartenformat unterbietet sogar den unübersichtlichen Benz noch ein Stück.
Volle Hütte: Die Infiniti-Ausstattung bietet serienmäßig so einiges, was bei der Konkurrenz Aufpreis kostet.
Bild: Sven Krieger
Nicht gespart wurde dagegen bei der Ausstattung. Der Q30 bietet allerlei Annehmlichkeiten, die bei den anderen extra kosten. Nur bei der Connectivity hinken die Japaner böse hinterher. Internetzugang? Da bleibt der Q30 offline. Echtzeit-Stauinfos? Suchen wir beim Infiniti vergeblich und müssen uns hinten anstellen. Mercedes und BMW bieten beides. Der Infiniti teilt sich den 2,2-Liter-Diesel und das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe mit dem Mercedes, muss aber noch mit der 170-PS-Variante vorliebnehmen – im A 220 d arbeiten schon 177 PS. Weil der Japaner mit 1672 Kilo auch am dicksten aufträgt, fährt er seinen Konkurrenten hinterher. Auf der Autobahn ziehen die beiden Deutschen ab 180 km/h ganz entspannt davon, während der Infiniti schon ganz schön kämpfen muss.
Die Deutschen punkten mit adaptiven Fahrwerken
Obwohl die Abstimmung des Q30 passt, sind 1er und A-Klasse mit adaptiven Dämpfern besser unterwegs.
Bild: Sven Krieger
Beim Fahrwerk können die Japaner leider keinen solchen Trumpf aus dem Radhaus ziehen. Im Gegenteil. Wo sich BMW und Mercedes per Dämpferverstellung (1100/1238 Euro extra) eine hohe Flexibilität erkaufen, muss dem Q30 eine Abstimmung reichen. Die haben die Infiniti-Ingenieure zwar gar nicht schlecht hinbekommen, die höher liegende Karosserie lässt fahrdynamisch aber keine Wunderdinge zu. So wankt der Q30 etwas schwerfälliger durch Kurven und muss die betont agilen Teutonen ziehen lassen, die außerdem mit dem verbindlicheren Lenkgefühl punkten. In Sachen Komfort gerät der Infiniti erst auf wirklich vernachlässigten Straßen aus dem Takt. Kanten und Kanaldeckel absorbieren die Federn noch ausreichend geschmeidig, fiese Flickenteppiche bringen aber gehörige Unruhe in die Q30-Karosserie und lassen den Asiaten aufgeregt über die Krater hoppeln.
An der Kasse fordern alle einen ziemlich hohen Einsatz
Alle drei Testkandidaten kosten über 40.000 Euro; die Mercedes A-Klasse ist mit 42.555 Euro am teuersten.
Bild: Sven Krieger
Als Komfortwunder geht auch der Mercedes nicht durch, seine strammen Waden halten den Aufbau aber angenehm ruhig, nur die ganz brutalen Straßenschäden stauchen unsere Bandscheiben über Gebühr zusammen. Ganz ähnlich nähert sich der 120d dem Thema Federungskomfort. Straffe Grundauslegung, die durch 18-Zoll-Räder noch etwas unnachgiebiger wird, aber im Kern ein durchaus verzeihendes Wesen – Schlaglöcher filtert der 1er sogar noch eine Spur feiner weg als der Benz. Aber es gibt natürlich bei allen Dreien einen Haken: Grundpreise über 35.000 Euro, mit allen relevanten Extras noch mal 6000 bis 7000 Euro mehr – auf die Dieselbrenner mit Allrad und Automatik müssen wir ganz schön lange sparen. Und beim Infiniti sieht es im Alter so aus, dass wir deutlich mehr Geld abschreiben müssen als bei Mercedes und BMW. Wenigstens verwöhnt der Q30 mit drei statt zwei Jahren Garantie, mit denen uns die Deutschen abspeisen. Wie der Benz ruft die Werkstatt aber jährlich zum Check (BMW alle zwei Jahre). All-inclusive sieht irgendwie anders aus.
Der Infiniti Q30 stellt eine richtig feine Alternative zu 1er und A-Klasse dar. Nach Punkten muss er sich wegen schlechterer Fahrleistungen, höheren Verbrauchs und fehlenden Feinschliffs beim Fahrwerk geschlagen geben – 120d und A 220 d sind einfach zu stark. Seine expressive Optik und die Exklusivität könnten zahlungskräftige Kunden aber durchaus reizen.