Die Idee, einem VW Käfer mittels eines Porsche-Motors ordentlich Feuer unterm Hintern zu machen, ist so alt wie der Porsche 356. Dem Typ 1 zu mehr Leistung zu verhelfen, war dabei stets ein kleineres Problem, als ihm die dazu erforderlichen Fahreigenschaften beizubringen. Konsequent zu Ende gedacht, gibt es nur eine (sehr aufwendige) Lösung: ein Porsche mit Käfer-Karosserie. Unweigerlich poppt im Kopf nun der Name Artz auf. Günter Artz vom Autohaus Nordstadt in Hannover, berühmt geworden durch so großartige Fahrzeuge wie den Porsche 928 im Golf-I-Schafspelz oder die Corvette mit Kadett-GSi-Karosserie, kreierte vor vierzig Jahren den legendären Nordstadt-Käfer – mit Mittelmotor. Er wählte dafür die Bodengruppe des Porsche 914/6 und vermählte sie mit dem 210-PS-Boxer des 911 Carrera RS 2.7. Der Carrera-Käfer beschleunigte in gemessenen 7,3 Sekunden von 0 auf 100 und lief 213 km/h Spitze – damals eine echte Sensation.

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Carmaxx Bugster
Breitbau: Der Boxster-Käfer bläst seine Backen 20 Zentimeter weiter auf als das Original.
Siegfried Rudolf von der österreichischen Firma Carmaxx hatte die Eingebung zum Mittelmotor-Volkswagen, als er sein Käfer Cabrio neben dem Porsche Boxster seiner Frau parkte. Aus einem flüchtigen "Könnte passen" wurde nach einer genauen Vermessung der beiden Fahrzeuge ein "Passt!". Die fiebrige Idee ließ Rudolf fortan nicht mehr ruhen, und als ihm ein verunfallter Boxster S über den Weg lief, schlug er zu und strippte ihn sogleich bis zur Bodengruppe. Tatsächlich entsprechen sich die Radstände des Typ-986-Boxsters und der späten Käfer-Modelle 1302/1303 bis auf wenige Millimeter – in der Seitenansicht blieb die originale Käfer-Silhouette also erhalten. Bei der Fahrzeugbreite war das allerdings nicht ganz möglich: Um gut zwanzig Zentimeter plustert sich der Bugster auf – und zwar ausschließlich über die Kotflügel, das Fahrerhäuschen blieb unangetastet. Was sich hier so einfach liest, ist das Ergebnis eines zwei Jahre währenden Umbaus, bei dem das Käfer-Kleidchen als selbsttragende Karosserie mit der Boxster-Bodengruppe verschweißt wurde. Neben den mit Blechstreifen verbreiterten Kotflügeln mussten unzählige weitere Teile wie Fronthaube, Trittbretter und Heckstoßstange angepasst oder neu angefertigt werden.

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VW Golf R
Würdiger Gegner? Der VW Golf R wird von einem Vierzylinder mit 270 PS befeuert.
Natürlich war auch bei der Technik das ein oder andere Mal Erfindergeist gefragt – wie beispielsweise hinsichtlich der Unterbringung der Kühler in der vorderen Ex-Reserveradmulde. Die Mannen von Carmaxx nahmen sich auch gleich noch den Motor zur Brust, kitzelten durch Optimierungen an Software, Saugrohr- und Abgasanlage 18 bislang ungenutzte PS aus dem Trockensumpf. In der Summe sind’s nun 270 – was lag da ferner, als einen gleich starken VW Golf R als Sparringspartner zu bestellen? Großserie gegen Einzelstück, Frontmotor gegen Mittelmotor, Allrad gegen Heckantrieb, Reihenvierzylinder-Turbo gegen Sechszylinder-Saugboxer. Kann sich der 1,5-Tonnen-Muskel-Golf vielleicht sogar am über 300 Kilo leichteren "Porsche Boxster mit Spezialaufbau" – so der Eintrag in den Fahrzeugpapieren – vorbeirempeln? Auf nach Rothenburg, auf dem Flugplatz warten schon die Messgeräte. Beim Einsteigen in den Bugster der erste Schock: Das 365-Millimeter-Airbag-Lenkrad ist nicht einstellbar, zwingt zu einer gewöhnungbedürftigen Sitzhaltung in den eigentlich hervorragenden Sparco-Schalen. Zudem nimmt es einen großen Teil der Sicht auf die originalen Boxster-Instrumente.
Auch der Blick nach hinten ist eingeschränkt: Es gibt nur einen Außenspiegel, und der hat etwa die Größe eines Mundspiegels, wie ihn Zahnärzte benutzen. Der linke Arm liegt vollflächig an der Fahrertürverkleidung an – in puncto Ergonomie ist der Bugster also ganz Käfer. Doch schon beim Starten wandelt sich Dr. Jekyll zu Mr. Hyde – das Zündschloss links vom Lenkrad ist durchaus als Warnung zu verstehen. Bissig erwacht der Sechszylinder hinter dem Fahrer, dort, wo einst die Rückbank war. Durch die Kabine wabert der verheißungsvolle Duft von Öl und Benzin. Die ersten Kurven gehe ich sehr vorsichtig an, eben als würde ich einen Käfer fahren. Es dauert eine ganze Weile, bis der Verstand restlos davon überzeugt ist, dass man ja eigentlich in einem fahrdynamisch hochkarätigen Auto sitzt. Hat man dann endlich Vertrauen gefasst, fängt der ganz große Spaß an: Landstraßen flitzen im Affentempo unter dem Bugster hindurch, der 3,2-Liter freut sich hör- und spürbar, dass er samt Fahrer nur rund 1250 Kilo bewegen muss. Die perfekte Lenkung und Schaltung sowie die erhabenen Bremsen runden das Gourmet-Gasen ab.

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Carmaxx Bugster VW Golf R
Längsdynamisch vorne: Im Sprint hängt der Boxster im Käfer-Gewand den Über-Golf ab.
Zu optimistisch angegangene Kurven lassen den Bugster untersteuern, auf den Gaslupfer folgt willkommenes Eindrehen – ein echter Porsche! Auch bei aktivem ESP ist Fahrfreude garantiert, da es den Bugster an der lange Leine führt, spät und dann sehr feinfühlig eingreift. Bei aller Dynamik ist das einstellbare Fahrwerk nicht mal unkomfortabel, allerdings leidet der Geradeauslauf unter der breiten Spur der 18-Zoll-Räder. Für die Autobahn ist der Bugster ohnehin nicht gemacht, hier erinnern ohrenbetäubende Windgeräusche daran, dass bei der Entwicklung der Käfer- Karosserie Geschwindigkeiten von mehr als 200 km/h definitiv nicht im Lastenheft standen. Und gerade deshalb ist es ein diebisches Vergnügen, die verdutzten Gesichter der Vertreterdieselfahrer zu beobachten, wenn sie, nachdem sie widerwillig die linke Spur geräumt haben, recht mühelos von einem Käfer versägt werden … Die Höchstgeschwindigkeit von respektablen 241 km/h erreicht der Bugster im voll ausgedrehten fünften Gang – im sechsten lässt die schlechte Aerodynamik dem Motor keine Chance mehr.

Weitere Details des Vergleichs "Tuning gegen Serie" gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel lesen Sie in AUTO BILD SPORTSCARS 3/2012 – erhältlich auch als Download im Heftarchiv.

Fazit

Operation geglückt: Der Bugster verbindet Beschleunigung, Handling, Bremsleistung und Sound eines Porsche mit kultiger Käfer-Optik. Eine 1303-Karosserie hat in der heutigen Zeit aber eben auch ihre Nachteile. Ganz ohne Fehler scheint der Golf R auf die Welt gekommen zu sein. Sehr effizient – und fast ein bisschen langweilig.