Endlich! Endlich mal kein Blech schreiben. Keine harten Wahrheiten, kein Feilschen um Punkte und Prozente. Diesmal geht es um den schönsten Stoff für die kommende Saison. Um Softes, das wie Kaschmir nicht nur den Körper wärmt, sondern auch die Seele streichelt. Nachschub liefert Audi im Mai mit dem A5 Cabrio. Der offene Viersitzer verweigert sich strikt dem Trend zum Hardtop und fetzt sich stattdessen lieber mit der Konkurrenz aus München. Ein Stück, das Spannung verspricht, aber am Blech nicht ganz vorbeikommt. Bühne frei für den schärfsten Showdown des kommenden Sommers: Audi A5 2.0 TDI gegen BMW 320d, München gegen Ingolstadt, Klappdach gegen Mütze. Mal sehen, wer am Ende vor wem den Hut ziehen muss.

Der offene Audi A5 ist eine ausgesprochen elegante Erscheinung

Die Frage nach dem Dach beantwortet schon lange nicht mehr das Geld allein. Mittlerweile gehört die Entscheidung für oder gegen ein Konzept zur Firmen-Philosophie. Während Audi zum Softtop steht wie die Kirche zum Papst, entscheidet BMW für jedes Modell neu. "Beim 3er hat uns das feste Verdeck mehr Kunden gebracht als verschreckt", behauptet BMW-Sprecher Friedbert Holz. 8700 Exemplare verkauften die Münchner 2008 in Deutschland, Audi hält den Ball flach, peilt fürs erste volle Verkaufsjahr rund tausend weniger an. Schon spannend, wer im Sommer häufiger über die Boulevards der Städte flanieren wird. Ich tippe: Audi, zumindest was die Wahrnehmung im Straßenbild angeht. Schwarzes Dach, eissilberne Karosserie, wahlweise 14 weitere Farben, drei Verdecktöne – dieser A5 ist eine ausgesprochen elegante Erscheinung. Allein durch seine Zweifarbigkeit, den Materialmix, fällt er mehr auf als ein BMW im Coupé-Kostüm. Auch darum geht es beim Cabrio. Wer für einen offenen Viersitzer in Premiumqualität mindestens 37.300 Euro (1.8 TFSI, 160 PS, folgt später) hinblättert, liebt es, auf dem Präsentierteller zu sitzen, Sonnenbaden als reine Show. Wieso sonst kauft die Schickeria Designer-Brillen, als wären sie Bestandteil der Basisgarderobe?

Die komplexe Dachkinematik des BMW veranstaltet großes Freiluftkino

BMW 3er Cabrio
Mechanik-Ballett: Die Öffnungsprozedur des 3er Cabrios ist sehenswert.
Zum Audi-Upgrade gehört auch die neue Nackenheizung für einen warmen Kopf. Den Schalter versteckten die Konstrukteure leider viel zu tief am Sitzgestell. Der wäre beim Verdeck-Knopf in der Mittelkonsole weit besser aufgehoben. Definitiv ein ergonomischer Fehlgriff – so was kommt selten vor bei den Audianern, die ihren Viersitzer in Neckarsulm vom Band laufen lassen werden. Jetzt läuft gerade was anderes, nämlich die 15 Sekunden andauernde Eröffnungszeremonie. Ganz ohne Tamtam. Beinahe lautlos verschwindet das Akustikverdeck (295 Euro extra) in einer Kunsstoffwanne.  Die verschwindet automatisch im Gepäckabteil (380 Liter), ohne es gravierend einzuschränken. Gerade mal 60 Liter gehen auf diese Art durch das Softtop verloren. Das sieht bei BMW anders aus, weil das vierteilige Verdeck beim Schließen von 350 Litern nur 210 übrig lässt. Dafür entschädigt der Unterhaltungswert der komplexen Dach-Kinematik. Wie Vorderteil und Heckscheibe sich übereinanderlegen, um nach 22 Sekunden mit großer Geste zu verschwinden – das ist schon großes Kino.
So lebt es sich auch unter Deutschlands schönsten Dächern. Luxuriös, vibrationsfrei, komfortabel – wenn bloß die straff abgestimmten Fahrwerke nicht wären. Moderne Lustkiller! Dafür fallen die Verdecke nie zur Last, halten dicht gegen Lärm von außen. Eine 15 Millimeter dicke Schaumlage minimiert im Audi erfolgreich die Windgeräusche. Ob es wohl bei Regen überhaupt noch romantisch darunter prasselt? Diese Frage beantwortet das nächste Tiefdruckgebiet, jetzt scheint die Sonne. Deshalb: Frischluft tanken, alles andere wäre Sünde. Beim Offenfahren entlarvt der 3er einen gravierenden Nachteil. Während der A5 die Passagiere komplett ins Freie setzt – so wie es sich für ein Cabrio gehört –, rückt der Scheibenrahmen im BMW auf die Pelle. Auch der Audi tritt einem nahe. Nicht körperlich, dafür mit erhobenem Zeigefinger. Im Bordcomputer blendet er gut gemeinte Spartipps ein – zum Beispiel: "Schaltempfehlung beachten". Meine Empfehlung: einfach ausschalten. Beim sportlichen Kurvenschmusen stört der Oberlehrer nur.
Erst wenn die Drehzahlnadel die 2000er-Marke passiert hat, fängt beim 170 PS starken TDI der Spaß an. Dem Vierzylinder fällt das niedertourige Fahren schwerer als dem BMW (177 PS), der sich auch ohne viel Schalten die Berge hochzieht. Allerdings mit herberem Diesel-Klang. Audis Selbstzünder arbeitet feiner, beinahe trifft der TDI den guten Benziner-Ton. Neben dem tollen Sound aus Audis "Bang & Olufsen"-Anlage (895 Euro extra) gibt es viele Wege, die Luxus-Cabrios aufzupeppen. Ach, da lässt sich schwelgen ... Aber wer kann der Verlockung widerstehen, dieses schöne Blech mit ein bisschen Stoff zum Träumen aufzuwerten?
Technische Daten Audi A5 Cabrio 2.0 TDI: Vierzylinder, Turbo, vorn längs • Hubraum 1968 cm³ • Leistung 125 kW (170PS) bei 4200 1/min • max. Drehmoment 350 Nm bei 1750 1/min • Vorderradantrieb • Sechsganggetriebe • L/B/H 4625/1854/1383 mm • Tankinhalt 65 l • 0–100 km/h in 9,3 s • Spitze 222 km/h • EU-Verbrauch (vorläufiger Wert) 5,6 l D • CO2 148 g/km • Preis 41.350 Euro
Technische Daten BMW 320d Cabrio: Vierzylinder, Turbo, vorn längs • Hubraum 1995 cm³ • Leistung 130 kW (177 PS) bei 4000 1/min • max. Drehmoment 350 Nm bei 1750 1/min • Hinterradantrieb • Sechsganggetriebe • L/B/H 4580/1782/1384 mm • Tankinhalt 61 l • 0–100 km/h in 8,6 s • Spitze 223 km/h • EU-Verbrauch 5,3 l D • CO2 140 g/km • Preis 44.300 Euro

Von

Margret Hucko