Drei Wege, ein Ziel – die große Freiheit

Erinnern Sie noch den guten alten "VW-Camping-Wagen"? Ja, so hieß der olle Bulli tatsächlich ganz offiziell, als er vor 54 Jahren von Westfalia mit Sperrholzmöbeln bestückt wurde. Vom kleinen Hubdach über schwenkbaren Eßtisch, Spüle mit Anrichte, 30-Watt-Deckenleuchte bis hin zur "Isolierbox mit Eisschale" (für Trockeneis!) war alles zu haben, was VW-Vagabunden vom einfachen Zeltvolk trennte. Der Campingbus, wie er später genannt wurde, entwickelte sich zum Traum aller Weltreisenden.

Die Zeiten ändern sich. Westfalia gehört jetzt zu DaimlerChrysler, den VW Campingbus gibt es aber immer noch. Nun ist die fünfte Generation herangewachsen. Sie heißt California, wird bei VW Hannover umgebaut und hat mächtig Konkurrenz bekommen. Ein Gegner heißt Marco Polo, er trägt als Unterkleid den Mercedes Viano. Und dann gibt es da noch Reimo. Die kleine Manufaktur haben wir stellvertretend für Individual-Ausbauer ausgewählt.

Reimos Sirius City Van basiert auf dem VW T5. Der Egelsbacher Hersteller bietet aber auch Ausbau-Sets an für Volkswagen T4 und LT sowie deren namhafte Konkurrenten.

Drei Wege (Westfalia-, VW und Individual-Ausbau) führen zum gleichen Ziel: dank Aufstelldach jeweils bis zu vier Personen ein Hotel auf Rädern zu bieten. Doch welches bekommt die meisten Sterne?

Im Überblick: Alles über Wohnmobile

Schlafen und wohnen: Hier kann es umstandshalber nur ein Sternchen geben. Auf so kleiner Grundfläche sind bestenfalls zwei Personen gut aufgehoben, Kinder werden geduldet. Denn spätestens bei Schlechtwetter treten sich vier Erwachsene auf die Zehen. Schlafplatz für vier ist allerdings da: Oben im Aufstelldach messen die Betten zwischen 1,90/2,00 Meter in der Länge und 1,10/1,20 Meter in der Breite. Unten erwarten die Gäste 1,93 bis 2,01 Meter in der Länge und 1,15 bis 1,34 Meter in der Breite. Als einziger aber bietet der California oben einen komfortablen Lattenrost unter der Schaumstoffmatratze an. Betten-Stern für VW.

Aufstehen und frühstücken: Das Büfett läßt sich am bequemsten im Mercedes und VW anrichten. Sie besitzen brauchbare Kühlboxen (40 Liter), zweiflammige Gaskocher und recht große Spülen. Beim Reimo ist alles kleiner – aber der Sirius nennt sich ja auch City Van, will Notbett sein, wenn alle Hotels mal belegt sind. Küchen-Stern: Doppelsieg für Mercedes-Benz und Volkswagen.

Einpacken und starten: Die Abendgarderobe kann keiner verstauen, die Schränke besitzen gerade mal Jackett-Format. Unter den Rücksitzen und im Heck verbleibt aber genug Platz für Getränke und Gepäck. Sehr praktisch: Der "Eßtisch" verschwindet bei Mercedes und VW in der Schiebetür, bei Reimo in einer Hülle hinter dem Rücksitz. Bonus für VW, die setzen noch eins drauf: Zwei Campingstühle stecken in der Verkleidung der Heckklappe. Der Nutzwert-Stern geht an alle.

Rollen und reisen: Schon auf den ersten Blick wird klar: Die drei sind eigentlich nur Zweisitzer. Die Rückbank, weil auch Schlafbank, ist deshalb wenig ausgeformt. Bitte der Fondinsassen: Spendiert hinten zumindest Haltegriffe, damit läßt sich die Rutschgefahr etwas bremsen.

Starke Dieselmotoren für alle drei

Bei den drei Reisewagen steckten natürlich Diesel unter der Haube. Im Mercedes ein 2,2-Liter mit 110 kW/150 PS (der Basismotor leistet 80 kW/109 PS), der in Verbindung mit einer Automatik (plus 1960 Euro) zwar recht temperamentvoll, dafür aber auch durstig ist. Auf 11,1 Liter pendelte sich unser Verbrauch ein. Der Marco Polo besitzt Hinterradantrieb, was die Traktion bei voller Zuladung verbessert.

Der VW California kam mit dem Basis-Dieselmotor (77 kW/105 PS) daher. Ein etwas schlapper Auftritt. An langen Autobahnsteigungen muß der vollbesetzte Wagen schon mal in den dritten Gang runtergeschaltet werden. Der Verbrauch des also oft mit Bleifuß bedachten 1,9-Liters: 8,5 Liter auf 100 Kilometer.

Genausowenig nahm der Reimo Sirius City Van, dafür verwöhnt dessen drehmomentstarker 2,5-Liter (plus 2239 Euro inkl. Sechsganggetriebe) den Fahrer mit 96 kW/130 PS. Er ist die ausgeglichenste Kombination in diesem Vergleich, klarer Stern für Reimo.

Fazit und technische Daten

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Diether Rodatz Am Ende zählen die Sterntaler. 37.862 Euro kostet der einfachste Mercedes Viano Marco Polo (Diesel, 109 PS, Sechsganggetriebe). Dank Heckantrieb empfiehlt er sich deshalb für Reisende mit viel Gepäck, die vielleicht sogar noch einen Anhänger ziehen wollen. Der VW-California-Grundpreis (Trendline Diesel, 105 PS, Fünfganggetriebe) liegt bei 39.620 Euro. Dank langjähriger Campingbus- und California-Tradition ist hoher Werterhalt garantiert.

Reimo (erste Ausbaustufe ab 33.760 Euro) hat den Vorteil des individuellen Ausbaus. Jeder kann selbst entscheiden, was er braucht, und später nachkaufen, was er womöglich doch vermißt. Wer sich auf Anhieb nicht entscheiden kann: Viele freie Vermieter bieten Wohnmobile an. So kann man die Modelle erst mal in Ruhe prüfen, bevor man sich auf Jahre bindet. Wie im richtigen (Camper-)Leben.

Technische Daten/Ausstattung VW T5 California Nur Dieselmotoren (von 105 PS bis 174 PS) lieferbar • Frontantrieb oder Allradantrieb 4Motion • ab 130 PS Sechsganggetriebe, auf Wunsch Sechsstufenautomatik • Klimaanlage • elektrohydraulisches Dach mit Lattenrost-Bett • 42-Liter-Kompressor-Kühlbox • je 30-Liter-Frisch- und -Abwassertanks • 2,8 kg Campinggas • Doppelverglasung 360 Euro • Markise 510 Euro • Länge/Breite/Höhe 4890/1904/1990 mm

Technische Daten/Ausstattung VW T5 Reimo Sirius City Van Ab Diesel-Basismodell (85 PS) alle T5 umbaubar • Frontantrieb oder Allradantrieb 4Motion • Diesel mit 96 kW/130 PS 3057 Euro • Klimaanlage 1346 Euro • Aufstelldach inkl. Bett 3155 Euro • Hochdach inkl. Bett 3948 Euro • Möbelzeile inkl. 26-Liter-Kompressor-Kühlbox 793 Euro • je 13-Liter-Frisch- und Abwassertanks • Gaskartuschenkocher 101 Euro • Lederausstattung 2878 Euro • Solaranlage 887 Euro • Länge/ Breite/Höhe 4890/1904/1990 mm

Technische Daten/Ausstattung Mercedes Viano Marco Polo Zwei Dieselmotoren (109 PS und 150 PS) sowie zwei Benziner (190 PS und 218 PS) lieferbar • Hinterradantrieb • Diesel mit Sechsgang-Schaltgetriebe; Automatik gegen Aufpreis • Benziner mit Automatik • Klimaanlage • elektrohydraulisches Dach 1270 Euro • Dachbett 522 Euro• 40-Liter-Kompressor-Kühlbox • 36-Liter-Frischwasser-, 32-Liter-Abwassertank • 2,8 kg Campinggas • Länge/Breite/Höhe 4993/1901/1980 mm