BMW X5 M/Ranger Rover Sport SVR/Cayenne Turbo S: Test
Hoppla, hier kommen wir!
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Auffällig und übermotorisiert: Bei BMW X5 M, Porsche Cayenne Turbo S und Range Rover Sport SVR ist Bescheidenheit keine Tugend. Ein Vergleich.
Bild: Ronald Sassen
Es gibt auf der Welt eine erstaunlich große Zahl von Menschen, die nicht so aufs Geld achten müssen. Anders ist der weltweite Erfolg von Geländewagen mit extrem hoher Motorleistung bei gleichzeitig selbstbewusstem Auftritt nicht zu erklären. Doch gerade die Deutschen tun sich schwer mit diesen Boliden, die ihren Auftritt nicht nur akustisch, sondern auch visuell zelebrieren. Was denken da die Nachbarn? Die Geschäftspartner? Die Mitarbeiter? Und schließlich: Was denkt da das Finanzamt?
Schon die Optik der drei Power-SUVs spricht Bände
Dezent geht anders: Range Rover Sport SVR, BMW X5 M und Porsche Turbo S zeigen ihre Leistung deutlich.
BMW X5 M, Porsche Cayenne Turbo S und Range Rover Sport SVR – auffällig alle drei Vergleichstest-Kandidaten. Nicht nur aufgrund ihrer Dimensionen, die ja den harmlosen Dieselversionen entsprechen, sondern wegen der aufdringlichen Verspoilerung. Dass das Spitzenmodell des BMW X5 im Renntourenwagen-Look auftritt, daran haben wir uns schon seit dem X5 4.6is von 2002 (damals mit 347-PS-V8) gewöhnt. Aber shocking: Erstmals rollt ein ach so distinguierter Range Rover in Krawalloptik auf die Weltbühne. Der SVR (Special Vehicle Racing) spart nicht mit riesigen Kühleinlässen und aufdringlichen Auspuffend rohren. Schluss mit der Gentleman-Attitüde. Die Briten wollen ihren Teil des Kuchens in Asien, Arabien und Amerika sichern, wo mit solchen Autos richtig Geld zu verdienen ist. Hier in Deutschland sollte es einem gleichgültig sein, was die Leute denken, sonst wird man mit so einem Auto nicht glücklich.
Gegenüber den zivileren Versionen zeigt der SVR Härte
Nicht unangenehm hart, aber im SVR müssen die Passagiere Abstriche beim Komfort in Kauf nehmen.
Nur wer cool bleibt gegenüber dem Getratsche der Nachbarn, kann Leistung und Sound genießen. Und diese Autos bieten reichlich Genuss für die Sinne, wenn auch auf erstaunlich unterschiedliche Weise. Beginnen wir mit dem neuen Range Rover Sport. Seine stilistischen Details aus der Tuningbranche sind Geschmacksache. Aber der Innenraum übertreibt es keineswegs mit dem Sportsgeist. Nur die auf mehr Seitenhalt getrimmten Sportsitze zeigen gewollt die Richtung an. Außerordentlich bequem sind sie trotzdem, sogar beim Einstieg. Vor allem aber verströmt das englische Leder einen Duft, der an Wohnzimmer des britischen Landadels erinnert. Sobald man den Startknopf gedrückt hat, erklingt ein herrlich bassiges Bollern, wie es nur ein klassischer 90°-V8 zustande bringt. Umstehende und Nachbarn sind jetzt hellwach. Dabei haben wir noch gar nicht die niedliche Taste auf der Mittelkonsole gedrückt, die schlicht die Auspuffklappen öffnet.Einen künstlichen Soundverstärker braucht dieser Motor nicht – mit offenen Klappen donnert der Range aus den Rohren wie ein kaum gedämmtes Speedboat. Anders als beim Sitzkomfort müssen die Passagiere des Briten beim Federungskomfort wegen des straffen Fahrwerks deutliche Abstriche gegenüber den harmloseren Versionen hinnehmen. Unangenehm hart ist der SVR aber trotzdem nicht.
Der Porsche Cayenne schießt beängstigend brutal nach vorne
Technokratisch kühl: Der Porsche Cayenne Turbo S ist sauschnell, macht aber kein Spektakel daraus.
Dem Porsche Cayenne fährt der Range Rover Sport in Kurven hinterher, obwohl es dazu im Porsche deutlich weniger fahrerischen Aufwands bedarf. Der Cayenne fühlt sich 400 Kilo leichter an, betört mit seiner wunderbar zielgenauen und dennoch leichtgängigen Lenkung und federt auch noch bekömmlicher. Der 4.8-Biturbo-V8 zieht zwar aus dem Stand nicht so rabiat an wie der ansatzlos abziehende Kompressor-V8 des Range. Aber der Porsche holt ihn bereits nach ein paar Metern ein, weil er unter vollem Ladedruck beängstigend brutal davonschießt. Aber er macht das technokratisch kühl, mit nur gedämpftem V8-Pochen und etwas Blasmusik der Turbos. Mehr Drama inszeniert da der BMW. Wer typisches V8-Donnern sucht, wird enttäuscht sein. Nur im untersten Drehzahlbereich grollt der 4.4-Biturbo-V8 bassig und reagiert dabei etwas spontaner auf Gaspedalbewegungen als der Porsche. Doch schon ab 2000 Umdrehungen beginnt der X5 M zu röhren und steigert sich dann weiter bis zu einem ekstatischen Trompeten. Die Motorbauart erschließt sich akustisch nicht.
Mit dem BMW X5 M ist Kurvenräubern ein Kinderspiel
Beeindruckend dynamisch: Mit dem BMW X5 M kann man schwindelerregend schnell um die Kurve zirkeln.
Vom Porsche abhängen lässt sich der BMW niemals. Er stachelt seinen Fahrer an, fordert ihn aber auch am meisten. Die extrem zackige Lenkung will die volle Konzentration; zudem sind die Lenkkräfte beim BMW am höchsten. Dafür kann man mit dem X5 M schwindelerregend schnell um Kurven zirkeln und vergisst dabei fast seine 2,3 Tonnen Leergewicht. Bei solch wahnwitzigen Motorkräften ist ein solider Allradantrieb schon bei harmloser Nässe, ja sogar zuweilen bereits auf trockenem Asphalt unverzichtbar. Man spürt bei allen drei Sportlern, dass die Kraftverteilungen alle Schaltkreise voll zu tun haben. Aber das machen sie alle drei beruhigend gut. Im Alltag mit Randsteinen, Parkpollern und Schneehaufen steht sich der tiefergelegte BMW mit seinem ausladenden Luftleitplastik oft selbst im Weg. Range Rover und Porsche meistern solche Situationen bedenkenlos, auch wegen ihrer höheneinstellbaren Luftfederungen, die die Karosserie aus dem Gefahrenbereich liften können. Ausgerechnet der Porsche ist letztlich am alltagstauglichsten.
Der kompromisslos auf Tempo ausgelegte BMW wäre überraschend günstig – wenn seine Versicherung nicht derart kostspielig ausfiele. Der gar nicht zurückhaltende Range Rover kostet ausstattungsbereinigt noch weniger als der BMW. Der ausgewogene Porsche ist stolze 35 000 Euro teurer, dafür dezent.