Motortod bei 100.033 Kilometern – Note Fünf für den Ford Fiesta
Ford Fiesta im Dauertest
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Die letzten Kilometer des Dauertests muss der Ford Fiesta auf einem Abschlepper zurücklegen – Motorschaden! Was die Ursache war, und was Ford dazu sagt.
Bild: AUTO BILD
Es hätte ein Leuchtturmprojekt werden können. Also ein wegweisender Dauertest, bei dem der Kandidat mal zeigt, was heute mit Kleinwagen alles möglich ist. Als die AUTO BILD-Tester den Ford Fiesta 1.0 EcoBoost am 7. Dezember 2017 in Köln übernehmen, sind sie jedenfalls angetan von Technik und Design. In Race-Rot-Metallic sieht der Fiesta flott aus, die Titanium-Ausstattung macht ihn zu einem angenehmen Begleiter, eine Sechsstufen-Wandlerautomatik bringt einen Hauch entspannten Luxus in den Kölner Kleinwagenklassiker.
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist www.dat.de.
Der Fiesta erweist sich als guter Kumpel auf langen Touren
Munteres Kerlchen: Die Motorisierung bietet Grund zur Freude – 100 PS reichen für den Fiesta locker aus.
Den Fiesta gibt es seit 1976 bereits in achter Generation. Im Dauertest bei AUTO BILD ist dies sein dritter Auftritt. Die Motorisierung bietet Grund zur Freude. Sein Dreizylinder ist als munteres Kerlchen bekannt. Im Fiesta reichen 100 PS trotz Automatik locker aus. Und so macht uns der Neue in den ersten Tagen im Einsatz helle Freude. Dass sich beim Kollegen Malte Büttner nach nur 9608 Kilometern die Befestigung vom Fahrersitz löst – ein Kuriosum, das es so bei bislang 276 Dauertest-Fahrzeugen noch nicht gegeben hat. Ein klarer Garantiefall, vom Service fix erledigt. Fortan erweist sich der Kleine als guter Kumpel auf langen Touren. Der mit adaptiver Temporegelung, Heizung für Frontscheibe und Vordersitze, DAB+-Radio und ordentlicher Navigation unseren Erwartungen mehr als gerecht wird. Zudem mit Automatik! Nix Doppelkupplung, ein richtiger Wandler sortiert hier die Fahrstufen. Dies aber teilweise so eigenwillig, dass sich auch erfahrenste Tester nicht einig werden, welche Technik hier tatsächlich wirkt.
Erste Probleme: die Lenkung und Kühlwasserverlust
Eine zusätzliche Besonderheit dieser Kombination: Während der Dreizylinder-Benziner mit manuellem Getriebe in Köln gebaut wird, stammt die Automatik samt Motor aus Irapuato in Mexiko. Irgendwann kommen den Testern erste Zweifel, ob es mit dem Leuchtturmprojekt was wird. Nach gut 50.000 Kilometern knackt es aus der Lenkung. Erst zaghaft, dann deutlicher. Ab zur Werkstatt. Das passt gut, da der Fiesta uns per Display schon früh zum zweiten Service bittet. Dort kann die Lenkung wieder beruhigt werden. Ein bekanntes Thema. Die Gleitschiene vom Lenkungsmittelteil sowie die Gelenke werden abgeschmiert. Doch der aufmerksame Mechaniker nimmt den Fiesta trotzdem längere Zeit beiseite. Kühlwasserverlust beim Thermostatgehäuse. Austausch der Zylinderkopfdichtung. Zeitplan dafür: rund 13 Stunden!
Einsatz für den Abschlepper: Sieger sehen anders aus!
Einsatz für den Abschlepper: Bei Tachostand 100.033 ist der Fiesta seinen letzten Kilometer gefahren.
Danach läuft es wieder rund für den Fiesta. Er findet zu alter Stärke als gern genommener Partner zurück. Blöd nur, dass bei der dritten Wartung erneut Kühlwasserverlust diagnostiziert wird. Diesmal ersetzen die Mechaniker den Thermostat. Klar, alles Garantie. Aber zu diesem Zeitpunkt wissen wir: Sieger sehen anders aus. Die Leuchtkraft des Kölners verflüchtigt sich. Kurz vor Testende wird es ganz finster. Sein letzter Einsatzplan: Einmal Hamburg–Berlin–Hamburg, dann nach Köln, zurück ins Werk zur Demontage. Auf der Rückfahrt aus Berlin plötzlich Alarm: Öldruck niedrig! Der Motor klingt furchtbar. Also rechts ran. Bei Tachostand 100.033 ist der Fiesta seinen letzten Kilometer gefahren. Einsatz für den Abschlepper, huckepack geht's nach Köln. Hier wollen wir gemeinsam mit Ford nach der Ursache suchen. Betretene Gesichter vor Ort, die sich nur ganz kurz aufhellen. Der Motor ist nicht fest, lässt sich noch drehen. Vielleicht ist nur die Ölpumpe defekt? Jetzt möchten die Verantwortlichen es wissen. Der Motor wird gestartet – und springt sofort an! Entwarnung? Nein. Die Maschine klingt grausam, die Hydrostößel lärmen mächtig. Ist der Motor trotzdem noch einmal davongekommen?
Tiefe Fressspuren am Kolben: Totalschaden
Wir lassen den Wagen demontieren wie jeden anderen Dauertest. In der Ölwanne finden wir Reste des Zahnriemens, der die Ölpumpe antreibt. Im Ölpumpenmodul sehen wir, dass ein Haltebolzen vom Zahnriemenspanner sich gelöst hat. Der Bolzen verfing sich im Ölpumpenantrieb, zerstörte teilweise den Antriebsriemen, die Schmierung brach zusammen. Schließlich wird der Motor zerlegt. DEKRA-Sachverständiger Marcus Constantin schaut sich Kolben und Zylinderlaufbahnen in aller Ruhe an. Erster Zylinder okay, zweiter okay, dritter Zylinder tiefe Durchzieher auf der Druck- und Gegendruckseite sowie korrespondierende tiefe Fressspuren am Kolben. Totalschaden. Am Ende geht für diesen Kölner das Licht aus.
So erklärt Ford den Fehler am Testwagen
Der Zahnriemen des Ölpumpenantriebs hat diverse Zähne verloren.
Das sagt Ford zum aufgetretenen Fehler: "Unsere Recherchen haben ergeben, dass es sich bei der betreffenden Ölpumpen-Thematik um ein Zuliefererproblem (Qualitätsproblem) gehandelt hat, das sich, wie das Testfahrzeug (Baujahr Herbst 2017), ausschließlich auf Fahrzeuge mit dem 1,0-Liter-EcoBoost-Motor der ersten Entwicklungsstufe in Kombination mit dem damals angebotenen 6F15-Sechsstufen-Wandler-Automatikgetriebe bezieht. Alle anderen Ford Fiesta-Motoren-Getriebe-Kombinationen sind nicht betroffen gewesen. Das Zulieferproblem wurde im Oktober 2017 bekannt und konnte bereits Anfang 2018 dauerhaft gelöst werden – und zwar dadurch, dass der Zulieferer den Befestigungsprozess des betreffenden Bolzens robuster gestaltet hat. Für den deutschen Markt wurden im betreffenden Zeitraum (Oktober bis Dezember 2017) insgesamt 1353 Ford Fiesta mit dem 1,0-Liter-EcoBoost-Motor der ersten Generation und dem entsprechenden 6F15-Sechsstufen-Wandler-Automatikgetriebe produziert – davon sind nach unseren Recherchen bislang genau fünf Fahrzeuge (0,4 Prozent) mit diesem spezifischen Fehlerbild auffällig geworden – das AUTO BILD-Dauertestfahrzeug und vier Kundenfahrzeuge. Mit Blick auf die Reparaturkosten prüft Ford grundsätzlich jeden individuellen Garantie- bzw. Kulanzfall einzeln und entscheidet über die Kostenübernahme auf Basis der konkreten Umstände wie Neuwagengarantie, erweiterter Garantieschutz (Ford Protect Garantie-Schutzbrief), Wartungshistorie etc. Als Ergebnis der Einzelfallprüfungen hat Ford die Reparaturkosten der vier Kundenfahrzeuge übernommen.
Bildergalerie
Ford Fiesta im Dauertest
Fazit: Note Fünf für den Fiesta. Ein im Grunde simples, billiges Bauteil versaut dem im Kern guten Ford das Ergebnis. Pech? Wohl nicht nur. Sicher auch eine Folge von Sparen am falschen Ende. Wir lernen daraus: Eine Zusatzgarantie hilft. (Hier geht's zum großen Dauertest-Ranking.)
Von
Manfred Klangwald
Ford Fiesta im Dauertest
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100.000 Kilometer mit dem Ford Fiesta 1.0 EcoBoost – der Dauertest bei AUTO BILD startete für den Ford im Dezember 2017.
Bild: AUTO BILD
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In den ersten Tagen macht der Ford den Testern helle Freude. Technik und Design gefallen, und die 100 PS reichen für den Fiesta trotz Automatik locker aus.
Bild: Uli Sonntag / AUTO BILD
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Erste Probleme bereitet die Lenkung – ein bekanntes Thema. Die Gleitschiene vom Lenkungsmittelteil sowie die Gelenke werden abgeschmiert.
Bild: AUTO BILD / Uli Sonntag
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Ein weiteres Problem: Zweimal kommt es zu Kühlwasserverlust. In der Werkstatt wird zuerst die Zylinderkopfdichtung und dann das Thermostat ersetzt. Doch es kommt noch schlimmer!
Bild: AUTO BILD
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Abruptes Ende einer Dienstreise: Auf der Rückfahrt aus Berlin gibt es Alarm – Öldruck niedrig! Der Motor klingt furchtbar. Also rechts ran. Bei Tachostand 100.033 ...
Bild: AUTO BILD
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... ist der Fiesta seinen letzten Kilometer gefahren. Mit dem Abschlepper geht es zurück nach Köln. Hier wollen wir gemeinsam mit Ford nach der Ursache suchen.
Bild: AUTO BILD
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Die Maschine klingt grausam, die Hydrostößel lärmen mächtig. Ist der Motor trotzdem noch einmal davongekommen? Wie jedes Dauertest-Fahrzeug ...
Bild: AUTO BILD / Uli Sonntag
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... lassen wir auch den Fiesta komplett demontieren.
Bild: AUTO BILD / Thomas Ruddies
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Der Kolben des dritten Zylinders ist heftig angefressen, die bösen Folgen des Ölmangels sind deutlich sichtbar.
Bild: AUTO BILD / Thomas Ruddies
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Die Ursache: Ein Haltebolzen vom Zahnriemenspanner hatte sich gelöst. Der Bolzen verfing sich im Ölpumpenantrieb, zerstörte teilweise den Antriebsriemen (im Bild), wodurch die Schmierung zusammenbrach.
Bild: DEKRA
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Ohne diesen Fehler wäre eigentlich alles fein gewesen beim Fiesta. Im Bild: AUTO BILD-Redakteur Manfred Klangwald (rechts) und DEKRA-Sachverständiger Marcus Constantin bei der Hohlraumsichtung – die Hohlräume sind ausreichend gegen Rost geschützt.
Bild: AUTO BILD / Thomas Ruddies
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Das Automatikgetriebe hat den Dauertest prächtig überstanden.
Bild: DEKRA
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Der Katalysator präsentiert sich per Endoskop betrachtet lupenrein.
Bild: DEKRA
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Auch der Turbolader weist keine Mängel auf.
Bild: DEKRA
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Fazit: Ein im Grunde simples, billiges Bauteil versaut dem im Kern guten Ford das Ergebnis.