Qualität und Preis

Die Vorstellung neuer Autos erinnert nicht selten an eine Silvesterparty. Alle betonen aus tiefster Überzeugung, dass in Zukunft alles besser wird, begangene Fehler nicht wiederholt werden und es Laster ab sofort sowieso nicht mehr geben wird. Im Herbst 1998 war das bei Ford nicht anders. Der Focus kam zu den Händlern und sollte – na klar – alles besser können als sein Vorgänger.

Wie üblich wollte es keiner so recht glauben. Denn der Escort, Vorgänger des Focus, galt nicht gerade als Langzeitauto. Vielmehr nervte er mit ausgeprägter Sehnsucht nach Hebebühnen, Standstreifen und Pannendienst. Dann kam der Januar 2001 und mit ihm der AUTO BILD TÜV-Report 2002. Und plötzlich war allen klar: Die Ford-Manager haben das wirklich ernst gemeint mit ihren Vorsätzen. Der Focus siegte in der Kategorie der dreijährigen vom TÜV geprüften Fahrzeuge und zeigte selbst Dauerzuverlässigkeitssiegern aus Japan seine modisch gestylte Heckleuchte.

Ford war stolz – und der Gebrauchtwagenkäufer dankbar. Denn trotz der TÜV-Auszeichnung ist ein Focus aus erster Hand ziemlich günstig. Einen Dreitürer gibt es bereits ab 6125 Euro (75 PS, Bj. 98), der billigste Kombi mit gleicher Motorisierung kommt auf 8425 Euro. Der faire Preis hat mehrere Wurzeln: Ein neuer Focus lag preislich stets unter Klassenprimus Golf, der Wertverlust bei Ford ist traditionell auch etwas größer als beim Wolfsburger. Dennoch muss ein Focus nicht der schlechtere Kauf sein.

Motor und Karosserie

Das Fahrwerk wurde in zahlreichen Testberichten gelobt, im Juni 2001 zogen auch wir nach 100.000 Dauertestkilometern im Turnier 1.6i Bilanz. Test-Redakteur Diether Rodatz war froh, dass die Heckklappe und der Auspuff gelegentlich schepperten – sonst hätte er kaum einen Ansatz zur Kritik gefunden. Sämtliche Macken, die unser Dauertestwagen zeigte, sind auch dem TÜV bekannt. Der Auspuff ist kein Freund fürs Leben, hier kommt es gelegentlich zu Beanstandungen. Hinterachse und Beleuchtung werden noch moniert – das war’s schon.

Beeindruckend ist auch ein Blick mit dem Endoskop in die gut konservierten Hohlräume. Dicke, klebrige Schutzschichten sind eine gute Lebensversicherung, der Unterboden wurde bis in die letzte Fuge sorgfältig behandelt. Rost bildet sich höchstens bei Steinschlagschäden an der Motorhaube und an den beiden A-Säulen. Stichwort Motor: Die ersten TDDi-Diesel können mit Leistung und Laufruhe nicht so recht überzeugen, der TDCi (seit einem Jahr erhältlich) ist kultivierter und somit die bessere Wahl.

Bei den Benzinern empfehlen wir die 75-PS-Basis – allerdings nur für Kurzstrecken. Vielfahrer werden mit dem 1.6 (100 PS) glücklicher. Wenn der Gebrauchte ESP an Bord hat, nimmt man dieses Extra gerne mit, notwendig ist es beim Focus nicht unbedingt. Bei EU-Reimportfahrzeugen sollte der erste Blick der Bremse an der Hinterachse gelten. Zahlreiche Märkte wurden von Ford nur mit Trommelbremsen beliefert. Die sind zwar nicht schlecht, aber eben nicht letzter Stand der Technik. Unterm Strich spricht vieles für den Focus. Mit seinem futuristischen Design sieht er noch lange nicht alt aus.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 10/98 Modellstart für den Ford Focus, dem Ablöser des Escort. Drei- und Fünftürer, klassische Limousine und Kombi (Turnier). Motoren: Benziner (75, 100, 115 PS) 2/99 Neuer Diesel (1.8, 90 PS) 8/99 Viergangautomatik für den 1.6 lieferbar, Einführung des 75-PS-Diesels, ESP für Benziner gegen Aufpreis erhältlich 11/00 Wartungsintervalle für Benziner auf 20.000 bzw. 60.000 km verlängert 1/01 Start für den Diesel TDCi (115 PS) 11/04 Markteinführung Focus II

Schwachstellen • die Auspuffanlage der Fahrzeuge bis August 00 neigen zu vorzeitigem Verschleiß. Ebenfalls bis zu diesem Baujahr kam es vereinzelt zu scheppernden Hitzeblechen • laute Abrollgeräusche der Reifen an der Hinterachse waren bis Januar 01 ein Thema, danach wurde die Achsgeometrie geändert • die Verarbeitung gilt als ausgereift. Fehlermeldungen der Bordelektronik (etwa ABS-Ausfall) wurden hauptsächlich bei Fahrzeugen der ersten Monate bemerkt • wackelige Sitzlehnen sind eine Spezialität der Dreitürer • nach etwa 70.000 Kilometern lohnt ein Test der Stoßdämpfer, da die Wirkung zwischen den beiden Seiten dann meist sehr ungleichmäßig ist • die Batterien halten nicht ewig, die ersten Akkus müssen demnächst raus

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Ford Focus Turnier 1.6, 74 kW/100 PS, Baujahr 00. Hut ab vor den Focus- Ingenieuren: Für einen kompletten Motoraustausch sind laut Schwacke- Kalkulation nur 2,5 Arbeitsstunden erforderlich.

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Der Ford Focus erweist sich bei seiner ersten Hauptuntersuchung nach drei Jahren als sehr unauffälliger Kandidat. Rost sehen wir so gut wie nie, die Qualität der Bremsleitungen und -schläuche gilt als vorbildlich. Weniger gute Noten vergeben unsere Prüfer für die Vorderachse, die hintere Beleuchtungseinrichtung und die Auspuffanlage. Sehr solide sind die beiden Antriebswellen, Ölverlust am Antriebsstrang ist eine Seltenheit." Klaus Lesczensky, Gutachter TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg

Modellempfehlung Ford Focus Turnier 1.6i Trend (74 kW/100 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 82 Euro im Jahr/Euro 3 Testverbrauch: Werksangabe 8,4 Liter, gemessen 9,1 Liter (Super) Versicherung: Vollkasko (13/504 Euro SB): 501 Euro. Teilkasko (21/151 Euro SB): 131 Euro. Haftpflicht (13): 743 Euro (Basis: ONTOS-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 15.000 Kilometer, etwa 150 bis 250 Euro Wertverlust: Dreijährige verlieren rund 36 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 1200 Euro Verlust