Qualität und TÜV-Statistik

Viele stellen sich ein Leben bei AUTO BILD sehr aufregend vor. Doch selbst in unserer Redaktion gibt es so etwas wie grauen Alltag und Wiederholungen. Etwa wenn ein Gebrauchtwagen-Test des Chrysler Voyager ansteht. November 2000 bleibt der Testwagen während der Fotoproduktion mit einem gerissenen Kupplungsseil einfach stehen. Unfreiwilliges Ende einer Dienstfahrt.

Als dann im Mai 2004 der nächste Voyager im Rahmen einer Gebrauchtwagen-Fotoproduktion bei Regen die Redaktion stromlos im Stich ließ, da glaubten wir an keinen Zufall mehr. Sondern an eine Bestätigung der AUTO BILD TÜV- Reporte der letzten Jahre. In der Wertung "Mängelriesen" mutiert der Voyager zuverlässig jedes Jahr zum Giganten, gilt damit als eines der schlechtesten Autos auf Deutschlands Straßen.

Doch seiner Beliebtheit hat dies nie so recht geschadet. Vor allem kinderreiche Familien wählen gerne den großen Chrysler. Meistens ist er etwas günstiger zu bekommen als etwa ein vergleichbarer VW Sharan, selten aber wird er den Erwartungen gerecht. Unser Testwagen zum Beispiel hatte ein veritables Problem mit seiner Elektrik und zog im Stand an unbekannter Stelle Strom aus der Batterie.

Antrieb und Karosserie

Ebenso ärgerlich sind Schäden am Automatikgetriebe, die häufig teuer enden: Die Werkstatt berechnet bei einem 3.3 mit 158 PS etwa 2400 Euro für einen Austausch-Automaten. Doch wer glaubt, mit dem Schaltgetriebe weniger Sorgen zu haben, irrt. Wir erinnern dabei nicht nur an unsere Panne mit dem Kupplungsseil vor vier Jahren, sondern verweisen auch gern auf den Posteinlauf in unserem AUTO BILD-Kummerkasten, der Mecker-Ecke aller Leser von Flensburg bis Füssen.

Eine einzige Mecker-Ecke ist allein der Innenraum, die schlampige Verarbeitung hat sich in all den Baujahren nicht verbessert. Defekte Lüftungsklappen, abfallende Kunststoffteile, schlampig gearbeitete Fugen am Cockpit – hier hätte sich Chrysler mehr Mühe geben können, schließlich war ein nagelneuer Voyager noch nie ein Schnäppchen. Mit etwas Wohlwollen könnte man den Zustand des Innenraums noch unter "Kleinigkeiten" verbuchen, doch leider ist die Verarbeitung ein Symbol für den Rest des Wagens.

Rost an Blechkanten ist ein trauriger Beweis für sparsamste Vorsorge. Chrysler sparte auf Kosten der Kunden, die haben nun den Ärger. Dass der TÜV hier keine schlechte Note erteilt, liegt am Prüfkatalog. Dieser berücksichtigt nur komplette Durchrostungen, nicht aber Kantenrost. Keinen Zweifel gibt es bei der Lenkung: Neben dem hohen Leergewicht macht die meist familienbedingte Beladung mit Kindern, Koffern, Köter den Spurstangen schwer zu schaffen, erweist sich als traditionelle Voyager Schwäche. Ein neuer Spurstangenkopf kostet pro Stück (inkl. Arbeit) etwa 130 Euro, doch selten bleibt es dabei.

Verschleiß und Ersatzteile

Irgendwas an der Beleuchtungsanlage passt meist nicht, der Glühlampenverschleiß mancher Fahrzeuge erinnert stark an die mangelnde Perfektion manch italienischer Autos. Das gilt auch für Verschleißteile. Auspuff? Den Austausch beherrscht wohl jeder Chrysler-Lehrling nach wenigen Wochen, denn dieses Teil ist mehr als gut gefragt. Bremsen? Die Dreijährigen gelten als mittelmäßig, danach schnellt der rote TÜV-Balken im Diagramm in die Höhe. Und das leider nicht nur hier.

Gibt es denn überhaupt einen Grund, sich für den Voyager zu entscheiden? Schwere Frage, ein Auto für Susi Sorglos ist er bestimmt nicht. Doch wer selber Hand anlegen kann und über Garage und Werkzeug verfügt, muss nicht wegen jeder Kleinigkeit in die Werkstatt. Um die relativ hohen Preise für Ersatzteile kommt er zwar auch nicht herum, doch dafür steht ein großes Auto mit bis zu 4880 Liter Laderaum (Grand Voyager mit 33 Zentimeter längerer Karosserie) zur Verfügung.

Auch Pannenstatistiken lassen am Voyager für gewöhnlich kein gutes Haar, eigentlich kann es nur besser werden. Gebaut wird der Van in Graz, bereits im Juli 2002 wurde das Werk von DaimlerChrysler an Magna Steyr übergeben, die Voyager-Produktion läuft aber weiter. Aus Graz stammen übrigens auch die E-Klasse mit 4Matic und das G-Modell, neuerdings wird dort auch der X3 montiert. BMW entschied sich wegen Qualität für Österreich. Die Qualität des Voyager hatten die Bayern dabei wohl nicht im Hinterkopf.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 10/83 Präsentation des Siebensitzers in den USA 4/88 Einführung auf dem deutschen Markt 3/91 Modellwechsel und neue Motoren, Debüt des Grand Voyagers mit langem Radstand, Vorstellung der Allrad-Version 1/96 Modellwechsel auf Typ GS 10/97 Ausstattung "Family" 3/01 Modellwechsel auf Typ RG

Schwachstellen • Automatikgetriebe fallen beim Voyager mit zahlreichen Defekten und beständigem Ölverlust negativ auf. Bei älteren Fahrzeugen mit manuellem Getriebe reißt häufig das Kupplungsseil • die Bremsanlage hat mit dem hohen Fahrzeuggewicht ihre Probleme und verschleißt sehr stark, dies ist auch an der Lenkung (Spurstangenköpfe) zu beobachten • ärgerlich ist die rasch rostende Auspuffanlage • Ärger bereiten auch Batterie und Lichtmaschine. Feuchtigkeit kann dazu führen, dass die Zündanlage aussetzt • schlechte Verarbeitung der Karosserie und des Innenraums ist bei nahezu jedem Voyager zu bemerken • akustisch macht sie sich durch beständiges Klappern bemerkbar

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Chrysler Voyager 2.5 TD, 85 kW/115 PS, Baujahr 2001. Klare Rechnung: Ein großes Auto verlangt nach großer Brieftasche. Wer keine hat, kommt mit geschickten Händen und Werkzeug weiter.

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Der Chrysler Voyager offenbart bei seinen Hauptuntersuchungen eine Fülle an Schwachstellen. Besonders auffällig sind die schlechten Werte für die Lenkung, hier notieren unsere Prüfer auffällig oft Beanstandungen. Dies gilt auch für die Beleuchtungsanlage, wobei hier die fehlerhafte Abblendlichteinstellung besonders auffällig ist. An der Bremsanlage fällt hauptsächlich die mangelhaft oder nur einseitig wirkende Feststellbremse auf." Werner Lyrmann, Gutachter TÜV Rheinland Group

Modellempfehlung Chrysler Voyager 2.5 TD (85 kW/115 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 370 Euro im Jahr/Euro 2 Testverbrauch: Werksangabe 9,2 Liter, gemessen 10,5 Liter (Diesel) Versicherung: Vollkasko (22/504 Euro SB): 1294 Euro. Teilkasko (32/151 Euro SB): 252 Euro. Haftpflicht (20): 1106 Euro (Basis: HUK-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 15.000 Kilometer, etwa 150 bis 450 Euro Wertverlust: Dreijährige verlieren rund 47 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 1500 Euro Verlust