Es ist eine ganz besondere Begegnung, denn dieser Countach ist nicht irgendeiner, sondern der erste serienreife Prototyp, den unser Begleiter, Lamborghini-Testfahrerlegende Valentino Balboni, nach rund 30 Jahren des Verschollenseins aufgespürt und wiedererkannt hat. Im Frühjahr 1973 stand er mit roter Außenhaut auf dem Genfer Salon, nachdem 1972 die Entscheidung für eine Serienfertigung gefallen war; im Herbst hatte er für die Show in Paris seinen endgültigen grünen Lack erhalten. Es waren schwierige Zeiten damals, Anfang der 1970er-Jahre, als der Archetyp aller V12-Mittelmotor-Lambos das Licht der Welt erblickte.

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Lamborghini Countach LP 400
Mit dem Countach zeichnete sich der Bertone-Designer Gandini in den 70ern in die automobile Unsterblichkeit.
Nicht etwa, weil ihn die Sportwagenwelt zu verschmähen drohte; sie war heiß auf ihn. Der gelbe Keil, ein nicht mehr existierender Prototyp, der da 1971 auf dem Autosalon in Genf stand, ließ die Unterkiefer reihenweise nach unten klappen. Der Countach bemühte sich nicht um Gefälligkeit. Er war eine Hymne auf pure Kraft und Geschwindigkeit, komprimiert auf etwas mehr als vier Meter Länge, fast zwei Meter Breite und einen guten Meter Höhe. Mit einer spitzen Schnauze, die das Vorderrad nach unten zu drücken schien. Und einem ausladenden Heck, in dem ein fünf Liter großer V12 mit 440 PS lauerte – der es aber ebenso wenig in die Serie schaffte wie die digitalen Instrumente der Studie.

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Lamborghini Countach LP 400
Der Countach ist ein extremer Keil, der immer noch futuristisch wirkt.
Bevor überhaupt jemand bei Lamborghini ernsthaft an eine Serienfertigung dachte, wurden schon die Scheckbücher gezückt. 1972 fiel dann die Entscheidung, eine Serie aufzulegen, 1973 stand unser Countach auf der Messe in Genf. Doch während der kantige Keil in seiner brutalen Strenge an Strahlkraft nicht zu überbieten war, zogen an anderer Stelle düstere Wolken auf. Crash- und Abgasbestimmungen in den USA machten Boliden dieses Schlages das Leben schwer, die Energiekrise kochte gerade hoch, und zu allem Überfluss begann Padrone Ferruccio Lamborghini, sich so langsam aus seiner Firma zu verabschieden. Doch die großen Probleme der Folgezeit konnten dem Countach nichts anhaben.
Lamborghini Aventador LP 700-4
Von der Seite wird die Ähnlichkeit zwischen dem Urkeil und seinem fast 40 Jahre älteren Aventador deutlich.
Der Countach mit seiner fast liegenden Sitzposition begeistert noch heute, weil er für schnelles Fahren gemacht ist. Je höher das Tempo, desto williger folgt der "Oldie" den Lenkbewegungen, je höher man den unterhalb von 4000 Touren nur bedingt lustvollen Motor dreht, desto besser kann er seine Kraft in Szene setzen und gebärdet er sich auch akustisch mit wildem Timbre. Die vom Werk angegebenen 315 km/h waren damals eher prestigeorientiert als tatsächlich fahrbar. Doch den größten Spaß – damals wie heute – bereitet der Countach in schnellen Kurven, die er sehr neutral und ohne spürbare Seiteneigung frisst.
Lamborghini Aventador LP 700-4
Aventador: Seine Spitze von 350 km/h liegt jenseits aller Vernunft, ist aber ohne Schweißausbrüche realisierbar.
Der Aventador bietet ein völlig anderes Erlebnis; hier erkennt man den Fortschritt der letzten 40 Jahre vor allem in der Leichtigkeit des Fahrens, in der sportlichen Exaktheit seiner Rückmeldungen und dem schnell erwachenden Bedürfnis, ihn ganz schnell zu bewegen. Leider bewegt sich die Fähigkeit des Aventador, hohe Querbeschleunigungen aufzubauen – ohne zu murren oder zu zucken –, auf derart hohem Niveau, dass es nur auf der Rennstrecke geraten ist, seine Grenzen zu erfahren. Seine Spitze von 350 km/h liegt jenseits aller Vernunft, ist aber ohne Schweißausbrüche realisierbar. Gemessen an 40 Jahren, ist der Zuwachs in der Endgeschwindigkeit im Verhältnis zur Leistung moderat. Bei der Fahrbarkeit unterscheiden sich Aventador und Countach indes um Lichtjahre. Weitere Details zu den beiden Sportlern gibt es in der Bildergalerie.

Fazit

Der Lamborghini Countach wird immer das bleiben, was er schon in den 70ern war: ein extremer Keil, der auch heute noch futuristisch wirkt. Sein Nachfahre, der Aventador LP 700-4, variiert in vierter Generation die Grundform, die der Countach vor 40 Jahren fand.