Der X1 schaffte souverän die 100.000 Kilometer und überzeugte mit hoher Zuverlässigkeit. Also alles im grünen Bereich? Nicht ganz: Beim Bremsen auf nasser Straße hat der BMW ein Problem.
Dieser Dauertest begann mit hohen Erwartungen. Mit dem 130i steht schließlich ein BMW an der Spitze unserer Dauertest-Rangliste. Kann der X1 einen solchen Erfolg wiederholen? Mit einem Grundpreis von 31.800 Euro stand der X1 xDrive 18d zum Teststart in der Liste, doch unser Dauertestauto hatte Sonderausstattungen für knapp 20.000 Euro an Bord. Der Testwagenpreis summierte sich auf 51.625 Euro. "Regelrecht unverschämt", notierte Foto-Chef Kersten Weichbrodt erbost im Fahrtenbuch, "schließlich reden wir hier von einem braven Kompakt-SUV mit Vierzylinder-Diesel."
Der 18d mit 143 PS ist der Einstiegs-Diesel für den X1.
Wohl wahr, wobei viele der aufpreispflichtigen Extras, ungeteiltes Lob fanden. Der hilfreiche Tempomat mit Bremsfunktion für 330 Euro zum Beispiel, das riesige Panorama-Glasdach (1350 Euro), die perfekten Sportsitze (580 Euro), das helle Xenonlicht (870 Euro) und auch das großartige Surround-System von Harman/Kardon für 1190 Euro. Selbst das teure Navi "Business" für 2570 Euro bekommt noch Bestnoten für Grafik, Schnelligkeit und Bedienung. In einem anderen Punkt half die ganze Ausstattungsorgie nicht viel. Die Qualitätsanmutung empfanden viele Tester als einem BMW nicht angemessen. Die Bayern reden ja gern und viel von Premium. "Na, hier hat wohl der Rotstift regiert", meinte Redakteur Jörg Maltzan, "die Kunststoffe sehen ziemlich bescheiden aus."
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist www.dat.de.
Zum gleichen Thema gehören auch Details wie der schnell verfilzende und auch schwer zu reinigende Laderaumboden. Billig. Der Preis spielt auch beim Motor durchaus eine Rolle, der 18d ist der Einstiegs–Diesel für den X1. Kein 1,8-Liter, wie man vermuten könnte, sondern ein Zweiliter, im Testauto mit 143 PS. Den gleichen Vierzylinder liefert BMW noch in einer Version mit 177 PS, berechnet aber gleich 2900 Euro mehr, genau die wollten wir uns sparen. Für die 204-PS-Variante sind sogar 7300 Euro mehr zu überweisen. Die reinen Fahrleistungen des 143-PS-Diesels gehen in Ordnung, die Spitze liegt bei 195 km/h. Zum Testende sprintete der X1 in 10,9 Sekunden von null auf 100. Souverän, eigentlich. Doch weder die vergleichsweise zähe Leistungsentfaltung noch die ruppigen Umgangsformen des Motors bekamen ungeteilten Beifall. Kritikpunkte: Der Vierzylinder läuft rau und rappelig, ist offenbar wenig gedämmt und dazu einigermaßen spaßbefreit – für einen BMW jedenfalls. "Hier fehlt doch jeder Kick, das ist ein reiner Vernunftmotor", kritisierte Redakteur Jan Horn.Mitverantwortlich für einen solchen Eindruck sind sicherlich das Gewicht von immerhin 1,7 Tonnen und die für Turbo-Diesel typische Gedenksekunde beim Anfahren. Es dauert stets ein bisschen, bis der Lader anspringt. BMW hat inzwischen zumindest die Lärmentwicklung durch den Einsatz eines Akustikpakets (seit 8/2011) und einer Dämmmatte unter der Motorhaube (seit 9/2011) reduziert. Das Start–Stopp-System arbeitete über 100.000 Kilometer absolut zuverlässig. Allerdings startet der Diesel nach jedem Stopp ungehobelt und nervig quietschend. Mit einem Durchschnittsverbrauch von nur 7,8 Litern über die Gesamtdistanz, inklusive vieler, schneller Autobahnetappen, blieb der Zweiliter vorbildlich sparsam. Auf der Normrunde begnügt er sich sogar mit nur 6,4 Litern. Werte um die sechs Liter sind auch im Alltag ohne größere Anstrengungen realistisch.
Beim Kauf des Testwagens vor zwei Jahren lag der Einstiegspreis für den X1 bei 31.800 Euro.
Das xDrive-Allradsystem mit elektronisch gesteuerter Lamellenkupplung funktionierte für alle zivilen Einsatzzwecke bestens und sammelte im Winter besondere Sympathien. "Habe mich auf Schnee und Eis selten so sicher gefühlt wie im X1, selbst auf superglatter Fahrbahn zieht er sicher seine Spur", freute sich Layouter Martin Klug. So absolvierte der X1 die 100.000 Kilometer stoisch, blieb gelassen und unerschütterlich, mit bemerkenswert steifer Karosserie bis zuletzt. Straff ausgelegt, wie es für BMW typisch ist, mit quirligem Handling, vergnüglicher Lenkung und Schaltung. Klar, einigen Testern war die Abstimmung mal wieder zu hölzern und poltrig, aber nicht allen. Geschmacksache eben. Und mit Beladung federt der X1 auch deutlich verbindlicher. Bei Kilometerstand 86.741 bekam der BMW neue Bremsbeläge hinten, kurz vor Schluss wurden Bremsscheiben und -klötze vorn ersetzt. Das war's. Keine weiteren Reparaturen, keine ausgetauschten Verschleißteile, nichts.Der X1 wirkte bis zum Marathon-Ende robust, solide und bestens in Schuss. Ein Eindruck, der durch die Abschlussuntersuchung bestätigt wird. Aber so ganz makellos war es dann eben doch nicht: Beim Bremsen auf Nässe war der Dauertest-X1 mehrmals heftig nach rechts ausgebrochen. Darüber berichteten wir bereits im Dauertest-Zwischenbericht (AUTO BILD 3/2012). Mit unerwarteter Resonanz: Leserbriefe und E-Mails häuften sich, es war offensichtlich kein Einzelfall. BMW reagierte – eine per Software-Update verbesserte "Trockenbremsfunktion" soll Abhilfe schaffen. Bewertet haben wir den Dauertest-X1 jetzt so, als ob er wegen dieses Problems einmal in der Werkstatt gewesen wäre – so, wie es den betroffenen Kunden passiert ist. Das ergibt am Ende die Note 1–. Und das Fazit: Der X1 hat sie erfüllt – die hochgeschraubten Erwartungen. Alle Fotos zum Dauertest finden Sie oben in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel gibt's im Online-Heftarchiv als PDF-Download.
Fazit
von
Manfred Klangwald
Zeitgemäße Größe, vergnügliches Handling, sparsamer Motor. Solche Erwartungen erfüllt der X1 mühelos. Dazu kommen die hohe Zuverlässigkeit und eine überzeugende Abschluss-Untersuchung. Doch ein Problem wie das kritische Bremsverhalten bei Nässe müssen wir auch im Dauertest berücksichtigen. BMW besserte inzwischen nach, damit ist der X1 wieder eine klare Empfehlung.
Der BMW X1 im AUTO BILD-Dauertest: Wie hat sich der Bayern-SUV über die 100.000 Kilometer bewährt? Die Erwartungen waren hoch – schließlich steht der BMW 130i an der Spitze unseres Dauertest-Rankings.
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Unser Testwagen spulte die 100.000 Kilometer in gerade mal 20 Monaten ab. Die Fahrleistungen des 143-PS-Diesels gehen in Ordnung: Die Spitze liegt bei 195 km/h, von null auf 100 spurtete der X1 in 10,9 Sekunden.
Bild: Christian Bittmann
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Kurzer Zwischenstopp an der Mosel. Lange Etappen sind bei einem Verbrauch um die sieben Liter kein Problem – 800 Kilometer Reichweite pro Tankfüllung.
Bild: Jürgen Greve
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Solche Schotterpisten nimmt der X1 mühelos. Knapp 20 Zentimeter Bodenfreiheit und der xDrive-Allradantrieb garantieren souveränen Vortrieb in leichtem Gelände.
Bild: Sven Krieger
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Der Fahrerplatz ist klar gestaltet, die Instrumente sind gut ablesbar, das Lenkrad ist nicht überfrachtet.
Bild: Toni Bader
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Pia ist im Fond sicher angegurtet. Ihr Blick bleibt skeptisch – und das nicht ohne Grund: Nicht nur Kleinkinder stören sich am straff ausgelegten X1-Fahrwerk.
Bild: Sandra Heisch
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Das Ladeabteil schluckt 420 bis 1350 Liter. Die umgeklappten Sitze schaffen keine ganz ebene Ladefläche.
Bild: Toni Bader
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Geräuschschutz Fehlanzeige. Mittlerweile hat BMW nachgebessert: Seit September 2011 wird die Lärmentwicklung durch eine Dämmmatte unter der Motorhaube reduziert.
Bild: Dekra
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Am Ende unseres Dauertest wartet wie immer die Demontage und der Blick in die Innereien des Autos.
Bild: Uli Sonntag
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Alle Motorteile wirken nach 100.000 Kilometern noch produktionsfrisch. In den Laufbahnen des Zylinders ist der Kreuzschliff aus der Produktion noch voll erhalten.
Bild: Dekra
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Vorbildlich: Trotz intensiver Hohlraumsichtung mit einem Endoskop entdeckten wir keine Nachlässigkeiten beim Rostschutz.
Bild: Dekra
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Ein Abschirmblech der Abgasanlage hat ab Werk eine Einkerbung. Berührt es im Betrieb den Unterboden, können Klopfgeräusche entstehen.
Bild: Dekra
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Auch das Material der Bremsscheiben ist auf lange Haltbarkeit ausgelegt. Ein Problem hat der X1 aber beim Bremsen auf nasser Fahrbahn. BMW bietet dafür inzwischen Abhilfe an.
Bild: Uli Sonntag
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Fazit: Der X1 hat die hochgeschraubten Erwartungen erfüllt. Der Dauertest hat gezeigt: Der BMW ist ein echtes Langzeitauto. Da erscheint auch der hohe Basispreis (31.800 Euro) in einem anderen Licht.