BMWs neuer 3er wächst, wird moderner und hat wie immer die C-Klasse im Sinn. Wir prüfen, wie die Hackordnung in der Mittelklasse aktuell aussieht.
Wenn sich diese beiden zum Duell treffen, dann kann es eigentlich nur zwei Sieger geben. 3er gegen C-Klasse. Lieblingsstück gegen Bestseller. BMW gegen Benz. Die Frage, welche Limousine die bessere ist, kratzt für echte Fans dieser beiden Autos an Religion. Man kann den sportlichen BMW anbeten oder das solide Stück Stern beweihräuchern – egal, etwas Besseres als diese beiden Vertreter findet man in der Mittelklasse kaum.
Außen und innen hat BMW den 3er aufgerüstet
Der neue 3er ist optisch jetzt noch ein wenig schärfer, unter der Hülle steckt verbesserte Technik.
Wir sind da weniger religiös. Und sortieren zuallererst mal die Fakten dieser Evolution. Der ganz neue 3er ist optisch jetzt noch ein wenig schärfer: ein Zacken für die Bugschürze, verwegen geschwungene Lampen am Po, Kosmetik rund um die Fensterlinie und so weiter. Viel wichtiger: Im Dreier stecken ab sofort neue wie schlaue Technik (Assistenz & Co!) und unterm Blech ein nochmals verbessertes Fahrwerk. Außerdem wächst er (vorrangig) in die Länge. Wie sich das bei einem 330i mit 258 PS auswirkt, klärt unser Vergleich mit dem quasi ebenbürtigen Gegenstück aus Stuttgart. Der C 300 schafft ebenfalls 258 PS, setzt wie der BMW auf einen längs eingebauten Vierzylinder-Benziner mit Turboaufladung und Hinterradantrieb. Den 330i liefert BMW grundsätzlich mit Automatik aus. Acht Vorwärtsgänge, auf Effizienz getrimmte Fahrprogramme, Schaltlogik variabel, ein elektronisch überwachter Wandler verknüpft Zahnräder mit Kurbelwelle – besser geht es im Grunde nicht.
Nervtötend: Bei hohen Geschwindigkeiten heult es vernehmlich in der Mercedes C-Klasse.
Höchstens noch weiter gefächert. Mercedes baut nämlich gleich neun Fahrstufen in die Automatik der C-Klasse ein. Den zusätzlichen Gang legen die Schwaben zum Glück nicht preislich drauf. Tatsächlich kostet ein BMW in dieser Sortierung nur 200 Euro weniger. In unserem speziellen Fall wird es heftig. Der Testwagen ist auf sportlich gedreht, verfügt über M-Zierrat, große Räder, bunte Bremssättel und Sportdifferenzial nebst Tieferlegung. Macht am Ende für die 330i M Sport genannte Limousine 56.630 Euro. Dagegen ist der rund 2300 Euro günstigere Mercedes (hier als C 300 Exclusive) fast ein Schnäppchen. Trost: Unterm Strich beschert das Antriebskonzept dem BMW jedoch eine relativierende Kostenbilanz. Ein 330i trinkt nach unserer Prüfung immerhin 0,2 Liter Super weniger auf 100 Kilometer als der C 300. Dabei ist der 3er sogar schneller – trotz nahezu identischer Gesamtübersetzung und fast gleichen Leergewichts (beide bringen um die 1,6 Tonnen auf die Waage). Der BMW schafft es schlicht besser, die ersten Meter nach dem Losfahren hinter sich zu bringen. Auch umgekehrt punktet er – der 3er verzögert mit kalten Bremsscheiben effektiver.
Übrigens: Auf der Autobahn schaffen beide ganz lässig Tempo 260 nach Tacho, was jeweils echten 250 km/h entspricht. Das macht beim Mercedes allerdings weniger Spaß. Starke Windgeräusche, genauer: ein nervtötendes Heulen, mahnen den Schnellfahrer, bereits bei 190 Sachen lieber das Gaspedal zu lupfen. Ansonsten steckt der Mercedes diesen Temporausch souverän weg. Blitzsauberer Geradeauslauf, feinfühlige Lenkung, satte Federung, extrem telepathisch eingestellte (somit aber auch spaßbefreite) elektronische Fahrstabilisierung – ein sicherer wie angenehmer Kilometerfresser.
Gelassen oder geschmeidig ist der Testwagen nie
Zu hart: Mit 19-Zöllern und Sportfahrwerk verschwindet der Fahrkomfort aus dem BMW 3er.
Der BMW patzt hier. Er ist eben ein harter Bayer, erst recht im Testwagen-Trimm mit 19-Zöllern und Sportfahrwerk. Unebenheiten dringen als stetiges Beben in den Innenraum. Auf brüchigen Asphaltoberflächen zittert der Blechkörper, er lässt sogar die Sitzlehnen und das Blech unter den Füßen vibrieren. Auf Kurskorrekturen bei hohem Tempo reagiert der 330i unerwartet nervös. Passt nicht zum künstlich eingehauchten Spiel rund um die Mittellage und steht im Gegensatz zur übertriebenen Servounterstützung bei Stadttempo. Außerdem behindert der breite Mitteltunnel den rechten Unterschenkel des Fahrers, die stark konturierte Sitzfläche passt allenfalls schlanken Menschen. Insgesamt ist die Abstimmung der Stoßdämpfer unseres BMW-Testwagens etwas zu straff. Gelassen oder gar geschmeidig geht es im Grunde nie zu, das Auto hat speziell bei Geschwindigkeiten unter 60 km/h grundsätzlich etwas Kantig-Derbes an sich. Auch das ein Preis für die kürzeren Federn des M-Pakets.
Für den Sieg bringt der Benz zu wenig Größe mit
Der Mercedes fährt fehlerfrei, für den Testsieg fehlt ihm aber vor allem hinten innere Größe.
Dafür legen Motor und Getriebe eine erstklassige Vorstellung hin. Der 2.0 mag drehen, läuft sanft und entwickelt nach minimaler Turbopause tollen Druck. Die Automatik schaltet schnell, zwar bemerkbar, aber ohne Ruck und völlig frei von Fehlern. Im Mercedes knurrt der Zweiliter-Motor in unteren Drehzahllagen bemühter, zudem dreht er nicht so herrlich frei aus wie die Maschine des 330i. Kraftlos ist er dennoch nicht. Immerhin 370 Newtonmeter reichen für alle Lebenslagen – da gönnt sich der Benz sogar elegante Anfahrvorgänge im zweiten Gang (im Fahrmodus Comfort). Kurz: Der Benz fährt fehlerfrei. Sein größter Schnitzer ist seine Größe. Hinten fehlt entsprechend Platz, jedenfalls im direkten Abgleich mit dem BMW. Und so lautet die Evolutionslehre am Ende, fernab aller Religion: Der Platzvorteil, die Kostenbilanz sowie die Auswahl an Assistenzsystemen bringen den 3er letztlich nach vorne.
Vielfahrer und Genießer kaufen eine C-Klasse. Der Mercedes läuft einfach rund und nervt nie. Wer Spaß an neuer Technik hat, viel Platz im Fond schätzt und es straff mag, geht zum BMW-Händler und kauft einen 3er.