Finden Sie nicht auch, dass das gewöhnliche 08/15-SUV eine sinnfreie Erfindung ist? Ein halbgarer Kompromiss, der irgendwo zwischen Kombi und Geländewagen feststeckt und nichts wirklich kann außer Parkhäuser verstopfen? Falls ja, dann können wir Ihnen nur beipflichten. Vorausgesetzt, wir meinen beide jene Gattung kompakthochbeiniger Dieselnagler, die in der Zulassungsstatistik ganz oben hockt. Die Passat und 3er des Vorstädters eben; nie so praktisch wie das Original, dafür aber unhandlicher und so reizvoll wie Baldriantee vor dem Schäferstündchen. Wenn schon SUV, dann doch bitte als hochkonzentrierte Steroiden-Packung. Als BMW X5 M oder Porsche Cayenne Turbo zum Beispiel.

Überblick: Alle News und Tests zum Porsche Cayenne

Mercedes ML 63 AMG
Auf gerader Strecke kann der ML seine Mitbewerber hinter sich lassen. Wird's kurvig, wird's eng.
Zwei schwergewichtige Traktionsmonster, die vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß sind, nach wie vor aber eine äußerst reizvolle Philosophie vertreten. Sie begegnen der Massenträgheit mit Launch-Control oder Keramikstoppern, bändigen die Fliehkraft mit extra breiten Sportschlappen und treiben den scheinbaren Überfluss, den gute 500 PS suggerieren, mit belederten Ausströmerlamellen und vollflächigen Karbonintarsien auf die Spitze. Oder ist Ihnen das dann doch etwas zu extrem? Falls ja, dann könnte vielleicht der neue ML 63 AMG eine Alternative sein. Gut, zum Mauerblümchen mutiert der dicke Benz zwar auch mit aufpreispflichtiger Diamantweiß-Lackierung (1964 Euro) sicher nicht, doch dafür integriert er 21-Zöller, Vierrohr-Abgasanlage und die "V8 Biturbo"Schriftzüge derart stimmig, dass ihn selbst Verfechter der Ökomobilität wohl erst auf den zweiten Blick entlarven.

Überblick: Alle News und Tests zum Mercedes ML 63 AMG

Porsche Cayenne Turbo
4,4 Sekunden im SUV von null auf 100? Porsche macht's möglich.
Doch selbst dann gäbe es kaum noch Gründe, ihn mit Steinen zu bewerfen. Schließlich hat er im Zuge seiner jüngsten Sanierung fleißig am Trinkverhalten gearbeitet, seinen Normverbrauch auf 11,8 Liter gesenkt. Muss ja nicht jeder wissen, dass man selbst im Lkw-Windschatten seine liebe Mühe hätte, diesen Wert zu reproduzieren. Was wirklich zählt, ist ohnehin die Tatsache, dass der neue V8-Biturbo den ML endlich auf Augenhöhe mit dem 555 PS starken BMW X5 M motorisiert. Vorausgesetzt, man ist für das 7021 Euro teure Performance Package nicht zu geizig. Nur dann drücken 1,3 statt des üblichen Ladedrucks von 1,0 Bar in den kurzhubigen V8-Block und pumpen 557 PS sowie 760 Nm aus den Brennkammern. Zu viel? Nicht doch, gerade angemessen. Zumal der Mercedes trotz aller motorischen Potenz kein knallharter Performance-Diktator, sondern eher potenter Gleiter ist.Der Cayenne präsentiert sich seit seinem Modellwechsel und der damit verbundenen Umstellung auf die neue Automatik selbst bei Bummeltempo als Hektiker, haspelt vorschnell durch sein Achtstufen-Menü und suggeriert damit stets den Eindruck, dass auch langsames Fahren irgendwie immer etwas Sportliches an sich hat. Sein adaptives Fahrwerk federt im (ansonsten sehr ausgewogenen) Komfortmodus straff über kurze Stöße, schlüpft SUV-untypisch sogar in manche Spurrille. Die Lenkung seziert selbst harmlose Großstadt-Zubringer auf den Millimeter, die hervorragend konturierten Sportsitze frönen dem hautengen Klammergriff. Während der Mercedes als komfortabler Powercruiser fasziniert, unterteilt der Porsche den Alltag in zwei Extreme. Schnell oder sparsam, beides jeweils ohne Kompromisse.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW X5 M

BMW X5 M
Der X5 M ist nicht nur Größter, sondern auch Schwerster in diesem Test.
Und der BMW X5 M? Er positioniert sich gefühlt irgendwo dazwischen, liegt verbindlicher in der Hand als der ML, ohne dabei so überspitzt zu wirken wie der Cayenne. Sein Fahrwerk bietet nur zwei Dämpferkennlinien (Porsche und Mercedes je drei), wirkt aber schon im Normalmodus ausreichend straff, um vernünftige Kurventempi zuzulassen. Im Sportmodus rollen die 2422 Kilogramm Lebendgewicht sogar etwas hölzern über Querfugen. Doch das eigentliche Highlight ist auch beim X5 M der Antrieb. Dieser athletische 4,4 Liter-Biturbo mit zwei Twin-Scroll-Ladern – das sind Turbos mit zweiflutiger Einlassseite – direkt im 90°V und zylinderbankübergreifenden Abgaskrümmern. Ein Meister des flinken Ansprechverhaltens, der bereits bei 1500/min sein 680-Nm-Plateau erklimmt und bis 5650/min nicht mehr davon ablässt, ehe kurz darauf satte 555 PS blühen. Wer den Vergleich gewinnt, erfahren Sie oben in der Bildergalerie.

Fazit

von

Manuel Iglisch
Der Cayenne behauptet sich zwar als querdynamisches Wunderwerk, hat im Zuge seiner Evolution aber das entspannte Bummeln fast gänzlich verlernt. Anders der Mercedes, der als Powercruiser par excellence seinen Kontrahenten lässig davonsprintet. Der dritte Platz des BMW ist bitter, denn eigentlich nicht verdient. Der X5 M ist ein begnadeter Athlet, der unter seinen Reifen leidet. Zum ultimativen Traum-SUV können alle drei ihren Teil beitragen: Motor vom Mercedes, Getriebe vom BMW und das Fahrwerk vom Porsche.

Von

Manuel Iglisch