Deutschlands Top 200, Folge 17: Wartburg 353
Mit Blaulicht zur OMMMA

—
Nach der Wende zählte der Wartburg 353 zu den großen Verlierern. Beim Ost-Mobile-Meeting in Magdeburg kam er wieder ganz groß raus.
Der Mercedes im Arbeiter- und Bauernstaat
Helmut Kohl hatte doch recht. "Blühende Landschaften", so prophezeite er 1990, würden dereinst in den neuen Bundesländern entstehen – und genau so ist es gekommen. Stellenweise jedenfalls. Wie etwa am Elbufer in Magdeburg. Auf dem Cracauer Anger, wo einst preußische Rekruten exerzierten und später die Trümmer der zerbombten Stadt deponiert wurden, erstreckt sich heute der Elbauenpark. Ganz besondere Blüten treibt er alljährlich im September. Sie sind vorwiegend aus Blech, teilweise auch aus Plasten und Elasten und ausnahmslos aus östlicher Zucht.
Denn am ersten September-Wochenende ist die OMMMA angesagt. Zum Ost-Mobile-Meeting in Magdeburg rollen die Relikte sozialistischen Automobilbaus an die Elbe – vom russischen Tschaika bis zum tschechischen Tatra. Natürlich auch viele Vertreter einer Marke, die zu den traurigsten Verlierern der Wende zählt: Wartburg. Während die herzigen Trabis auf keinem Foto der Maueröffnung fehlen durften, wurden die Wartburg im Westen kaum beachtet.
Klar, jeder wußte, daß es sie gab. Aber mit dem Namen verband man in erster Linie doch die geschichtsträchtige Burg in Eisenach. Im Osten sah man das ganz anders. Die Wartburg galt als Denkmal des frühzeitlichen Kapitalismus. Der Wartburg 353 dagegen war der Mercedes des Arbeiter- und Bauernstaats und im Vergleich mit dem Trabant fürwahr ein modernes, geräumiges und komfortables Automobil.
Denn am ersten September-Wochenende ist die OMMMA angesagt. Zum Ost-Mobile-Meeting in Magdeburg rollen die Relikte sozialistischen Automobilbaus an die Elbe – vom russischen Tschaika bis zum tschechischen Tatra. Natürlich auch viele Vertreter einer Marke, die zu den traurigsten Verlierern der Wende zählt: Wartburg. Während die herzigen Trabis auf keinem Foto der Maueröffnung fehlen durften, wurden die Wartburg im Westen kaum beachtet.
Klar, jeder wußte, daß es sie gab. Aber mit dem Namen verband man in erster Linie doch die geschichtsträchtige Burg in Eisenach. Im Osten sah man das ganz anders. Die Wartburg galt als Denkmal des frühzeitlichen Kapitalismus. Der Wartburg 353 dagegen war der Mercedes des Arbeiter- und Bauernstaats und im Vergleich mit dem Trabant fürwahr ein modernes, geräumiges und komfortables Automobil.
Vollblechkarosse für den "Ausrücke-Dienst"
Die auf einem Kastenrahmen montierte Vollblechkarosse verlieh ihm eine leidliche Stabilität – und ihr Design war bei der Premiere 1966 durchaus auf der Höhe der Zeit. "Fortschritt in Funktion", lobhudelte noch 1982 der Verkaufsprospekt des Industrieverbands Fahrzeugbau (IFA) über den vorsichtig weiterentwickelten Wartburg 353W – und das DDR-Fachblatt "Der deutsche Straßenverkehr" attestierte ihm im gleichen Jahr ein perfektes Federungsverhalten: "Selbst erheblich teurere Importwagen reichen da bestenfalls heran, besser ist keiner."
Dementsprechend fiel auch die Preisgestaltung aus: Schon die Basisversion kostete stattliche 16.950 Mark (Ost). Doch die Werktätigen ließen sich weder von den hohen Preisen noch von den langen Wartezeiten abschrecken. Wer in der DDR etwas auf sich hielt und es sich leisten konnte, fuhr Wartburg. So auch der Vater von Michael Richter (31) aus dem brandenburgischen Jagsal. Seinen ersten 353 hat der Sohn von den Eltern übernommen, im Lauf der Zeit kamen elf weitere dazu. Tendenz steigend.
Richter sammelt sie nicht nur, er fährt sie auch ständig. Aus Überzeugung, wie er sagt. "Man sitzt bequem, die Federung ist komfortabel, die Straßenlage ordentlich." Klar, daß auch die Behörden in der DDR am liebsten Wartburg fuhren. Der 353 diente der Volkspolizei als Streifenwagen, der Post zur Briefzustellung, natürlich auch der Stasi, aber das ist ja jetzt kein Thema mehr. Brandheiß im wahrsten Wortsinn dagegen ist das Prachtexemplar, das Richter zur OMMMA ausfährt: Ein 353 W mit der offiziellen Zusatzbezeichnung ELW-A, zu deutsch: "Einsatzleitwagen – Ausrückedienst".´
Dementsprechend fiel auch die Preisgestaltung aus: Schon die Basisversion kostete stattliche 16.950 Mark (Ost). Doch die Werktätigen ließen sich weder von den hohen Preisen noch von den langen Wartezeiten abschrecken. Wer in der DDR etwas auf sich hielt und es sich leisten konnte, fuhr Wartburg. So auch der Vater von Michael Richter (31) aus dem brandenburgischen Jagsal. Seinen ersten 353 hat der Sohn von den Eltern übernommen, im Lauf der Zeit kamen elf weitere dazu. Tendenz steigend.
Richter sammelt sie nicht nur, er fährt sie auch ständig. Aus Überzeugung, wie er sagt. "Man sitzt bequem, die Federung ist komfortabel, die Straßenlage ordentlich." Klar, daß auch die Behörden in der DDR am liebsten Wartburg fuhren. Der 353 diente der Volkspolizei als Streifenwagen, der Post zur Briefzustellung, natürlich auch der Stasi, aber das ist ja jetzt kein Thema mehr. Brandheiß im wahrsten Wortsinn dagegen ist das Prachtexemplar, das Richter zur OMMMA ausfährt: Ein 353 W mit der offiziellen Zusatzbezeichnung ELW-A, zu deutsch: "Einsatzleitwagen – Ausrückedienst".´
Technische Daten Wartburg 353
Acht Jahre, von 1984 bis 1992, rückte das gute Stück für die Meißener Feuerwehr aus und stand danach noch zehn Jahre im Dienst der Freiwilligen Brandbekämpfung, bevor sich Richter seiner annahm, mit aller Konsequenz. "Schließlich muß ja auch alles zusammenpassen", erklärt der Eigner und verweist nicht ohne Stolz auf seinen im Nachhinein zugekauften original DDR-Brandmeister-Ausgehanzug, die Sirene im Kofferraum und den Helm auf der Hutablage.
Auch die Grundausrüstung ist noch komplett: das vorsintflutliche Funkgerät ebenso wie der respektheischende Regulierstab in der Beifahrertür oder die Blaulichtanlage samt kläglich wimmerndem Martinshorn auf dem Dach. Stilecht geht es auch unter der Haube zu. Hier wirkt nach wie vor das Original, ein Dreizylinder-Zweitakter, dessen Ausdünstungen wie ein Hauch der alten Zeit über den Cracauer Anger wabern – und dessen pütscherndes Laufgeräusch noch heute zahlreichen OMMMA-Besuchern wie Musik in den Ohren klingt. "Das 'n Klang, wa?" frohlockt Sven (29) aus Bautzen. Seine Freundin Jasmin dagegen steht offenbar mehr auf den Duft: "Hmmm, riech mal!"
Technische Daten Reihen-Dreizylinder-Zweitakter, vorn längs eingebaut • 992 cm³ • 37 kW (50 PS) bei 4250/min • max. Drehmoment 100 Nm bei 3000/min • BVF-Fallstromvergaser • Viergang mit Freilauf • Frontantrieb • Einzelradaufhängung • Doppelquerlenker vorn, Schräglenker hinten • Scheibenbremsen vorn, Trommelbremsen hinten • Länge/Breite/Höhe 4220/1640/1495 mm • Räder 4,5 J x 13, Reifen 165 R 13 • Leergewicht 920 kg • Höchstgeschwindigkeit 135 km/h.
Auch die Grundausrüstung ist noch komplett: das vorsintflutliche Funkgerät ebenso wie der respektheischende Regulierstab in der Beifahrertür oder die Blaulichtanlage samt kläglich wimmerndem Martinshorn auf dem Dach. Stilecht geht es auch unter der Haube zu. Hier wirkt nach wie vor das Original, ein Dreizylinder-Zweitakter, dessen Ausdünstungen wie ein Hauch der alten Zeit über den Cracauer Anger wabern – und dessen pütscherndes Laufgeräusch noch heute zahlreichen OMMMA-Besuchern wie Musik in den Ohren klingt. "Das 'n Klang, wa?" frohlockt Sven (29) aus Bautzen. Seine Freundin Jasmin dagegen steht offenbar mehr auf den Duft: "Hmmm, riech mal!"
Technische Daten Reihen-Dreizylinder-Zweitakter, vorn längs eingebaut • 992 cm³ • 37 kW (50 PS) bei 4250/min • max. Drehmoment 100 Nm bei 3000/min • BVF-Fallstromvergaser • Viergang mit Freilauf • Frontantrieb • Einzelradaufhängung • Doppelquerlenker vorn, Schräglenker hinten • Scheibenbremsen vorn, Trommelbremsen hinten • Länge/Breite/Höhe 4220/1640/1495 mm • Räder 4,5 J x 13, Reifen 165 R 13 • Leergewicht 920 kg • Höchstgeschwindigkeit 135 km/h.
Service-Links