Open-air – das höchste der Fahrgefühle

Als der erste Cabrio-Fahrer der Welt, Gottlieb Daimler, 1886 erste Testfahrten mit seiner Motorkutsche riskierte, dürften ihn duftende Wiesen und rauschender Fahrtwind wenig entzückt haben. Er war sicher froh, wenn der Motor lief. Ein Plätzchen im Trockenen hätte ihn vermutlich noch glücklicher gemacht. So wie jene Chauffeure, deren Phaetons Anfang des 20. Jahrhunderts nur den Herrschaften im Fond Wetterschutz boten. Die das Personal am Steuer aber unter freiem Himmel sitzen ließen.

Kein Dach über dem Kopf und den Elementen ausgeliefert – was einst Pioniere wie Proletarier frustrierte, gilt heute als das höchste der Gefühle, jedenfalls unter Autofahrern. Jetzt demonstrieren Cabrio-Lenker, dass man als Lebenskünstler Nützliches mit dem Angenehmen zu verbinden weiß. So wie ein Manager, der sein Geld nicht in der 24. Etage eines Büroturms erackern muss. Sondern etwa als Hotel-Chef auf Hawaii.

Autofahren als Urlaub, das gönnen wir uns erst, seitdem die Vehikel so alltäglich geworden sind wie Nieselregen in Schleswig-Holstein. Auch wenn in unserer Übersicht eine Menge unvergesslicher Klassiker zusammenkommen – das Angebot war früher bescheiden. In den Zeiten der Schwarz-Weiß-Fotos galt es als Glück, überhaupt vom Fleck zu kommen. Fahrspaß schien so weit weg wie ein Karibikstrand.

Shelby Cobra mit monströsen 605 PS

Heute ist das Angebot kaum überschaubar. Neben vielen Luxusschlitten findet sich auch viel Bezahlbares – meistverkauftes Cabrio der Jahre 2002 und 2003 war der Peugeot CC. Ein alltagstauglicher Viersitzer mit dem feinen Luxus eines versenkbaren Blechdachs.

Oft konzentrieren sich Cabrios wie Autohersteller aber auf die Schönen, Reichen und Teuren. Wer hat mehr Offene im Programm als Mercedes-Benz, die heute das CLK-Cabrio, den SLK und den SL anbieten und demnächst noch den SLK 55 AMG, vielleicht sogar ein ein CLS- oder gar ein Maybach-Cabrio? Oder als BMW, die dem Z4, dem 3er- und 6er-Cabrio sowie dem Mini-Cabrio vielleicht schon bald ein 1er Cabrio an die Seiten stellen werden?

Glanz oder gar nicht, das gilt wohl als Leitsatz vieler Hersteller. Ob ein Shelby Cobra mit monströsen 605 PS, eine Corvette mit 405 PS oder ein Nissan 350Z Roadster mit 280 PS – auf Cabrio-Fahrer kommen stürmische Zeiten zu. Auch das VW-Cabrio auf Golf-Basis, das vielen Autofahrern neue Perspektiven eröffnete, soll in zwei Jahren mit zähnefletschendem Kühlergrill als BMW- oder Mercedes-Benz-Schreck über die Straßen fegen.

Es muss nicht immer Kavier sein

Da loben wir uns das Mini Cabrio, dessen Charme auch ein preiswerter 90-PS-Motor nicht beeinträchtigen kann. Ein ganz billiges Frischluft-Vergnügen ist der Kleine mit Preisen ab 18.300 Euro nicht. Aber doch deutlich eher in Reichweite als ein Aston Martin DB9 Volante für ca. 170.000 Euro.

Was soll's? Gutes Wetter kann sich auch ein Aston-Martin-Fahrer nicht kaufen. Wenn die Sonne lacht, scheint sie in einen Opel Tigra TwinTop genauso wie in einen Nissan Micra C+C. Beide sollen auch Auto-Einsteigern zu Luftsprüngen verhelfen – ohne auf den Luxus eines elektrisch versenkbaren Blechdachs zu verzichten. Gegen den Peugeot 206 CC muss doch ein Kraut gewachsen sein. Der hat ja sogar über dem Evergreen Mazda MX-5 dunkle Wolken aufziehen lassen. Sein Nachfolger erscheint 2005, wieder mit Stoffdach. Und hoffentlich auch so lebendig und verführerisch, dass sich selbst ein Gottlieb Daimler darin gern den Wind um die Nase wehen ließe.

In der Bildergalerie finden Sie weitere Cabrios, die in nächster Zeit starten – und einige, die zumeist nur noch in Museen zu bestaunen sind.