Design geht vor Technik

Airflite? Da war doch schon mal was. Richtig. Ein berühmter Chrysler von 1934 hieß ganz ähnlich: Airflow. Sein Design war eine Revolution, sein Auftritt jedoch wirtschaftlich ein Desaster.

Aber während der Airflow Chrysler damals fast in den Ruin trieb – seine hochmoderne, strömungsgünstige Karosserie traf einfach nicht den Massengeschmack –, strahlt die Zukunft des Airflite in hellerem Licht. Chrysler verkündet das zwar nicht offiziell, aber die Studie nimmt wesentliche Designelemente der nächsten, hinterradgetriebenen Sebring-Generation vorweg.

Design scheint ja seit einiger Zeit das Thema Nummer eins bei Chrysler zu sein. Egal ob PT Cruiser, 300M oder auch der neue Crossfire – alle fallen weniger durch herausragende Technik als durch spektakuläres Design auf. Und diese Karte reizt Chrysler jetzt beim Airflite noch mal voll aus. Der ist ein absoluter Hingucker.

Vorne 20-, hinten 21-Zöller

Das fängt bei dem mächtigen Bug an und hört mit dem an den Bootsbau angelehnten Heck – Chrysler nennt es "Boattail" – noch lange nicht auf. Dazwischen liegen ausgestellte Kotflügel, eine gestreckte Dachlinie und durchgehende Seitenscheiben.

Allesamt Kunstgriffe, um die wuchtige, 4,84 Meter lange, 1,87 Meter breite und 1,49 Meter hohe Limousine optisch zu verkleinern. Um welche Dimensionen es hier geht, zeigen auch die Reifen: Vorn steht der Airflite auf 235/45 20-Zöllern, hinten sogar auf 255/45 21-Zoll-Walzen. Das Design hat jedoch nicht nur optische Reize, sondern auch praktische Vorteile. Die Scharniere der Heckklappe zum Beispiel sind weit vorn angesetzt, die Klappe selbst reicht tief in die Karosserie hinein, und beides erleichtert den Zugang zum Gepäckraum.

Bei der Gestaltung des Innenraums ließen sich die Designer Greg Howell und Simeon Kim dann von modernem Möbeldesign und klassischer Yachtarchitektur inspirieren. Auffälligstes Element ist ein silbermattierter Mitteltunnel, der den Fahrgastraum von vorn bis hinten teilt.

Aufwendige Handarbeit

An dem Mitteltunnel sind vier Einzelsitze befestigt und bieten damit – anders als sonst üblich – viel Freiraum unterhalb der Sitzfläche. "Sie schweben frei im Raum", sagen die Designer. Ganz ähnlich wie die Sitze sind auch Instrumenträger und Armlehnen entworfen.

Der Instrumenträger steht frei auf der Lenksäule, die Armlehnen unterscheiden sich durch Farbe und Material grundsätzlich von der Türverkleidung, sie "schwimmen".

Noch nicht genug vom Thema Seefahrt? Der Boden besteht wie bei einer Yacht aus edlem Holz, eingesetzte Streben aus gebürstetem Alu dienen dem Schutz und nehmen das Thema der Mittelkonsole wieder auf. Auch wenn wir mit dem Airflite nicht schwimmen, sondern doch eher fahren wollen: Den Designern ist zweifellos ein luftiges Abteil mit viel Bewegungsfreiheit gelungen.

Das Interieur ist in aufwendiger Handarbeit und mit viel Liebe zum Detail gebaut. Helles Holz, mattes Metall, terrakottafarbenes Leder. Erstaunlich. Beim Außen-Design war Chrysler bisher eigentlich schon immer stark, aber innen fielen die Amis stets noch durch lieblose Verarbeitung und nachlässiges Design auf. So etwas mag die große Mutter DaimlerChrysler bekanntlich überhaupt nicht. Und die hat beim Airflite sowieso die Hände mit im Spiel. Der geplante Hinterradantrieb ermöglicht die Verwendung vieler Mercedes-Benz-Komponenten wie Achsen, Lenkungen, Motoren. Denkbarer Teilespender dürfte die aktuelle E-Klasse sein. Damit sollte die Zukunft des Airflite gesichert sein – und der Airflow endgültig Geschichte.