El Dorado heißt ein sagenumwobenes Goldland, für Cadillac wurde der gleichnamige Fronttriebler zur Goldgrube. Nach den früheren Flossen-Orgien geriet der Cadillac Eldorado fast nüchtern – was seinem Erfolg nicht schadete.
Bild: Sven Krieger
Der Cadillac Eldorado ist ein Auto zur Vermeidung des Autofahrens. Er ist so gebaut, dass man zwar den Vorgang des Ortswechsels beobachten kann, aber von den Anstrengungen und Bewegungen in den zugehörigen technischen Vorrichtungen nicht viel bemerkt. Es ist wie im Kino: Lümmeln auf bequemen Polstern, und draußen zieht ein Film vorbei. Oder als würde sich mein Ledersofa in die weite Welt begeben. Das Steuer lässt sich mit dem kleinen Finger drehen, und Kurven zollt der Caddy mit vielen Verbeugungen großen Respekt.
Mit schmalen Flossen und breiter Spur durchschwimmt der Cadillac Eldorado den Slalom.
Bild: S. Krieger
It’s the American Way of Luxury. Läuft der Motor? Man streichelt kurz das Gaspedal, "Vroooaaam", und er antwortet wie ein großer böser Hund, dem sich ein Fremder nähert. Da bellen 400 US-PS, von denen unter DIN-Regeln 238 übrig bleiben. Acht Komma zwei Liter Hubraum, macht gut einen Liter pro Zylinder, das geht in Richtung Lanz Bulldog. Der Hubraum zweier Töpfe entspricht dem kompletten Volumen eines modernen Golf-GTI-Motors, der hat auch 220 bis 230 PS. Der Antrieb ist normalerweise kaum präsent, außer man tritt ihm auf den Pinsel. Tut man das bei halber Fahrt, holt er tief Luft wie ein Pottwal, bevor er sich zum Tauchgang aufmacht, und sofort schnellt die Fuhre vorwärts. Was er sich bei jedem Arbeitstakt an Sprit genehmigt, möchte man lieber gar nicht wissen. Aber ein kleiner Fiat käme damit sicher ein paar Kilometer weit. Das ganze Schmalz wird übrigens an die Vorderräder geschickt. Erst mal natürlich vom Motor, der über der Achse thront, zur Dreistufenautomatik, und die leitet den ganzen Bums dann über eine massive Kette an die Antriebswellen weiter. Vorteil der kuriosen Konstruktion: praktisch kein Ziehen in der Lenkung. Man spürt zu keiner Zeit, dass der Caddy Frontantrieb hat. Und das bei 556 Newtonmetern!
Stilistisch hat der Cadillac eine ganz andere Klasse als der Lincoln Continental Mark IV. Die von Bill Mitchell entworfene Karosserie kann man als zeitlos schön bezeichnen, wenn man das amerikanisch Extrovertierte mag. Er ist breit, er ist schwer, aber eine Taille hat er doch. Ein besonderes Detail: die zweiteilige, gepfeilte Heckscheibe. Innen ist er nicht ganz so aufgetakelt wie der Lincoln, aber es genügt, und an technischen Sperenzchen herrscht auch hier kein Mangel: Klimaautomatik, Cruise-Control, Abbiegelicht, Abblendautomatik ... da bleibt kaum ein Wunsch unerfüllt.
Von sportlichem Handling zu sprechen wäre übertrieben, aber immerhin schwankt der Caddy nicht so wie ein Lincoln Continental Mark IV. Der Frontantrieb zickt dabei kein bisschen, während der Motor seine Kraft locker aus dem Keller holt. Mit seinen scharfen Kanten stilistisch ein Klassiker, auch technologisch weit vorn, aber bei der Verarbeitung eine Liga unter Europa.