Am Tag nach dem Finale hat Ferrari weitere Konsequenzen aus der schwachen Saison des Traditionsteams gezogen. Wie AUTO BILD MOTORSPORT bereits am Freitag berichtete, trennen sich die Italiener mit sofortiger Wirkung von Teamchef Marco Mattiacci. Der geschasste sportliche Leiter wusste zu diesem Zeitpunkt selbst noch nichts von seinem Schicksal. ABMS hatte herausgefunden: Als Nachfolger soll Maurizio Arrivabene berufen werden. Nun bestätigte die Scuderia den einstigen Chef von Marlboro Italia offiziell als Mattiacci-Nachfolger. Für hochgezogene Augenbrauen sorgte der Führungswechsel übrigens beim designierten Ferrari-Piloten Sebastian Vettel. Dabei missfiel ihm besonders der Ablauf und die Informationspolitik seines neuen Arbeitgebers.
Erdbeben bei der Scuderia: Mattiacci bei Ferrari vor dem Aus

Amtszeit dauert nur acht Monate

Arrivabene
Bäumchen wechsel dich: Mattiacci-Nachfolger Arrivabene (l.) mit Mattiacci-Vorgänger Stefano Domenicali (r.)

Denn: Als ABMS Vettel am Samstag das Bild seines neuen Teamchefs auf dem Handy zeigte, reagierte der Heppenheimer überrascht mit den Worten: „Stimmt das?“ Nach ABMS-Informationen hat sich Vettel daraufhin bei Ferrari erkundigt und enttäuscht über den schnellen Teamchef-Wechsel reagiert. Außerdem soll der Deutsche enttäuscht sein, dass Alonso-Renningenieur Andrea Stella dem Spanier zu McLaren folgt. Von FIAT-Boss Sergio Marchionne wurde Mattiacci in der offiziellen Bekanntgabe des Teams zum Wechsel, die in Form eines vier Seiten langen Motivationsschreibens an alle Mitarbeiter erfolgte, nur mit einem Satz gewürdigt. „Wir bedanken uns bei Marco Mattiacci für seine Dienste bei Ferrari in den letzten 15 Jahren und wünschen ihm alles Gute für seine Zukunft.“ Dann folgte auch schon die erste schallende Ohrfeige für den scheidenden Teamchef, der sich gerade einmal acht Monate im Amt halten konnte und dessen Fachkompetenz im Fahrerlager als ehemaliger US-Marketingchef der Scuderia von Experten immer wieder angezweifelt worden war.

Marchionne bestätigt Kritikpunkte

„Wir haben uns nun für Maurizio Arrivabene entscheiden, weil wir in diesen Zeiten der Formel 1 bei der Scuderia jemanden brauchen, der genug Verständnis, nicht nur von Ferrari, sondern auch vom Sport und den politischen Abläufen mitbringt“, bestätigte Marchionne die Kritik nur allzu deutlich. Ferrari war 2014 zum ersten Mal seit der Saison 1993 komplett ohne Grand-Prix-Sieg geblieben. Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen gelang das traurige Kunststück, als erster Ferrari-Stammfahrer, der die komplette Saison bestritt, seit Didier Pironi 1981, das Jahr mit Rang zwölf außerhalb der Top-10 im WM-Klassement abzuschließen. Und selbst Star-Pilot Fernando Alonso, mit der Scuderia immerhin dreimal Vizeweltmeister, beendete die Saison nur als Gesamtsechster.
Exklusiv - Post vom Ferrari-Boss: Flammender Brief an alle Mitarbeiter

Arrivabene als ideale Besetzung

Mattiacci
Zum an die Stirn tippen? Die Amtszeit des Mannes mit der Sonnenbrille war nur ein kurzes Intermezzo...
Als Mattiacci ihm daraufhin mangelnde Motivation vorwarf, spottete Alonso nur: „Wie will er das beurteilen? Anders als ich war er ja die letzten fünf Jahre nicht hier.“ Anschließend suchte Alonso das Weite, wechselt zur neuen Saison zu McLaren. Als Nachfolger holte Ferrari Vettel. Neu-Teamchef Arrivabene hat nun die Aufgabe, um den Heppenheimer ein ganz neues Team zu formieren. FIAT-Boss Marchionne ist davon überzeugt, dass ihm das gelingt. „Maurizio verfügt über einen sehr wertvollen Ehrfahrungsschatz. Er ist der Scuderia seit Jahren eng verbunden und als Mitglied der Formel-1-Kommission hat er außerdem ein genaues Wissen über die Veränderungen, die wir gerade durchwandern. Er ist seit jeher eine konstante Quelle für neue Ideen zur Wiederbelebung der Formel 1.“

Ross Brawn kehrt nicht zurück

Mit diesen frischen Impulsen soll Arrivabene die Scuderia wieder aufrichten. Der personelle Kahlschlag im Team ist aber trotzdem noch nicht beendet. Nächster auf der Entlassungs-Liste: Aerodynamik-Chef Nicolas Tombazis. Grund: Die Windkanal-Daten des neuen Ferrari für 2015 sind angeblich alles andere als vielversprechend. Eine andere spektakuläre Personalie hat sich derweil wieder zerschlagen. Wie ABMS erfuhr, wird Ross Brawn, Taktik-Genie und Ex-Ferrari-Teamchef zu Zeiten Michael Schumachers, entgegen anders lautender Meldungen nicht zu Ferrari zurückkehren. Der Brite will wegen seiner Frau in England bleiben und dort sein Privatleben genießen. Ende 2012 war Brawn als Teamchef bei Mercedes ausgestiegen. Er hatte bei den Silberpfeilen die Grundsteine für den WM-Erfolg am Sonntag gelegt.

Von

Frederik Hackbarth