DIN 50 900 – Rost hat eine Norm

Eine Geschichte über Rost? Wozu das denn, neue Autos rosten doch nicht mehr... Von wegen! Wir brauchen uns nur an den Dauertest des Opel Astra A zu erinnern (Heft 30/94): Nach nur knapp zwei Jahren blühte der Rost an allen Ecken. Damaliger Kommentar von Opel: "Das ist nur kosmetischer Rost und hat keinen Einfluss auf die Haltbarkeit."

Doch auch die teure Marke mit dem Stern hatte vor zwei Jahren ein Rostproblem: Die Türrahmen der Mercedes E-Klasse (W 210) gammelten schon ab Werk. Kein Resultat mangelnder Pflege, sondern fehlerhafte Fertigungstechnik. Aber wie entsteht Rost? Fachleute sprechen von Korrosion, einer nach DIN 50 900 "unbeabsichtigten Zerstörung eines Werkstücks durch chemische oder elektrochemische Vorgänge".

In der Luft befindliche Salze (Abgase) bilden zusammen mit dem allgegenwärtigen Wasser Säuren, und diese greifen das ungeschützte Blech an. Autos rosten in der Regel von innen nach außen. Das liegt an den vielen schlecht belüfteten Hohlräumen, in denen sich Kondenswasser sammelt. Entstehen Blasen auf dem Lack, ist es schon zu spät, dann hat der Rost seinen Weg durchs Blech bereits gefunden. Dagegen hilft eine vorbeugende Hohlraumkonservierung.

Konservieren – aber mit System

Am besten schützen Hohlraumkonservierungen auf Wachsbasis. Mit hohem Druck eingeblasen, spritzt das Wachs in die entlegensten Ecken und bildet dort eine elastische Schutzschicht. Aber: Anschließend unbedingt die Ablaufbohrungen der Hohlräume frei stochern, damit Kondenswasser ablaufen kann. Der zweithäufigste Rostherd ist alter, verwitterter Unterbodenschutz.

Darin bilden sich feine Risse, die bis aufs Blech reichen – Wasser, womöglich mit Streusalz gemischt, dringt ein und kann jahrelang unbemerkt am Blech nagen. Irgendwann kommt dann der TÜV-Prüfer mit dem Hämmerchen und klopft ins Leere – weil hinter dem bröckeligen U-Schutz nur noch Blechkrümel stecken. Weniger dramatisch ist Rost an den höher gelegenen Karosserie-Partien, an Kanten, Ecken und Falzen.

Musterbeispiele dazu gibt es von VW, deren Busse seit eh und je zwischen den großen Blechtafeln der Seitenteile rosten. Die Reparatur dieser Stelle gehört allerdings zu den schwierigsten Arbeiten, weil es nahezu unmöglich ist, in die Tiefe des Spalts zu kommen. Am vielversprechendsten ist Rostumwandler, der den Korrosionsvorgang zumindest verlangsamt.

Fahrwerksteile – heimliche Roststellen

Doch bei Durchrostungen sind solche Mittel fehl am Platz. Zwar dürfen nicht tragende Teile wie Türen, Kotflügel und Klappen auch mit Spachtel oder Glasfasermatten geflickt werden, aber auf Dauer hilft nur das Schweißgerät. Wichtig: Das kranke Metall großflächig bis ins gesunde Blech herausschneiden und eine gute Basis schaffen, um das Reparaturblech einschweißen zu können.

Bei tragenden Teilen – dazu gehören alle Bleche, die mit der eigentlichen Karosserie verschweißt sind – versteht sich sorgfältigstes Arbeiten von selbst. Schließlich kann es um das eigene Leben gehen. Was aber weniger bekannt ist: Elemente des Fahrwerks, also Achsen, Querlenker, Federbeine, dürfen auf keinen Fall geschweißt werden. Wegen der dabei entstehenden Gefügeveränderungen im Metall droht akute Bruchgefahr – und dann wird’s kriminell. Hier muss also ausgetauscht werden.

Übrigens ist Rost am Fahrwerk auch heute noch ein Thema. Denn im Gegensatz zu vielen Karosserien sind die Achsen nicht verzinkt. Also rosten neue Autos heute immer noch. Nur nicht mehr so schnell.

Rostgefahr – und was sich tun lässt

Verborgener Rost kann das Leben kosten Die DEKRA wollte wissen, wie ein Ford Fiesta aus dem Baujahr 85 beim Crash gegen seinen aktuellen Bruder abschneidet. Der Oldie hatte vor einem halben Jahr die Hauptuntersuchung erfolgreich absolviert, trotzdem waren die Schweller – von außen nicht sichtbar – schon stark angegriffen. Beim Offset-Crash, bei dem die Fahrzeuge mit Tempo 55 und um 50 Prozent versetzt zusammenkrachen, klappte die Karosserie des alten Fiesta zusammen.

Die Schweller knickten wie Streichhölzer, konnten keine Aufprallenergie mehr aufnehmen. Das linke Vorderrad fand sich nach dem Crash unter dem Fahrersitz wieder, das Lenkrad bohrte sich dem Fahrerdummy ins Gesicht. Hätte ein Mensch am Steuer gesessen, wäre der Unfall sehr wahrscheinlich tragisch ausgegangen – ein Grund mehr, bei Rostreparaturen nicht zu pfuschen.

Rostvorsorge selbst gemacht Schönheit kommt von innen – der Rost meistens auch. Deshalb ist eine akkurate Hohlraumversiegelung das wirksamste Mittel gegen Korrosion. Sprühdosen sind für den Heimwerker durchaus brauchbar, doch besseren und langfristigen Erfolg verspricht die Hohlraumversiegelung vom Profi, wie sie viele Karosseriebauer (Branchenbuch) zu Preisen ab 300 Euro anbieten.