Seit einigen Wochen hat sich in die Mittagspause von Heiko Walbröhl eine neue Routine eingeschlichen. Der Fahrer bei der Spedition Mosolf steuert im Düsseldorfer Hafen erst mal eine 350-kW-Ladestation an und verbindet das dicke Kabel mit seinem Autotransporter, bevor er sein Pausenbrot auspackt.
Der 27-Jährige ist schon jetzt so etwas wie der Trucker der Zukunft: Er fährt einen rein elektrischen, lokal emissionsfreien 40-Tonner. Jeden Tag. Problemlos. Zugegeben: Walbröhls Strecke ist noch überschaubar bei diesem vom Bund unterstützten Pilotprojekt: vom Mercedes-Werk im Norden der Stadt rund zehn Kilometer in den Binnenhafen. Dort werden die in Düsseldorf seit 2019 gebauten eSprinter auf Binnenschiffe verladen und in alle Welt exportiert. Rund 26.000 Stück jährlich.
ModernerArbeitsplatz: der Speditionsfahrer Heiko Walbröhl im elektrischen 36-Tonner, der drei eSprinter transportiert.
Bild: Hauke Schrieber / AUTO BILD

"Der E-Truck fährt sich wie eine ganz normale Zugmaschine", sagt der junge Lkw-Fahrer. "Aber leiser und mit weniger Vibrationen. Nur an das Pedal für die Rekuperation musste ich mich gewöhnen." Denn anders als im E-Pkw wird hier die Energierückgewinnung mit dem linken Fuß reguliert.
Der Truck ist ein Volvo, umgerüstet auf E-Antrieb von der Firma Designwerk. Leistung: 680 PS, Akku: 340 kWh, Reichweite bis 280 km. Verbrauch: 125 kWh/100 km.

Mercedes mischt mit bald mit dem eActros 600 mit

Eigentlich ist Mercedes-Benz Partner des Projekts. Doch als es Anfang 2021 startete, war Mercedes noch nicht so weit, erklärt Egon Christ, bei Mosolf für die alternativen Antriebe zuständig. Bald ist das anders. Mit dem eActros 600 bringt Daimler Truck eine Zugmaschine auf den Markt, die sehr weit kommt und sehr schnell lädt. Strom tanken mit einer Ladeleistung von 1000 kW (ein Megawatt) – damit sind auch Akkus von mehr als 600 kWh in Minuten wieder zu 80 Prozent voll.
Der eActros 600 von Daimler soll der Durchbruch werden.
Bild: Mercedes

Mosolf-Manager Christ nennt einen weiteren Vorteil der elektrifizierten Version: Auf den Autotransporter passen nun drei statt wie zuvor nur zwei Sprinter. Aus 11.700 Fahrten werden so nur noch 8600. Das bedeutet auch: weniger Verkehr und weniger Lärm.
NRW-Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) erklärte bei der Einweihung von Mosolfs (noch kleiner) E-Truck-Flotte: "Die Logistik ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Aber 20 Prozent der Emissionen auf der Straße kommen vom Güterverkehr. Darum ist die Dekarbonisierung dieser Industrie so wichtig."
Er meint damit nicht nur die Straße. Die Schiffe, die die eSprinter von Düsseldorf aus nach Rotterdam bringen, erledigen dies heute oft schon mit Hybridantrieb.

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Eines vorweg: Bei nachhaltigem Warentransport führt natürlich kein Weg an der Schiene vorbei. Doch weil Güterzüge allein nicht den gesamten Frachtverkehr bewältigen können, sind lokal CO2-freie Lkw dringend notwendig. Technologien wie Lkw-Spuren auf Autobahnen mit Oberleitungen für die Stromversorgung, wie sie bereits bei uns getestet werden, sind teuer und ineffektiv. Durchbrüche bei der Akkutechnik und der Ladeleistung werden dafür sorgen, dass sich Lkw mit Wasserstoff und Brennstoffzelle mittelfristig nicht durchsetzen werden.