Der BMW X3 30e kombiniert minimalen Durst mit fast 300 PS Systemleistung. Eigentlich mindestens 57.600 Euro teuer, gibt es ihn hier ein Viertel günstiger!
So einen Elektro-Dauertest gab's bei AUTO BILD noch nie: Der BMW i3 fährt seit 100.000 Kilometern. Und es geht noch weiter.
Als im März 2014 der BMW i3 zum Dauertest in die AUTO BILD-Garage surrt, sind viele Kollegen skeptisch. Über 46.000 Euro für dieses Experiment? Wie soll der je auf 100.000 Kilometer kommen? Hätte man dafür nicht ein "richtiges" Auto kaufen können? Klar, hätte man. Aber 2014 ist der Alltag mit E-Automobilität noch ein Abenteuer. Und wir wollen es wagen. Nur Mut also. Wir erinnern uns: Vor fünf Jahren sind öffentliche Ladestationen noch eine Rarität, die Nutzung der wenigen Ladepunkte nur über eine Vielzahl von Ladekarten unterschiedlichster Stromanbieter möglich. Unser i3 lädt meist an der eigenen Wallbox an seinem Garagenplatz und gibt uns unterwegs Sicherheit über den mitgeorderten "REX", den Range Extender, also Reichweitenverlängerer. Das ist in der Praxis ein 34-PS-Zweizylinder-Motörchen, das bei leeren Akkus per Generator Strom für den E-Motor erzeugt, so die Angst vor dem Liegenbleiben dämpft. Den plärrenden Motorsound, der dem Zukunftsauto seinen Reiz raubt, nehmen wir zähneknirschend in Kauf.
Auf der Verbrauchsstrecke schaffte der i3 167 Kilometer
Nach fünf Jahren hat der Akku noch 82 Prozent Kapazität. Der i3 muss öfter laden.
Überhaupt, die Reichweite. Thema Nummer eins bei Testbeginn! Power/Antritt? Sensationell. Bedienung? Eigenwillig, aber unkompliziert. Fahreigenschaften? Seitenwindanfällig, teilweise polterndes Fahrwerk, übersensible Lenkung, aber insgesamt ordentlich. Alles wichtige Punkte, aber im Vordergrund stand eindeutig das Reichweiten-Thema. Dazu gab es diverse Tests. Beispielsweise die Fahrt aus Hamburg zur Messstrecke nach Bremerhaven. Vergiss die Autobahn! Gemütlich überland im Modus Eco Pro+ schaffte der i3 bei neun Grad Außentemperatur die 133 Kilometer elektrisch in zwei Stunden. Auf der AUTO BILD-Verbrauchsstrecke stromerte er als Spitzenwert 167 Kilometer aus seinen Akkus. Bei sommerlichen 30 Grad. Jetzt, nach 100.000 Kilometern und bei kühlen sieben Grad, musste bereits nach 107 elektrischen Kilometern REX helfen. Grund genug, die Akkus zu checken. Ergebnis nach einer Nacht am Tester: 82 Prozent Restkapazität. Akzeptabel. BMW verspricht für den Energiespeicher kostenfreie Sachmängelbeseitigung in den ersten 100.000 Kilometern oder für längstens acht Jahre. Aus der Nummer ist BMW bei unserem Auto also raus. Gut gegangen für die Bayern.
Messwerte
Bei Testbeginn
Bei 100.000 km
Beschleunigung
Beschleunigung
0–50 km/h
3,3 s
0–50 km/h
3,3 s
0–100 km/h
8,0 s
0–100 km/h
8,1 s
0–130 km/h
14,3 s
0–130 km/h
14,5 s
Zwischenspurt
Zwischenspurt
60–100 km/h
4,0 s
60–100 km/h
4,0 s
80–120 km/h
6,1 s
80–120 km/h
6,2 s
Bremsweg
Bremsweg
aus 100 km/h kalt
37,0 m
aus 100 km/h kalt
37,7 m
aus 100 km/h warm
37,3 m
aus 100 km/h warm
38,1 m
Innengeräusch
Innengeräusch
bei 50 km/h
57 dB(A)
bei 50 km/h
57dB(A)
bei 100 km/h
64 dB(A)
bei 100 km/h
65 dB(A)
bei 130 km/h
70 dB(A)
bei 130 km/h
70 dB(A)
Testverbrauch (elekt.
16,5 kWh
Testverbrauch (elektr.)
17,3 kWh
*Leistung und ECE-Verbrauch wurden im DEKRA Technology Center Klettwitz ermittelt
Das Ladekabel ist sehr anfällig. Aktuell laden wir bereits mit dem dritten Kabel.
Doch es ging nicht immer gut für uns. Zum Beispiel, als in der Redaktion im Februar 2015 der kuriose Plan entstand, mit dem Auto eine Fernreise nach Georgien zu starten. Die Tour wurde zum überwiegenden Teil per REX absolviert. Absolut nicht artgerecht. Nach 118 (!) Tankstopps (Tankinhalt neun Liter) war mit durchgeschmorten Zündspulen auf dem Rückweg in Bulgarien Schluss. Na ja ... Sonstige Defekte? Nach 55.012 Kilometern lärmte der i3 in der Garage. Der Lüfter wollte nicht mehr abschalten. Austausch des Lüftermotors auf Garantie. Nach 69.474 Kilometern konnten wir die Tankklappe nur noch per Notentriegelung öffnen. Grund: Defekter Drucksensor, der die "Tankbereitschaft" ermittelt. Aha! Wieder was dazu gelernt. Meistens funktionierte der Stromer problemlos – wenn die Ladekabel mitspielten. Ein Schwachpunkt im i-Konzept. Nichts ist nerviger als endlich einen freien Ladeplatz zu finden – und dann ein kontaktloses Kabel zu haben. Nach 75.263 Kilometern war das Kabel für den 230-Volt-Hausanschluss defekt. Der Austausch ging auf Garantie! Die anfällige erste Kabelserie ist bei BMW bekannt. Vom blauen Schnellladekabel streikten bereits zwei. Macht jeweils happige 284 Euro. Auch die Kosten für die Wartungen (alle 30.000 Kilometer) fallen höher aus als erwartet. Im Schnitt wurden dafür 350 Euro pro Jahr fällig.
Kosten
Betriebskosten/Garantien (Fixkosten pro Jahr)
Haftpflicht 18 (100 %, R 11)*
899 Euro
Vollkasko 18 (500 € SB, R 7)*
951 Euro
Teilkasko 21 (150 € SB, R 9)*
1169 Euro
Kfz-Steuer (Hybrid B/E**)
0 Euro
* aktuelle Typklassen: HPF 16/VK 16/TK18; ** 10 Jahre steuerbefreit
Kraftstoffkosten für 101.000 km
13.320 kWh (= 18 kWh/100 km, anteilig)
3996 Euro
1755 l Super (= 6,5 l S/100 km, anteilig)
2492 Euro
Inspektionskosten (inklusive Ölwechsel)
27.410 km
478 Euro
54.876 km
745,77 Euro
87.667 km
502,48 Euro
Reifenkosten (inklusive Montage)
1 Satz Sommerreifen 155/70 - 175/60 R 19 Q Bridgestone Ecopia EP 500
630 Euro
1 Satz Winterreifen 155/70 R 19 Q Bridgestone Blizzak LM-500
Das Experiment i3 hat sich im Redaktionsalltag so gut bewährt, dass wir weiterfahren. Diese Entscheidung unterstützt auch Dekra-Experte Günther Schiele. Nach seiner Begutachtung dokumentiert er nur drei Mängel: Der Lenkradbezug ist abgenutzt und löst sich auf, in der Beifahrertür ist ein Rückstrahler ausgebrochen und die Staubschutzrohre der vorderen Stoßdämpfer sind eingerissen. Rost ist kein Thema bei einem Auto aus Carbon, Kunststoff und Alu. Eher schon der Innenraum. An ehemals hellen Sitzbezügen und Türverkleidungen aus Kenaf-Fasern (Kenaf ist eine subtropische Pflanze aus der Familie der Malvengewächse) ist der fordernde Testeinsatz ablesbar. Peanuts. Frisches Lenkrad, weiter geht's. Packen wir gemeinsam auch 200.000 Kilometer? Nur Mut. Wir sind schließlich nicht allein. In Deutschland hat BMW 16.000 i3 verkauft, weltweit sogar 132.500. Bei uns fahren 40 Prozent mit REX. Der stirbt allerdings aus. Die optimierten Akkus der neuen Generation machen den nervigen Verbrenner überflüssig.
Elektrik (Kabel, Stecker, Steuergeräte, Sicherungen)
0–5
0
Alltagswertung /Fahren
Ergibt sich aus den Eintragungen im Fahrtenbuch
0–10
2
Gesamtpunkte
31
Note: 3-
0 Punkte 1+; 1–4 Punkte 1; 5–8 Punkte 1-; 9–12 Punkte 2+; 13–16 Punkte 2; 17–20 Punkte 2-; 21–24 Punkte 3+; 25–28 Punkte 3; 29–32 Punkte 3-; 33–36 Punkte 4+; 37–40 Punkte 4; 41–44 Punkte 4-; 45–48 Punkte 5+; 49–52 Punkte 5; 53–56 Punkte 5-; ab 57 Punkte 6
*Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist (www.dat.de).
Manfred Klangwald
Fazit
Erfahrungen haben wir in fünf Jahren reichlich gesammelt. Eine Erkenntnis: Billig ist E-Mobilität nicht. 17 Cent pro Kilometer klingt günstig, aber ein vergleichbarer Golf 1.4 TSI hätte im direkten Vergleich auch nur knapp 20 Cent gekostet. Dafür überzeugt die Technik. Die "schlechte" Note ist hauptsächlich dem Ausfall nach Dauer-REX-Einsatz geschuldet. Note: 3-
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