Fiat und Chrysler: Die Zukunft
Der neue Auto-Riese

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Fiat startet in eine neue Ära: Zuerst hat Konzernchef Marchionne die Lastwagensparte ausgegliedert, nun greift er nach der Mehrheit am US-Partner Chrysler.
(dpa) "Zwei Pleitekandidaten ergeben noch lange keine Erfolgsfirma", unkte die Konkurrenz, als Fiat 2009 beim insolventen US-Autobauer Chrysler einstieg. Mittlerweile sind die Kritiker verstummt. Fiat schreibt bereits wieder Gewinne, Chrysler ist auf dem besten Wege dahin. Der Plan von Doppel-Firmenchef Sergio Marchionne scheint aufzugehen: Die Schaffung eines großen, weltweit agierenden Autokonzerns. Vielleicht schon in diesem Jahr will Fiat die Mehrheit an Chrysler übernehmen. "Ich weiß nicht, ob es wahrscheinlich ist, aber es ist möglich", orakelte Marchionne zu Wochenbeginn. Er macht den Sprung über die 50-Prozent-Marke vor allem davon abhängig, ob Chrysler 2011 an die Börse zurückkehrt. Denn sollte Chrysler diesen Gang wagen, dürfte eine Anteilsaufstockung für Fiat mit einem Schlag viel teurer kommen als jetzt.
Überblick: News und Tests zu Chrysler
Derzeit halten die Italiener 20 Prozent an den Amerikanern und wollten eigentlich nur auf 35 Prozent aufstocken. Den Anteil hat Sparfuchs Marchionne im Gegenzug für das Versprechen bekommen, Chrysler mit importierter europäischer Technik wieder auf Vordermannzu bringen – ein Unterfangen, mit dem zuvor der deutsche Autobauer Daimler grandios gescheitert war. Doch die Zahlen sprechen für Marchionne: Die im Krisenjahr 2009 eingebrochenen Verkaufszahlen von Chrysler haben sich wieder erholt. 2010 verkaufte der kleinste der drei US-Autokonzerne knapp 1,1 Millionen Wagen, ein Zuwachs von 17 Prozent. Gleichzeitig konnte der italienisch-kanadische Manager, dessen Markenzeichen Pullover sind, die Verluste eindämmen. 2011 soll Chrysler wieder schwarze Zahlen schreiben.

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Eine Fusion der beiden Autofirmen schloss Marchionne aber erst einmal aus. Warum auch? Die Manager dies- und jenseits des Atlantiks tanzen nach seiner Pfeife. Der Vielflieger drückte durch, dass der knuffige Kleinwagen Fiat 500 in den USA über das Chrysler-Händlernetz vertrieben wird. Gleichzeitig verkauft er die nächste Generation der großen Chrysler-Limousine 300 in Europa unter der Marke Lancia. Der Mehrheitseigner von Chrysler – die Autogewerkschaft UAW – lässt Marchionne gewähren. Der Pulloverträger sei auf dem Weg, Fiat zum Weltkonzern zu machen, kommentierten denn auch italienische Medien – allerdings nicht ohne Kritik. Denn der Mann, der Fiat auf den US-Markt zurückbringt, attackiert daheim das Tarifsystem.

Erste neue Frucht der italo-amerikanischen Autoehe: Der Chrysler 300 wird als Lancia nach Europa kommen.
Kritiker sprechen von moderner "Sklaverei", Befürworter von einer "neuen Ära des Automobils". In einem Referendum muss die Fiat-Belegschaft bis Ende Januar 2011 entscheiden, ob sie dem Pakt zustimmt. Marchionne gilt in Italien als Retter von Fiat. Mit dem Chrysler-Deal hat er große Hoffnungen geschürt. Eine erste italienisch-amerikanische Allianz zerbrach allerdings spektakulär: General Motors hatte sich bei Fiat eingekauft – die Partnerschaft aber wurde 2005 geschieden.
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