100 Fahrer kamen zum Nordschleifen-Lehrgang der Motorsport Akademie. autobild.de war dabei – und lernte das "ESP im Kopf" schätzen.
Ausgedehnte Wälder in hügeliger Landschaft, klare Luft, hin und wieder eine 200-Seelen-Gemeinde am Wegesrand. Ach, es könnte so beschaulich sein in der Eifel, irgendwo am westlichen Rand der Republik. Doch seit dem 18. Juni 1927 ist diese Idylle nachhaltig gestört – von einem 20,8 Kilometer langen Rundkurs mit etwa 300 Metern Höhenunterschied, 33 Links- und 40 Rechtskurven. Hier werden schnelle Autos zu Sportwagen, Rennfahrer zu Legenden, hier wird Übermut zur Kaltverformung. Und hier, angesichts der Nordschleife, pocht das Herz der Vollgas-Fraktion immer noch einen Tick schneller.
7.30 Uhr morgens: Startaufstellung auf der Döttinger Höhe. Fast 100 Teilnehmer sind mit ihren eigenen Autos zum Ring gekommen und fiebern der Fahrt auf der Achterbahn aus Asphalt und Leitplanken entgegen. Sie alle sind Teilnehmer eines Fahrerlehrgangs der Motorsport-Akademie Nürburgring, wollen hier Erfahrungen sammeln und die nationale A-Lizenz erwerben. Ich mittendrin mit einem OpelVectraOPC – unter den ganzen Porsche und Exoten wie Lotus Elise oder Lamborghini Gallardo der Kurven-Wolf im Limousinen-Pelz. Was mich hier bremsen wird, sind aber nicht die 255 PS des Opel, sondern vielmehr die mahnenden Worte der Instruktoren aus dem Theorie-Unterricht vom Vortag.
Wenn man den Nordschleifen-Spezialisten um Akademie-Leiter Christopher Bartz glauben darf, ist hier jede zweite Kurve eine Mutkurve. Jedes Verlassen der Ideallinie führt unweigerlich zum Abflug, und manche Stellen der Strecke sind so glatt, dass sicheres Befahren einem Lotteriespiel gleicht. Auch wenn es nicht ganz so schlimm ist, verfehlen die Worte der Vollgas-Dozenten ihre Wirkung nicht: Der Respekt vor der "Grünen Hölle" sitzt ganz tief im Kopf, das mentale ESP ist scharf justiert für die Hatz über die Strecke.
In den ersten geführten Runden gibt es weder Furcht noch Probleme. Schließlich folgen alle in meiner Gruppe der Linie, die Instruktor Ralf Kraus in seinem Audi vorgibt. Das wirkt alles noch langsam, aber wenn man mal verstohlen auf den Tacho schlinzt, stehen da schon 120 km/h auf der Uhr. Und das nicht auf einer breiten Geraden, sondern durchaus in der Kurve. Trotzdem habe ich das Gefühl, das IDS Plus-Fahrwerk meines Vectra kann noch mehr. Ob ich auch noch mehr kann, zeigt sich ein paar Runden später.
Ring frei zum Vollgas-Fest
Nach sechs Einführungsrunden wird es ernst: Ring frei zum Vollgas-Fest. Noch etwas verhalten lasse ich mich durch das Hatzenbach-Geschlängel tragen, brettere aber kurze Zeit später bereits mit 180 km/h über das Schwedenkreuz. Fantastisch, wie die Kompression in der Fuchsröhre für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Adrenalin und Endorphin sorgt. Dann hoch zum Adenauer Forst, langsam fahren, zweiter Gang, kurz Luft holen, um wieder mit dem Gaspedal am Bodenblech in das Kurvenlabyrinth der Nordschleife einzutauchen. Meine absolute Lieblingskurve heißt Bergwerk – und die geht schneller, als ich es hinter dem Instruktor erwartet hatte. Und noch was überrascht: Erstens kann man sich bei 240 km/h auf der Döttinger Höhe tatsächlich entspannen, zweitens klettert man nach drei Runden am Stück trotz Klimaanlage ziemlich durchgeschwitzt aus dem Auto.
Die Grüne Hölle ist anstrengend, macht aber wahnsinnig viel Spaß. Vor allem, wenn man den Respekt nicht verliert. Ich habe die Strecke ganz passabel gemeistert, meine nationale A-Lizenz in der Tasche und werde wiederkommen, ganz sicher. Genau wie Robert Wittke, einer der vier Nachwuchsfahrer aus unserer Gruppe. Er hat die Instruktoren mit seiner Fahrweise so beeindruckt, dass er demnächst drei Rennen in einem Cup-Polo für das Team Fast-Lap-Racing fahren darf. Das könnte ich mir jetzt auch vorstellen ...
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