Ein Becher Kaffee, ein Glas Saft, zwei Brötchen. Mein Frühstück macht sich bemerkbar. Stunden nachdem ich es gegessen und eigentlich vergessen hatte, rumort die Mahlzeit in meinem Magen. An der roten Marmelade liegt es nicht. Eher an der grünen Hölle. Als Brötchen-Beschleuniger dient gerade der stärkste Serien-Opel aller Zeiten: der Insignia OPC. Er hat 325 PS, Turbo, Allradantrieb – und die Power, mit meinem Bauch Karussell zu fahren. Und da sind sie, die rüttelnden Betonplatten der Steilkurve, ratt-tatt-tatt – und wieder raus. "Letzte Abstimmungsfahrten" nennt Opel die Achterbahnrunden auf der Nürburgring-Nordschleife. Am Steuer sitzt Opel-Pressechef Frank Klaas, Ex-Langstreckenpilot und Ringkenner. Ein Mann, der geschliffen-diplomatische Formulierungen beherrscht – aber danach steht mir gerade nicht der Sinn.

Der Insignia bleibt auch auf der Rennstrecke überraschend stur in der Spur

Vorhin, beim Anflug auf die Aremberg-Kurve, hat die Brembo-Bremse bei mir bereits einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Klaas hatte den Insignia brutal zusammengestaucht – doch von Unruhe im Auto keine Spur. Kein Taumeln, kein Fading. "Wir haben mit der neuen Bremsanlage einen Riesenschritt gemacht", vermittelt Klaas jene Sicherheit, die es braucht, Vollgas mitten in der Kurve zu ertragen. Der Insignia bleibt stets überraschend stur in der Spur. Vier angetriebene Räder eben – gleich dem S4, der sich als Maßstab in dieser Klasse aufdrängt. Wie beim Audi wird die Kraft des Insignia OPC variabel zwischen Vorder- und Hinterachse verteilt. Leistung, die sich in blauen Rauch auflöst, kennt dieser Opel nicht. Das Besondere: Das Drehmoment wird nicht nur zwischen den Achsen aufgeteilt, sondern auch zwischen den Hinterrädern. Ein Prinzip, das Audi und BMW ebenfalls erfolgreich nutzen.

Opel denkt über die Heraufsetzung der Höchstgeschwindigkeit nach

In sechs Sekunden soll der Opel von null auf 100 km/h sprinten, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h abgeregelt. Mit seiner Power könnte er 275 km/h rennen, und bei Opel reden sie gern über Pläne, die Begrenzung aufzuheben, sofern man extra zahlt und ein spezielles Fahrsicherheitstraining gebucht hat. Aber das ist Zukunftsmusik. Im Kurvengeschlängel der Rennstrecke zählt nur die Ideallinie, um schnell unterwegs zu sein. Und wir sind schnell – dank der im Vergleich zum Insignia Sport nochmals um zehn Millimeter tiefergelegten Karosserie und dem adaptiven Fahrwerk "Flex-Ride", das per Knopfdruck in die Programme "Komfort", "Sport" und "OPC" wechselt. Leider halten die schön anzusehenden Schalensitze nicht das, was ich von ihnen erwartet habe. Sie bieten viel Komfort, aber zu wenig Seitenhalt. Etwas mehr Feinschliff würde auch der Motorklang gut vertragen.
Zwar höre ich den 2,8 Liter großen V-Sechszylinder auch unter meinem eng anliegenden Helm noch laut und deutlich, aber sportlich klingt irgendwie anders. Wir sind ja nicht bei den Chorknaben – mit 325 PS. Am Ende des Vormittags gönnen wir uns und unserem schwarzen Testwagen eine kleine Pause. Ich stelle fest: Der Insignia OPC hat Appetit auf mehr gemacht. Ab Herbst können die Opel-Fans ihren Leistungshunger stillen, denn dann soll der Über-Insignia für runde 43.000 Euro zu haben sein. Als Kombi wird er noch etwas teurer. Aber in dieser Version erhält sein neuer Name auch den korrekten Klang: Sports Tourer.
Technische Daten Opel Insignia OPC V6, Turbo, vorn quer • vier Ventile pro Zylinder • Hubraum 2792 cm³ • Leistung 239 kW (325 PS) bei 5250 1/min • maximales Drehmoment 435 Nm bei 5250 1/min • variabler Allradantrieb • Sechsganggetriebe • Reifen 245/40 ZR 19 • Länge/Breite/Höhe 4830/2084/1498 mm • Spitze 250 km/h (abgeregelt) • 0–100 km/h 6,0 s • Verbrauch EU-Mix/CO2-Ausstoß: noch keine Angabe • Tankinhalt 70 Liter • Preis 43.000 Euro.

Fazit

von

Lars Zühlke
Wenn ein Insignia Opels neue Ambitionen zeigt, dann dieser: Mit dem 325 PS starken OPC bläst Opel mitten in der dicksten Krise zum Angriff auf Nobel-Renner wie Audi S4 oder BMW 335i. Passt nicht in die Zeit? Mag sein, aber Technik und Dampf des Topmodells verdienen Respekt. Fest steht: 43.000 Euro sind eine Kampfansage an die Etablierten.

Von

Lars Zühlke