"Juwelen der Ford-Historie"

In einem in dieser Form bislang einmaligen Räumungsverkauf versteigert das Auktionshaus Christie's im Auftrag von Ford 51 Konzeptstudien des US-Autoriesen. Sie entstanden binnen vier Jahrzehnten in den Ford-Designstudios in Nordamerika und Europa. Die Idee zum großen Kehraus stammt von Fords Designdirektor J. Mays höchstpersönlich: "Anstatt diese Juwelen der Ford-Historie irgendwo auf dem Hinterhof verrotten zu lassen oder sie in den Schredder zu stecken, halten wir es für sinnvoller, sie an echte Sammler zu verkaufen, die sich ihrer Bedeutung für unsere Firmengeschichte bewusst sind", begründet Mays die für den 16. Juni anberaumte Auktion.

Die Schätzpreise beginnen bei 5000 Dollar für einen Probe IV von 1983, setzen sich über 35.000 bis 55.000 Dollar für den Lincoln Blackwood von 1999 fort und gipfeln in geschätzten 60.000 bis 120.000 Dollar für den majestätischen Lagonda Vignale von 1993. Den Gesamterlös für den Verkauf eines Tafelsilbers – Christie's-Experten rechnen mit einem siebenstelligen Dollar-Betrag – will der Ex-Audi- und VW-Designer Mays einem wohltätigen Zweck spenden. Bevor die Interessenten mit dem eigentlichen Bieten beginnen können, erhalten sie noch Zeit, sich die Prunkstücke zwei Tage lang im Produktentwicklungscenter von Ford in Deaborn anzusehen. Auch Ford-Mitarbeiter sollen in der Woche vor der Auktion noch einmal die Chance erhalten, vier Jahrzehnte ihrer Unternehmensgeschichte noch einmal vor ihren Augen vorbeifahren zu lassen.

Staunend stehen bleiben werden sie bestimmt vor dem spektakulären Synergy 2010, der zwischen 40.000 und 80.000 Dollar einbringen soll. Mit diesem futuristisch gestylten Modell versuchten sich die Ford-Desinger 1996 an einem Familienwagen für die zweite Dekade des 21. Jahrhunderts. Das tropfenförmige Mobil wiegt dank reichlicher Verwendung von Aluminium, Verbundwerkstoffen und hochfesten Stählen ein Drittel weniger als ein Stahl-Pendant. Dank eines um 40 Prozent verringerten Cw-Werts, rollwiderstandarmer Reifen und eines Hybridantriebs (Direkteinspritzer-Benziner in Kombination mit Elektromotor) stellten die damaligen Väter des Synergy eine dramatische Verbrauchssenkung gegenüber konventionellen Modellen auf unter drei Liter pro 100 Kilometer in Aussicht.

Italienische Kreativität

Eher die Sportler- als die Öko-Herzen unter den Ford-Freaks dürften dagegen Sportwagen wie der 1992er Mustang Mach III oder gar der mit einem Indianapolis-Motor und freistehenden Rädern ausgestattete Indigo von 1996 ansprechen. Viele der 51 Showcars blieben Einzelstücke, doch manche nahmen spätere Serienautos vorweg.

So mündete eine der zahlreichen Studien unter dem Namen Probe in das auch in Deutschland verkaufte Coupé gleichen Namens. Und der neu aufgelegte Thunderbird von 1999 fährt heute sehr erfolgreich über die US-Highways. Der Ghia Saetta, 1996 in Turin präsentiert, nahm das New-Edge-Design des Kleinwagens Ka und später des Focus vorweg. Überhaupt Ghia: Insgesamt 28 und damit mehr als die Hälfte aller Auktions-Objekte entstanden auf den Zeichenbrettern des berühmten, von Ford übernommenen Turiner Designstudios.

Leider wurde es mittlerweile zum Computerdesign-Büro mit Minibesetzung degradiert. Schade, denn wie die Italiener vor Kreativität sprühten, zeigt nicht zuletzt noch einmal die Detroiter Sammlung. Darunter befinden sich solche Italo-Hits wie die rassige Roadster-Studie Barchetta von 1983, das Selene II Dream Car – mit 40 Jahren zweitältestes Modell der Auktion –, der sehr organische Focus von 1992, der IXG Dragster von 1960 und die Zwillinge Zig und Zag auf Fiesta-Basis, die im Jahr 1990 für Furore sorgten. Alles Unikate, die Sammlerherzen höher schlagen lassen.