Lassen Sie uns mal über etwas anderes reden als über CO2, Feinstaub und Benzinpreise. Der Kopf mag Bluemotion oder Bluetec kaufen, aber der Bauch hat's lieber etwas emotionaler – deshalb wird jetzt nicht Wasser gepredigt, sondern Wein getrunken. Der Quattroporte wäre in diesem Trio bis vor Kurzem noch fehl am Platz gewesen. Was am viertürigen Maserati bisher genervt hat, war das gewöhnungsbedürftige Cambiocorsa-Getriebe. Wer das Räderwerk über Lenkradwippen mit den Zeigefingern bediente, kam mit der Knall-Auf-Fall-Ruppigkeit einigermaßen klar. Doch im Automatik-Modus, der viel besser zum Charakter einer Sportlimousine passt, sorgten die verzögerten Nickbewegungen beim Hochschalten für Unmut und Unbehagen. Das ist jetzt vorbei. Im Quattroporte Automatic tut eine klassische Sechsstufen-Automatik von ZF Dienst, die direkt mit dem Motor verblockt ist – arrivederci, Transaxle. Trotzdem ändert sich die Achslastverteilung nur minimal von 47:53 zu 49:51 Prozent. Aus Kostengründen muss die Automatikversion leider auf die Trockensumpfschmierung verzichten. Das mag im Alltag kein Beinbruch sein, ist aber ein klarer Rückschritt in Sachen Legendenbildung.

Das Herz schlägt italienisch, auch im Audi S8

Wie im Lamborghini Gallardo, der inzwischen 520 PS mobilisiert, steckt im A8 ein V10. Audi spendiert stattliche 5,2 Liter Hubraum und moderne Direkteinspritzung. Das Resultat sind 450 PS und ein maximales Drehmoment von 540 Newtonmetern – 30 Nm mehr als im Lambo. Der dritte Vertreter in diesem illustren Hochdrehzahl-Bund ist der 6,2-Liter-V8 des S 63 AMG. Der bullige Vierventiler mobilisiert 525 PS und droht mit seinen 630 Nm Zöpfe in die Antriebswellen zu flechten. Im Gegensatz zum noch stärkeren S 65 AMG vertraut der Sauger bei der Kraftübertragung auf eine Siebenstufen-Automatik.

Budgetsprenger, Herzensbrecher, Tarnkappenracer – alles dabei

Sport und Luxus: Audi S8, Maserati Quattroporte und Mercedes S 63 AMG.
Sport und Luxus: Audi S8, Maserati Quattroporte und Mercedes S 63 AMG.
Während bei Mercedes und Audi die Schaltpaddel am Lenkrad im Preis enthalten sind, kostet die Fingerübung bei Maserati Aufpreis. Auf den ersten Blick scheint es gar nicht so einfach, einen gemeinsamen Nenner für diese drei Musketiere zu finden. Der Mercedes ist Sprintsieger (0–100 km/h in 4,6 Sekunden) und Budgetsprenger (130.543 Euro). Der Maserati ist Ausstattungsmeister (vor allem als Executive für 124.610 Euro) und Herzensbrecher (fragen Sie unbeteiligte Passanten). Der Audi ist Traktionskönig (quattro sei Dank) und Tarnkappenracer (Understatement pur). Wie passen diese drei konträren Charaktere unter einen Hut? Antwort: viel besser als erwartet. Im wirklichen Leben ist man nämlich mit 400 PS kaum weniger souverän unterwegs als mit 525 PS, und die Sekunde, die bei der Beschleunigung von null auf 100 km/h zwischen dem schnellsten und dem langsamsten Straßenfeger liegt, die gilt es bei niedrigen Reibwerten erst einmal von der Theorie in die Praxis herüber zu retten.
Dieses Problem bringt das Dilemma des S 63 AMG auf den Punkt. Der über zwei Tonnen schwere Silberkeil geht zwar höllisch voran, aber die Straße sollte trocken sein und nicht zu kurvig. Sobald Gefahr im Verzug ist, greift das ESP ein und stellt in einer Schnarr- und Blink-Aktion kurzerhand 200 oder 300 PS kalt. Klar, ESP kann man abschalten. Doch die Konsequenz daraus schreckt nicht nur den Gegenverkehr, sondern selbst hartgesottene Lenkradartisten. Warum? Weil der S 63 dann so quer treibt wie Alonso auf dem Weg zum Titel, und weil es weltmeisterlicher Reflexe bedarf, um den Drift ohne Kaltverformung durchzuziehen. Im Gegensatz zum kopflastigen Benz bleibt der Maserati in mittelschnellen Kurven länger neutral – doch wenn er kommt, dann kommt er mit der großen Geste des heißblütigen Südländers. Schuld daran hat die Skyhook-Aufhängung, deren elektronische Dämpferregelung deutlich mehr Wank- und Rollbewegungen zulässt als das ABC-Fahrwerk des Mercedes oder die Luftfederung des Audi.

Große Gesten, cooles Zuhause, vertrauensbringende Maßnahmen

Vorsicht vor dem Heck: Wenn der Quattroporte kommt, dann plötztlich.
Vorsicht vor dem Heck: Wenn der Quattroporte kommt, dann plötztlich.
In schnellen Kurven wirklich schnell sein, das fordert in der S-Klasse und im Quattroporte mehr fahrerischen Einsatz als im S8. Alle drei Autos wollen auf Zug bewegt werden, und alle drei mögen weder späte Lastwechsel noch abrupte Kurskorrekturen. Weil am Limit generell Untersteuern angesagt ist, sind zu frühes Beschleunigen und zu große Lenkwinkel Gift für die Linie. In engen Kurven dominiert der Frust. Die extremen Vorderachslasten lassen sich nämlich nur mit Mühe und Bedacht ums Eck wuchten, und wenn endlich die Richtung stimmt, dann hapert's an der Traktion – Ausnahme S8. Der S 63 ist eine Art Cayenne Turbo S im Limousinen-Dress. Er zeigt, was machbar ist, fährt sich aber über Gewicht und Verbrauch teilweise selbst ad absurdum. Der identisch motorisierte E 63 AMG kostet 30.000 Euro weniger und ist fahrdynamisch mindestens ebenbürtig. Die S-Klasse besticht in diesem Vergleich vor allem durch den hohen Fahrkomfort. Der Audi ist einfach nur hart, der Maserati ist etwas zu weich gefedert und etwas zu straff gedämpft. Wir würden den Quattroporte als Sport GT nehmen, denn diese Variante ist eindeutiger abgestimmt, bringt 20-Zoll-Gummis zum Einsatz und besitzt große, gelochte Bremsscheiben. Die geänderte Gewichtsverteilung und eine neue Servopumpe haben die Lenkung um die Mittellage gelassener gemacht. Unverändert ausgeprägt sind die Aufbaubewegungen auf schlechter Straße, wo seitliche Anregungen der Stabilität nichts Gutes tun. Der Mercedes bremst mit seinen neuen Doppelfaustsätteln und mit den fetten Verbundscheiben, als ob Gewicht und Geschwindigkeit sich gegenseitig aufheben würden. Die Lenkung spricht, anders als früher, hochsensibel an und liefert in allen Lagen direkten Fahrbahnkontakt.
Mehr Luxus als Sport: der Mercedes-Benz S 63 AMG.
Mehr Luxus als Sport: der Mercedes-Benz S 63 AMG.
Im Audi ist Geschwindigkeit keine Hexerei. Dem Handling fehlt es zwar vor allem bei Nässe an Eindeutigkeit, doch quattro ist als vertrauensbildende Maßnahme bei widrigen Bedingungen durch nichts zu ersetzen. Gut mit dem kompromisslosen Fahrwerk harmoniert das spontan-lineare Ansprechverhalten von Lenkung und Bremse. Die Zeiten, als sich Quattroporte-Fahrer für ihre Wahl rechtfertigen mussten, sind definitiv vorbei. Die Automatik bietet deutlich mehr Komfort – bei hoffentlich geringerem Wertverlust. Der Mercedes kann viel, aber er ist selbst als AMG-Variante mehr Luxus als Sport, mehr Status als Spaß, mehr Autobahnexpress als Kurvenkünstler. Der S8 von Audi ist ein cooles Zuhause für einen charismatischen Motor. Klar – übersteuern fällt ihm schwer. Aber als Gesamtkunstwerk trifft er Kopfmenschen und Bauchmenschen gleichermaßen mitten ins Herz.

Fazit von AUTO BILD-Autor Georg Kacher

Endlich hat der Quattroporte das Getriebe, das er von Anfang an verdient gehabt hätte. Die neue Automatik macht den Maserati zur echten Alternative in der Luxusklasse. Der Mercedes S 63 AMG ist eine mit Technik vollgepackte Fahrmaschine im XXL-Format, die allerdings bei Nässe vor Kraft kaum laufen kann. Für Emotion sorgt im Audi S8 nicht der wenig spektakuläre Allradantrieb, sondern vor allem die V10-Big-Band.

Von

Georg Kacher