Qualität und Antrieb

Es liegt wohl am Neupreis: Kaum ein Chrysler Voyager findet seinen ersten Einsatz als Familientransporter. Höchstens am Wochenende, wenn der Chef und sein Firmenwagen freihaben. Kommt der noble Amerikaner aber in die Jahre, sieht zumindest die Anschaffung schon viel günstiger aus – und einer artgerechten Nutzung steht (fast) nichts im Wege.

Doch erst einmal wollen wir ein Vorurteil aus der Welt schaffen. Amerikaner stimmt nämlich nicht ganz. Seit 1992 stammen alle über das Chrysler-Händlernetz angebotene Voyager aus dem Eurostar-Werk im österreichischen Graz. Das erklärt die verbesserte Qualität gegenüber den grau importierten Ur-Amerikanern. Wunder sind diesbezüglich aber nicht zu erwarten. Denn Konstruktion und Teile-Einkauf liegen in US-Hand.

Und spätestens seit Lee Iacocca in den Achtzigern Chrysler vor dem Untergang rettete, versteht man sich in Detroit aufs Sparen – auch beim Voyager. Quer durch die Modellpalette lockern sich bei sämtlichen Baujahren die Verkleidungen, sehen die Stoffe im Innenraum nach einiger Zeit schmuddelig aus, sorgt die ewige Voyager-Schwachstelle für ungewollte Auszeiten: das Getriebe. Vor allem die Automatik ist ein teurer Renner im Ersatzteil-Programm. Auch Schaltgetriebe versprechen keine Problemlosigkeit: Meist hakeln sie, ein gerissenes Kupplungsseil bringt den Van zum Stehen, die Passagiere zum Schieben.

Motor und Bremsen

Schlechter Leumund begleitet auch die Motoren durch sämtliche Modellwechsel. Die Benziner sind durch die Bank durstig, vor allem wenn sie mit Allrad kombiniert wurden. Klar: Die größte Fahrfreude versprechen V6-Motoren. Günstiger fährt der 2,5-Liter mit vier Zylindern und 150 PS. Und auch hier kann einen der Blick auf den serienmäßigen Bordcomputer zur Verzweiflung treiben: Kleinlich errechnet er den Spritverbrauch und irrt dabei höchst selten. Leider.

Im AUTO BILD-Dauertest verlangte der 2,5-Liter-Grand-Voyager durchschnittlich 13,4 Liter. Die Turbodiesel kommen zwar mit zehn bis elf Litern über die Runden, nageln aber wie in der Selbstzünder-Urzeit. Leckende Dichtungen gehören bei allen Motoren zum Alltag. Richtig teuer wird ein Tausch der Zylinderkopfdichtungen des V6: 1400 Mark. Kritisch wird es beim Crash: Beim Euro-NCAP-Crashtest 1999 bekam der Voyager das Schlusslicht. Im Fußraum riss das Bodenblech auf, der Überlebens-raum hinterm Lenkrad schrumpfte auf ein Minimum. Die Airbags zündeten spät, der Kopf des Dummys tauchte in den Airbag, bevor er prall gefüllt war.

Verbesserungspotenzial auch bei den Bremsen: Im Fahrbetrieb wirken sie nicht besonders kräftig. Und die Zahlen für unzureichende Wirkung der Fußbremse liegen im TÜV-Archiv um das Vierfache über dem Schnitt. Bei der Feststellbremse gar um das Sechsfache. Die Seilzüge sind dem hochgewirbelten Schmutz am Längsträger unverkleidet ausgesetzt und abenteuerlich an der Hinterachse verlegt, die beim drei Jahre alten Testwagen bereits kräftig gammelt. Ebenfalls nahe der Hinterachse sitzt das Reserverad am Unterboden – und wird so bei der Inspektion gern übersehen. Ärgerlich, wenn ihm dann bei einer Reifenpanne die Luft fehlt.

Technik und Elektrik

Mehr Zufriedenheit zeigen Voyager-Besitzer, wenn es um die Ausstattung geht. Das erste Modell machte den Cupholder in Europa salonreif, die Top-Ausführung LE wurde häufig bestellt und erfüllt von Alufelgen bis zur Zentralverriegelung viele Wünsche. Besonders geräumig ist der Grand Voyager mit langem Radstand.

Egal ob kurz oder lang – je nach Ausführung ist der Fond mit Einzelsitzen oder Bänken bestückt. Letztere baut man nur selten aus, da sie mit einem Gewicht von 53 Kilo kaum tragbar sind. Schwer hat es auch die Beleuchtung: Die Scheinwerfer-Regulierungsschrauben verstellen sich gerne selbsttätig und sind ein Dauerproblem.

Ein weiterer Problem-Punkt: die Bordelektrik. Versagt die Lichtmaschine, sind für das Ersatzteil schnell 700 Mark fällig. Bei der Gelegenheit lassen geübte Voyager-Fahrer die Batterie gleich prüfen. Das spart Ärger in der kalten Jahreszeit, wenn der Akku wieder einmal den Anforderungen der zahlreichen elektrischen Spielereien nicht gewachsen ist. Fazit: Für DaimlerChrysler gibt es noch viel zu tun, bis der Voyager in den Punkten Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit den hohen Mercedes-Standard erfüllt.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 10/83 Präsentation des Siebensitzers in den USA 4/88 Einführung auf dem deutschen Markt 3/91 Facelift und neue Motoren (2,5-l-Vierzylinder, 72 kW/98 PS und 3,3-l-V6, 110 kW/150 PS). Debüt der Grand Voyager mit langem Radstand. Vorstellung der Allrad-Version AWD Außenspiegel in Wagenfarbe, Alufelgen. Preis: 14.990 Mark 1/96 Wechsel zum Modell Typ GS 10/98 Verbesserte Geräuschdämmung für TD, Automatik für den 2.4 10/99 Scheibenbremsen vorne und hinten bei allen Modellen 3/01 Neuauflage Typ RG

Schwachstellen • Automatikgetriebe neigen zu Ölverlust und anderen Defekten, die nur mittels Austausch zu beheben sind. Bei Fahrzeugen mit Schaltgetriebe reißt häufig das Kupplungsseil • Die Bremsen sind wenig standfest und führen öfters zu Beanstandung beim TÜV • Ärgerlich: immer wieder Probleme mit Batterie und der Lichtmaschine • Gern gammelt die Auspuffanlage, und zwar vom Krümmer bis zum Endschalldämpfer • Feuchtigkeit bringt die Zündanlage zum Stottern, wenn sie in Steckverbindungen an der Zündspule oder den -kerzen gelangt • Dichtungsprobleme bereiten auch Motor und Getriebe: Vor allem bei hoher Laufleistung lecken zahlreiche Stellen

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Chrysler Voyager 2.4 LE, 110 kW/150 PS, Baujahr 97. Das Schaltgetriebe ist haltbarer und billiger als die Automatik. Werkstatt- und Ersatzteilkosten sind nichts für schmale Brieftaschen.

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Die Bremsen sind eine echte Schwachstelle des großen Vans, wobei die Festellbremse mit ihren korrosionsanfälligen Bremsseilen die unzureichende Wirkung der Fußbremse entscheidend übertrifft. Rost an der gesamten Auspuffanlage ist ein häufiger Kritikpunkt. Weitere Dauerprobleme sind die Scheinwerfereinstellung, leckende Motordichtungen vom Zylinderkopf bis an die Ölwanne und Wasserverlust im Kühl-System." Klaus Lesczensky, Gutachter TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg

Modellempfehlung Chrysler Voyager 2.4 LE (110 kW/150 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 330 Mark im Jahr/Euro 2 Testverbrauch: Werksangabe 10,6 Liter, gemessen 12,2 Liter (Super) Versicherung: Vollkasko (18/1000 Mark SB): 1908 Mark. Teilkasko (34/300 Mark SB): 748 Mark. Haftpflicht (16): 1604 Mark (Basis: HUK-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 15.000 Kilometer, etwa 170 bis 1170 Mark Wertverlust: Dreijährige verlieren rund 48 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 3400 Mark Verlust