BMW 650i – Jaguar XKR
Die Raubkatzen

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Zwei Welten prallen aufeinander: Britische Edelkatze im Duell mit bayerischem Löwen, 416 Kompressor-PS gegen 367 Sauger-Pferde. Englische Improvisation trifft auf teutonische Perfektion – dachte AUTO BILD SPORTSCARS jedenfalls.
BMW gegen Jaguar! Im Fußball würde man sagen: ein klassisches Duell. So wie Schalke gegen Dortmund oder Real gegen Inter. Zwei Marken mit langer Geschichte, aber unterschiedlichen Erfolgskurven: Vor 50, 60 Jahren war Jaguar weit vorn. Während BMW vor sich hin kränkelte, gewannen die Briten in Le Mans, bauten Monumente wie den XK oder den legendären E-Type und verkauften auch Nobel-Limousinen in durchaus nennenswerten Stückzahlen. Mitte der 60er startete BMW zu einem imposanten Höhenflug, die Briten dagegen überlebten den Niedergang der englischen Automobilindustrie nur dank einer Last-Minute-Adoption durch den Ford-Konzern – und stehen bis heute nicht wirklich auf festen Beinen. Derzeitiger Stand der Dinge: Während der bayrische Löwe auf dem Sockel einer weltweit anerkannten Premiummarke thront, kauert der einstmals stolze Jaguar ziemlich belämmert in der Exoten-Ecke. Ist dieser Vergleich deshalb ungerecht? Hier der arrivierte Alleskönner, ein klassischer Coupé-Cocktail, gemixt aus den besten Zutaten, mit dem Know-how eines Hightech-Unternehmens. Dort der krasse Außenseiter im knapp sitzenden und optisch leicht aus der Mode gekommenen GT-Anzug. Aber Vorurteile können ebenso täuschen wie erste Eindrücke. Beispiel Karosserie: Das Aluminium-Monocoque des Jaguar sorgt nicht für einen Gewichtsvorteil – im Gegenteil: Auf die Waage bringt der Brite 25 Kilo mehr als der Bayer. Anders sieht es beim Motor aus: Bei beiden Kontrahenten sorgt ein V8 für den Vortrieb; den 4,8 normal beatmeten Litern im BMW stehen nur 4,2 Liter Hubraum im Jaguar gegenüber, denen aber ein Eaton-Kompressor auf die Sprünge hilft. Und hier macht der XKR seinen ersten Punkt: Mit 416 PS lässt er die 367 des 650i schwächlich aussehen.
Unterkühlte Innenarchitektur im 6er

Sämiges, druckvolles Bollern, wie es nun mal nur ein Achtzylinder zustande bringt, dringt aus beiden Motorräumen und weckt den Appetit auf mehr. Den der BMW ganz locker stillt: Mit turbinenhafter Leichtigkeit und kaum spürbaren Schaltrucken spurtet das Coupé aus dem Stand bis in den 250-km/h-Begrenzer und lässt die Viertelmeile nach 13,5 Sekunden hinter sich. Besser geht’s nicht, sollte man meinen. Aber es geht: Der Jaguar braucht vier Zehntel weniger auf 100, ist einen Hauch schneller auf der Viertelmeile, überrascht aber vor allem mit der ebenso weich wie schnell schaltenden ZF-Sechsgang-Automatik und dem kernigeren Sound, der bei höheren Drehzahlen auch noch vom Singen des Kompressors untermalt wird. In der Fahrwerkswertung glänzt der XKR ebenfalls mit unerwarteten Qualitäten: Die Abstimmung von Federn und Dämpfern ist für einen so potenten Sportwagen erstaunlich komfortabel geraten, ohne auch nur ansatzweise schwammig zu wirken.
Nur die etwas gefühlsarme Lenkung mindert ein wenig den Fahrspaß, ansonsten fährt sich die starke Katze auch in Kurven wie ein Sportwagen: Spontanes Einlenken und agiles Fahrverhalten zählen dabei ebenso zu ihren Stärken wie gut dosierbare und standfeste Bremsen. Alles das erwartet man eigentlich von einem BMW – und bekommt es im 650i auch. Neu jedoch ist, dass auch Jaguar jetzt mit solchen Tugenden aufwartet. Geblieben von den typisch englischen Schwächen sind allenfalls die Trinksitten: Der Testverbrauch von 16,5 Litern ist nichts, worauf man stolz sein könnte. Zudem kostet der XKR fast 20.000 Euro mehr als der BMW 650i.
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