Platz wie im Containerschiff

Sie rollten heran auf der Welle der Vans. Citroën und Renault hatten vor gut fünf Jahren kleine Frachter auf Kiel gelegt, die vor allem eins boten: Platz wie im Container-Schiff zum Preis einer Butterfahrt. Deshalb heuerten nicht nur Studenten und Handwerker auf Kangoo oder Berlingo an, sondern auch preisbewusste Familien. Nun haben die Franzosen ihre charmanten Frachter mit neuen Motoren und kessem Styling frisch aufgetakelt.

Vor allem in den Innenräumen ist der neue Kurs zu erkennen. Statt der kargen, zweckbestimmten Einrichtung eines Lieferwagens erwartet uns an Bord von Berlingo und Kangoo nun ein buntes, familienfreundliches Interieur. Eines, das sogar Urlaubsstimmung weckt, denn die vielen Staufächer unter den Dächern erinnern an die Kabine eines Ferienfliegers. In welche Ecke des Berlingo ich auch schaue, es gibt überall eine Ablage. Reiseatlas und Baseball-Kappe passen ins Fach über der Windschutzscheibe, die CDs zwischen die Sonnenblenden im Dach und Juniors Spielzeug in den Boden vor den Rücksitzen. Perfekt. Dazu gibt es Fächer im Armaturenbrett, den Türverkleidungen und unterm Beifahrersitz.

Ausstattung und Innenraum

Als reiche das nicht schon für das Guinness-Buch der Rekorde, besitzt der von uns getestete Berlingo Spacelight weitere Dachfächer im Gepäckraum und eine Konsole über den Rücksitzen mit Ablagen sowie Belüftungsdüsen, Leselampen und 12-Volt-Steckdosen. "Modutop" nennt Citroën dieses Ausstattungspaket. Der eigentliche Clou aber sind die fünf getönten Scheiben im Dach. Klasse, so fährt die Sonne mit. Und nachts könnte der fünfjährige Kapitän hinten sogar nach den Sternen navigieren. Citroën gibt sich bescheidener, verbaut Kunststoff. Wirkt nicht besonders edel und klappert dazu auf schlechten Straßen.

Der Renault ist da nicht besser. Auch hier stören Billig-Plastik sowie Knistern und Knarzen. Und wehe, es liegt etwas Rundes in den Hängeschränken unterm Dach. Bei jedem Anfahren oder Bremsen kullert der Apfel lautstark hin und her. Dafür sitze ich im Renault besser. Die Polster sind straffer, Kissen und Lehnen körpergerechter geformt. Wie der Berlingo besitzt auch der Kangoo hinten zwei große Schiebetüren. Eine Super-Idee, die das bequeme Ein- und Aussteigen auch auf engstem Parkraum erleichtert.

Unterschiedlich dagegen die Luken zu den großen Frachträumen. Der Citroën hat eine Heckklappe - ein prima Regenschutz beim Laden. Die zwei Flügeltüren (Aufpreis 196 Mark) am Renault sind handlicher und für Frauen leichter zu schließen. Dennoch: Die Laderäume erinnern an Lieferwagen. Bei beiden blitzt nacktes Blech, auf dem Boden liegt Kunststoff statt Teppich - da ist es wieder: das Gefühl, doch im Transporter zu sitzen. Auch beim Fahren. Wegen der leicht erhöhten Sitzposition und der Karosserie-Form vermitteln beide ein Fahrgefühl wie im Lieferwagen - mit spektakulärer Seitenneigung in Kurven.

Motoren und Fahreigenschaften

Dennoch gibt es Unterschiede. Der Kangoo ist handlicher, seine Lenkung präziser. Dafür lässt sich der Berlingo von rauer See (Pardon: schlechten Straßen) weniger beeindrucken. Sogar bei voller Zuladung bietet er Fahrkomfort wie ein Ozean-Dampfer. Der Kangoo wirkt dagegen wie ein kleines Boot, mit dem die Wellen spielen. Schon bei kleinen Fugen und Unebenheiten gerät er ins Zittern.

Viel souveräner der neue 1,6-Liter-Benziner, der nach Clio, Mégane, Scénic und Laguna nun auch im Maschinenraum des Kangoo steckt. Wie der Citroën-Motor besitzt er viel Laufkultur, arbeitet zwar nicht so leise, spricht aber flotter aufs Gas an. Die 95 PS reichen für ordentliche Fahrleistungen. Vor allem beim Gasbefehl "Volle Kraft voraus" zieht er dem Berlingo, der vom Papier her stärker ist (109 PS), aus unteren Drehzahlen locker davon.

Preise und Kosten

Dass beide mehr als acht Liter verbrauchen, klingt wenig familienfreundlich. Die Preise schon eher: Der Berlingo Spacelight kostet 29.885 Mark, der Kangoo als Privilège 29.337 Mark. Bei den Fahrtarifen haben Frankreichs Frachter ihren Kurs gehalten.

Fazit und Zeugnis

Fazit Groß, praktisch, preiswert. Handfeste Vorzüge, die der Citroën bietet. Dazu Fahrkomfort und die meisten Ablagen, die ich je in einem Auto gesehen habe. Motor, Getriebe, Fahrverhalten, Lenkung - beim Renault einen Tick besser, und deshalb rangiert er in diesem Vergleich auch knapp vor dem Berlingo. Also zwei Autos der Vernunft, bei denen Emotion und Faszination keine Rolle spielen? Unsinn! Beides steckt in jeder einzelnen Ablage. Das Konzept dieser Autos passt.

Punktewertung

Den Verleich gewinnt der Renault knapp nach Punkten. Wer andere Akzente setzen will, rechnet einfach die entsprechende Rubrik raus und kommt zum eigenen Ergebnis.