Traditionsmarken sind gefragt

Auch unter den Wolken scheint die Freiheit wohl grenzenlos zu sein: Da wird das Modell der ur-amerikanischen Marke Jeep im romantischen Österreich hergestellt. BMW dagegen, die Marke mit dem deutschen Dynamik-Image, produziert den X5 komplett in den USA. Und Mercedes ­ Inbegriff des Qualitätsautos made in Germany ­ lässt die M-Klasse sowohl in den USA (Benziner) als auch in Österreich (Diesel) bauen. Die Grenzen verschwimmen nicht nur aufgrund des Euro immer mehr. Wo deutsch draufsteht, ist längst nicht mehr deutsch drin.

Dessen ungeachtet gibt es derzeit einen Run auf Diesel-Offroader der deutschen Nobelmarken. Dabei erschrecken BMW X5 3.0d und Mercedes ML 270 CDI Kaufwillige mit über einjährigen Lieferzeiten, den Jeep Grand Cherokee 2.7 CRD mit Mercedes-Diesel bekommt man dagegen kurzfristig. Das Image ist anscheinend enorm wichtig. Für 40.000-Euro wollen die meisten schon eine Traditions-Marke. BMW, Mercedes, Jeep ­ das hat einfach einen guten Klang.

Dabei gäbe es in dieser Preisklasse auch andere starke Diesel: Toyota LandCruiser 90 D-4D, Mitsubishi Pajero 3.2 DI-D oder Isuzu Trooper 3.0 DTI beispielsweise. Doch die verkaufen sich viel schlechter. Vom Image her könnte noch ein Land Rover mithalten. Aber die Briten bieten derzeit in der Preislage keinen starken Diesel; der Discovery Td5 kommt da mit seinem 137-PS-Motor nicht mit. So bleibt es derzeit bei Jeep, Mercedes und BMW. Der neue VW Touareg 2.5 TDI (170 PS) kommt erst im Herbst.

Karosserie und Fahrwerk

Beim Vergleich der “Weltbürger³ siegt der Meredes in der Karosseriewertung mit dickem Vorsprung. Er meistert vor allem Transportaufgaben mit Abstand am besten. Der große Kofferraum lässt sich dank längs verschiebbarer Rückbank mehrfach variieren. 655 Kilo Zuladung geben viel Spielraum, dazu sitzt man nur im Fond des ML sehr gut. BMW und Jeep können da nicht mithalten.

Im X5 hat es zwar der Fahrer am besten, aber der Kofferraum ist wesentlich kleiner als der des Mercedes. Außerdem ist er wegen des abstehenden unteren Teils der horizontal geteilten Heckklappe nur mühsam zu beladen. Magere 430 Kilo Zuladung lassen den BMW noch weiter zurückfallen. Pluspunkte gibt lediglich für die in diesem Jahr auf 3500 Kilo erhöhte Anhängelast. Beim Jeep fehlt es vor allem an einer bequemen Rückbank und an längeren Sitzschienen für große Fahrer. Der Kofferraum ist dagegen anständig, die Zuladung (496 kg) ausreichend.

Beim Thema Fahrwerk und Sicherheit dominiert der BMWfast nach Belieben. BMW-Fahren macht richtig Spaß. Es grenzt an ein Wunder, wie leichtfüßig der 2255 Kilo schwere X5 schwierige Ausweichmanöver absolviert. Präzise folgt er Lenkbefehlen, gutmütig bleibt er auch bei voller Zuladung. Dazu kommen die kürzesten Bremswege (39,3 Meter). Auch Jeep und Mercedes sind sichere und dynamische Geländewagen. Aber der Mercedes will bei plötzlichen Ausweichmanövern mit seiner verhärtenden Servolenkung um die Ecke gezwungen werden. Auch bremst er (41,7 Meter) nicht so vehement wie der BMW. Da braucht auch der starrachsige Jeep länger (41,0 Meter).

Schwächen hat der Jeep vor allem aber bei der Sicherheitsausstattung. Er hat weniger Airbags, und das in Deutschland gefragte ESP gibt es bei ihm nicht. Sein Fahrverhalten wirkt agil, erfordert aber etwas fahrerisches Können im Grenzbereich, weil er vor allem mit hoher Zuladung bei abrupten Lenkmanövern zum Übersteuern neigt.

Fahrverhalten und Motor

Mit seinem Fahrverhalten verbreitet der BMW nur Freude. Sein Dreiliter-Sechszylinder agiert geschmeidig und willig. Eleganter als der 2,7-Liter-Fünfzylinder, den Mercedes für die M-Klasse baut und seit diesem Jahr auch im Grand Cherokee einsetzt. Die Automatikgetriebe schalten bei allen dreien ruckfrei, perfekt im BMW. Überdies lässt seine Steptronic manuelle Eingriffe am besten zu. Die BMW-Lenkung ist angenehmer als die teigigeren Steuer von Mercedes und Jeep.

Bei den Fahrleistungen ist der BMW den Konkurrenten überlegen. Die niedrigere Karosserie und der stärkere Motor ergeben mehr Höchstgeschwindigkeit und die bessere Beschleunigung. Mercedes und Jeep verwenden zwar den gleichen Motor und das gleiche Automatikgetriebe, der Mercedes ist aber 205 Kilo schwerer und die Aufbauten sind höher. Da fällt der ML 270 CDI bei den Fahrleistungen ab.

Auch beim Komfort dominiert der BMW. Er hat die besten Frontsitze und eine ausgezeichnete Klimatisierung. Sein Sechszylinder ist auch deutlich leiser und vibrationsärmer als die beiden Fünfzylinder. Da enttäuscht vor allem der Jeep.

Wer erwartet, dass sich der Mercedes-Diesel im Jeep Grand Cherokee wenigstens so kultiviert gebärdet wie in der M-Klasse, wird enttäuscht. Die Leistungsentfaltung ist zwar ähnlich, aber der Fünfzylinder rumort im Jeep mehr als im Mercedes und ist auch messbar lauter. Gewiss, gegenüber dem bislang verwendeten Uralt-VM-3.1-TD aus Italien zeigt der 2.7 CRD deutliche Komfort-Fortschritte, aber mit dem ML 270 CDI hält der Jeep nicht mit. Zum Motorgeräusch kommt beim Grand Cherokee noch ein rustikal wirkendes Heulen aus dem Verteilergetriebe. Auch beim Federungskomfort offenbart der Jeep Schwächen. Seine schweren Starrachsen sind zwar verblüffend gut abgestimmt, auf kurzen Unebenheiten spürt man Stöße aber deutlicher als bei Mercedes und BMW, die rundum mit Einzelradaufhängungen federn.

Geländetauglichkeit

Wenn es aber ins Gelände geht, dann trumpft der Jeep richtig auf, während der Glanz des BMW erheblich verblasst. Der Grand Cherokee fährt mit Abstand am gelassensten durch schweres Gelände. Dank seiner langen Federwege, der großen Bodenfreiheit und einer superkurzen Geländeuntersetzung kriecht er lässig über ausgefahrene Almwege und erklettert souverän steilste Anstiege. Außerdem sind seine Traktionshilfen die wirksamsten im Vergleich: Seine bislang einzigartigen automatischen Sperrdifferenziale vorn und hinten bringen die Kraft unauffällig auf die jeweils besser greifenden Räder, ganz dezent und sehr reaktionsschnell.

Da fällt auch der eigentlich recht geländetaugliche Mercedes ab. Er klettert zwar auch sehr gut, kämpft aber auf unebenem Boden wegen der schlechten Verschränkung ständig mit durchdrehenden Rädern. Als Traktionshilfe benutzt die M-Klasse nicht automatische Sperrdifferenziale wie der Jeep, sondern die Radbremsen: Durchdrehende Räder werden automatisch abgebremst, dadurch wird die Kraft auf die besser greifenden Räder umgelenkt. So bewegt sich der Mercedes zwar mit unschön knirschenden Bremsen und ruckartig durchdrehenden Rädern vorwärts, kommt aber verblüffend weit dabei.

Der BMW kann da überhaupt nicht mithalten. Sein Allradantrieb funktioniert zwar gut und hat die gleiche Schlupfregelung durch Bremseneingriff wie der Mercedes. Diese reagiert aber wesentlich zögerlicher als das Mercedes-System. Vor allem aber fehlt dem BMW eine Geländeuntersetzung. Deshalb kapituliert er an steilen Anstiegen früh. Und mit dem Rangieren von schweren Anhängern sollte man sparsam sein, um das Automatikgetriebe nicht zu ruinieren. Dazu kommen weniger Bodenfreiheit und eine weitgehend ungeschützte Unterseite.

Technische Daten

Dank 21 Mehr-PS und knapp 300 cm³ mehr Hubraum beschleunigt der BMW trotz 2.255 kg Leergewicht besser als Jeep und Mercedes. Und der Jeep schlägt den Mercedes trotz identischer Leistung und gleichem Getriebe, weil er satte vier Zentner leichter ist und eine etwas kürzere Achsübersetzung hat. Beides erleichtert den Sprint.

Bei der Zwischenbeschleunigung per Kickdown fallt auf, dass der BMW speziell zwischen 80 und 120 km/h die beiden Konkurrenten abhängt. Warum? Weil in diesem Bereich die Übersetzung des BMW-ZF-Automatikgetriebes zufällig ideal passt und der Motor damit seine Kraft voll in Vortrieb umsetzen kann.

Preise und Kosten

Wenn es um Kosten geht, gewinnt der Mercedes klar. Er hat den niedrigsten Grundpreis, den niedrigsten Verbrauch, die niedrigste Versicherungseinstufung bei Haftpflicht und Kasko und kann wegen des ab Werk attestierten Gesamtgewichts von über 2800 Kilo auf Antrag günstig nach Gewicht besteuert werden (172 Euro). Der teurere Jeep bietet dafür mehr Serienausstattung (Leder, elektrisch verstellbare Sitze), lässt sich aber nicht so individuell ausstatten wie Mercedes und vor allem BMW.

Wer Sonderwünsche hat, ist ohnehin beim teuren BMW am besten aufgehoben. Bei ihm muss man zwar Leder, elektrisch verstellbare Sitze und Automatikregelung für die Klimaanlage extra bezahlen, dafür gibt es aber auch nur bei ihm nette Spielereien wie verschiedene Holzdekors zur Auswahl, eine Lenkradheizung, eine höhenverstellbare Luftfederung rundum, eine Reifendruck-Kontrollanlage oder eine elektrische Sitzlehnenverstellung im Fond. Beim Jeep bekommt man selbst für gutes Geld keinen Bildschirm für die Satellitennavigation, kein ESP, keine Fond-Airbags, keine Xenon-Scheinwerfer.

Auch bei den jährlichen Fixkosten verliert der Jeep. Gegenüber dem in Haftpflicht und Kasko günstiger eingestuften Mercedes braucht man mit dem Grand Cherokee durchschnittlich ein 16 Prozent höheres Jahresbudget ­ allein für die Fixkosten. Der BMW ist in diesem Punkt nicht viel besser: Er ist gegenüber dem ML 270 CDI im Unterhalt um 15 Prozent teurer. Das ist auch in der fast grenzenlosen 40.000-Euro-Klasse ein Kriterium.

Fazit und Zeugnis

Fazit Drei imageträchtige Oberklasse-Offroader – und drei unterschiedliche Charaktere. Der Mercedes ist der Sieger, weil er sich nirgends echte Schwächen leistet, im Alltag am praktischsten ist und kostenmäßig am günstigsten liegt. BMW und Jeep haben ihre Stärken und Schwächen auf unterschiedlichem Terrain: Der elegante BMW ist der König der Straße, der rustikale Jeep kommt abseits des Asphalts am weitesten. Schade, dass BMW nicht mehr Geländetauglichkeit in den X5 eingebaut hat. Schade auch, dass Chrysler dem Mercedes-Diesel im Grand Cherokee kaum Feinschliff verpasst hat.

Punktewertung

Der Mercedes ist der Sieger unseres Vergleichs, dicht gefolgt vom BMW X5. Der Jeep landet etwas abgeschlagen auf dem undankbaren dritten Platz. Wer andere Akzente setzen will, rechnet einfach die entsprechende Rubrik raus und kommt zum eigenen Ergebnis.