Differenzial
Ausgleichende Gerechtigkeit

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Autos haben bis zu drei Stück davon, Motorräder jedoch keins. AUTO BILD sagt, warum das so ist und wie das Differenzial funktioniert.
Alles am Auto ist Physik. Und manchmal kommt noch Geometrie dazu. Dass die zu Schwierigkeiten führen kann, mussten die Pioniere der Motorisierung schon ziemlich bald lernen. Eines der Probleme nannte sich Kurvenfahrt.
Am eigentlichen Differenzial sind Probleme so gut wie unbekannt. Was vorkommt, sind Gewaltbrüche etwa des Korbs oder ein Abriss des großen Tellerrades durch Fehlbedienung, wie etwa ungeschickte Driftversuche. Problematisch ist Ölverlust bei Hecktrieblern, der lange unbemerkt bleibt und wegen der geringen Ölmenge dann tödlich für das Tellerrad und sein Antriebsritzel ist. Bei Fronttrieblern arbeitet das Differenzial von wenigen Ausnahmen abgesehen im Öl des Schaltgetriebes, wo Ölverlust meist früher auffällt und wegen der größeren Menge nicht sofort zur Mangelschmierung führt.
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Ölverlust verursachen vor allem defekte Wellendichtringe, die lassen sich jedoch ohne Ausbau des Ausgleichsgetriebes von außen tauschen. Pro Stück kann man inklusive Einbau mit 120 Euro rechnen, das gilt auch für Fronttriebler. Doch Obacht: Bei manchen Modellen – BMW, Mercedes – muss beim Erneuern des Dichtrings am Kardanwellenanschluss dieser mit einer neuen Spannbuchse montiert und mit einer vorgegebenen Anzugsmethode festgezogen werden. Kostenpunkt in der Werkstatt: ca. 600 bis 800 Euro. Hobbyschrauber, die meinen, auf diesen Aufwand verzichten zu können, müssen anschließend mit heulenden Geräuschen leben. Oder ein Austauschdifferenzial einbauen, das für rund 2000 Euro zu haben ist. Das empfiehlt sich auch für den unwahrscheinlichen Fall eines kompletten Zahnradsalats, wobei in diesem Fall aber oft auch Autoverwerter mit einem kompletten gebrauchten Differenzial helfen können.
Bei Pferdekutschen war das Problem nie aufgefallen, erst die Antriebsachsen der ersten Autos wiesen rubbelnd und radierend darauf hin: In Kurven legen die Räder einer Achse unterschiedlich lange Wege zurück. Das kurvenäußere einen längeren als das -innere. Sind beide starr miteinander verbunden, führt das zwangsläufig zum Klemmen in der Kurve und hohem Profilverlust an den Reifen. Ganz Schlaue sagten sich deshalb: Treiben wir eben nur eines der Räder an. Funktionierte aber auf den damals üblicherweise ungeteerten Straßen nicht so wirklich. Andere setzten aus diesem Grund auf Dreiräder, mit einem einzelnen Antriebsrad. Der Morgan Threewheeler ist so ein Beispiel. Die Mehrzahl der Konstrukteure sah allerdings ein, dass es nicht ohne ein spezielles, kostspieliges Getriebe zwischen den Rädern gehen würde, das die Weg- und damit Drehzahlunterschiede zwischen den Antriebsrädern ausgleichen konnte – das Ausgleichsgetriebe. Wirklich neu war die Erfindung nicht, bereits Leonardo da Vinci (1452 - 1519) hatte sich Gedanken über diese damals eigentlich noch nicht vorhandene Problematik gemacht und ein Räder-Umlaufgetriebe ersonnen, mit dem sich die Drehzahl-Differenzen ausgleichen ließen.

Hier sieht man ein selbstsperrendes Mittendifferenzial eines Audi RS 7 Sportback.
Bild: Audi

Es gibt auch elektrisch zuschaltbare Differenzialsperren, wie beispielsweise beim Mercedes G 350 d.
Bild: Mercedes-Benz
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