Die Formel 1 gastierte in Großbritannien. AUTO BILD MOTORSPORT schildert die Eindrücke aus dem Silverstone-Fahrerlager. Alle News jetzt im Überblick:
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Sonntag
Dennis & Jordan fetzen sich: Nach den Vorwürfen von Ex-Teambesitzer und F1-Experte Eddie Jordan, McLaren-Teamchef Ron Dennis habe den Kontakt zu seinem Rennstall verloren, vermittele keinen Siegeswillen mehr und solle alsbald zurücktreten, hat der Angegriffene gekontert. Die harschen Worte des ehemaligen Kollegen ließ Dennis natürlich nicht auf sich sitzen. "Die Formel 1 ist wie eine Familie. Eine Familie lebt gemeinsam in einem Dorf - und jedes Dorf hat seinen Dorftrottel. Er passt in diese Rolle perfekt rein", teilte der Brite in Richtung Jordan aus. Der McLaren-Boss legte nach: "Er ist kaum noch in der Realität, will immer nur der kunterbunte Hund sein. Leider tut er das auf Kosten anderer Leute." Freunde werden die beiden F1-Urgesteine wohl nicht mehr...
Weiterhin ein angesagtes Produkt: Besonders auf der Insel erfreut sich die F1 großer Beliebheit
F1-Verkauf ist nicht geplant: Der Finanzinvestor CVC will seine restlichen Anteile an der Formel 1 womöglich doch nicht verkaufen. Es gebe keine Frist, bis zu der die gut 35-prozentige Beteiligung an der Rennsportserie veräußert werden müsse, sagte der Co-Chairman von CVC, Donald Mackenzie. „Wir fühlen uns wohl damit, wir wollen nicht verkaufen.” Natürlich gebe es immer Interessenten, weil es sich um ein gutes Geschäft handele. Ein Insider hatte zuletzt gesagt, der Inhaber des American-Football-Teams Miami Dolphins will zusammen mit dem Scheichtum Katar das CVC-Paket übernehmen. Der Deal könnte bis zu acht Milliarden Dollar wert sein. Mackenzie wollte sich dazu nicht äußern. CVC hatte zwei Mal vergeblich versucht, die F1 an die Börse zu bringen, zuletzt 2013. Der Investor reichte stattdessen Teile seines Pakets von ursprünglich 63 Prozent unter anderem an einen US-Vermögensverwalter sowie an den norwegischen Staatsfonds weiter.
Keine Gnade für Gribkowsky: Der ehemalige BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky bekommt seine restliche Haftstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt. „Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts München I hat den Antrag auf vorzeitige Haftentlassung abgelehnt”, sagte ein Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft am Sonntag. Auch eine Anfechtung vor der höheren Instanz - dem Oberlandesgericht München - änderte nichts an der Entscheidung. Gribkowsky war 2012 wegen Korruption und Steuerhinterziehung zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Manager hatte von F1-Chef Bernie Ecclestone beim Verkauf der Landesbank-Anteile an der Rennserie 44 Millionen Dollar eingesteckt. Seit Oktober 2013 ist Gribkowsky Freigänger. Tagsüber arbeitet er bei einem Baukonzern, abends muss er jedoch zurück ins Gefängnis.
Samstag
Samstag ist Silberpfeil-Tag: Vor einem Jahr begann beim Grand Prix von Großbritannien eine seither ungebrochene Serie von Pole Positions für das Mercedes-Team. In 20 Formel-1-Rennen nacheinander stand zuletzt entweder Lewis Hamilton oder Nico Rosberg auf Startplatz eins. Besser war nur das Williams-Team, dass es 1992/1993 auf eine Serie von 24 Pole Positions brachte. Durch das Fotzsetzen der Mercedes-Dominanz in der Qualifikation wackelt nun auch die eigene Bestmarke aus dem Vorjahr. Damals schaffte das Werksteam wie Red Bull 2011 insgesamt 18 Pole Positions im Saisonverlauf. In diesem Jahr wären 19 möglich.
Still I Rise: Lewis Hamilton hat hohe Ansprüche an sich und diese auch auf seinem Helm verewigt
Hamilton sieht sich als Vorbild: Weltmeister Lewis Hamilton fühlt sich auf dem Höhepunkt seines Schaffens. „Ich bin in meinen goldenen Jahren. Und hoffentlich dauern sie noch lange an”, sagte Hamilton vor seinem Heimrennen in Silverstone. Der Mercedes-Pilot gewann im Vorjahr seinen zweiten WM-Titel und führt vor dem neunten Saisonlauf die Gesamtwertung mit zehn Punkten vor Teamkollege Nico Rosberg an. „Es ist ganz sicher die beste Zeit meiner Karriere”, sagte Hamilton. „Und ich bin ja erst 30.” Er fühle sich in seinem neunten F1-Jahr gereift und habe sich auch in schwierigen Situationen besser unter Kontrolle. „Es gibt heute Kinder, die zu mir aufschauen, und mein Verhalten beeinflusst, wie sie sich in der Schule benehmen oder auf der Straße”, erklärte der Silberpfeil-Star. Daher hinterfrage er sich auch unter dem Druck negativer Erlebnisse stärker: „Sei nicht egoistisch in diesem Moment, mach kein Theater.”
Ecclestone über Schuld, Sex und Rosberg: Bernie Ecclestone fühlt sich für die Imagekrise der F1 mitverantwortlich. „Es besorgt mich, dass die Formel 1 beschädigt wird. Wir beschädigen sie selbst, und ich bin genauso schuld wie jeder andere”, sagte der Brite in Silverstone. Die Rennserie steht seit langem öffentlich in der Kritik und Ecclestone selbst hatte mit einigen Kommentaren die Kritik an der Formel 1 noch verschärft. So bezeichnete er unlängst die neue Hybrid-Technik der Sechszylinder-Motoren als „Mist”. „Ich bin nicht immer so gut im Umgang mit der Presse. Ich öffne meinen Mund, sage die Wahrheit, und alles geht schief”, erklärte der 84-Jährige.
Hohe Erwartungen: Bernie Ecclestone (l.) vergleicht Nico Rosberg (r.) mit Sex...
Kurzfristig hofft der Chefvermarkter zur Rettung der Spannung nun vor allem auf Nico Rosberg. „Es liegt an Nico, das Titelrennen zu retten”, sagte Ecclestone. Mercedes-Pilot Rosberg liegt vor dem neunten Saisonlauf am Sonntag zehn Punkte hinter seinem führenden Teamkollegen Lewis Hamilton. „Es ist wie Sex”, urteilte Ecclestone. Die Spannung hänge an den Erwartungen vorher. „Wenn man denkt, dass Hamilton am Sonntag gewinnt, verliert man das Interesse. Aber wenn Nico gewinnt, schauen die Leute vielleicht weiter zu.”
Freitag
Tankverbot bleibt bestehen: Die Formel 1 hat erneut eine Kehrtwende vollzogen und will das Nachtanken während der Rennen nun doch weiter verbieten. Die Strategiegruppe stoppte die ursprünglich für 2017 geplante Rückkehr der Benzinstopps, weil diese Analysen zufolge keinen Spannungsgewinn mit sich bringen würden. Stattdessen sei ein Rückgang der Überholmanöver und eine Reduzierung der strategischen Optionen zu erwarten, wurde die Entscheidung am Freitag in Silverstone begründet. Das Nachtank-Verbot gilt seit der Saison 2010. Damit sollten Kosten gesenkt und Gefahren beim Boxenstopp verringert werden.
Im Mai aber plädierte die Strategiegruppe, in der Vertreter der Teams, des Weltverbands und des Rechte-Inhabers sitzen, für eine Aufhebung des Banns. Auch 60 Prozent der Fans hatten in einer Online-Umfrage der Fahrer-Vereinigung GPDA für das Nachtanken votiert. Umstritten ist derweil auch ein Plan von F1-Chef Bernie Ecclestone, der angeblich einen Entwicklungsstopp gegen Mercedes und Ferrari verhängen will. Damit solle den Motorenbauern Honda und Renault die Chance zum Aufholen gegeben werden, berichteten mehrere Medien. Mercedes und Ferrari wehren sich gegen die Idee.
Bald an Sebastian Vettels Seite? Le-Mans-Sieger Nico Hülkenberg wird bei Ferrari gehandelt
Kommt Hülkenberg für Räikkönen?Kimi Räikkönen nimmt die Spekulationen um seine Formel-1-Zukunft bei Ferrari gelassen. „Das ist einfach Teil des Spiels. Manchmal läuft es besser, manchmal schlechter”, sagte der Finne vor dem Grand Prix von Großbritannien in Silverstone. Nach einer bislang durchwachsenen Saison im Schatten von Ferrari-Neuzugang Sebastian Vettel droht Räikkönen nach Ablauf seines Vertrags am Jahresende das Aus bei der Scuderia. Nur der Rennstall hat eine Option auf eine Verlängerung des Kontrakts mit dem 35-Jährigen. „Sie treffen die Entscheidung. Ich hoffe, dass es bald passiert”, sagte der WM-Vierte.
Sollte sich die Scuderia nicht für einen Verbleib Räikkönens entscheiden, könnte das die Chance für Nico Hülkenberg werden. Der Le-Mans-Sieger prüft laut eigener Aussage schon länger seine Chancen auf dem F1-Transfermarkt. „Natürlich halte ich Augen und Ohren offen und schaue, welche Möglichkeiten sich eröffnen könnten”, sagte der Rheinländer in Silverstone. Darüber, dass der Force-India-Pilot als möglicher Nachfolger von Räikkönen bei Ferrari gehandelt wird, sagte er: „Wenn da was passiert, wäre das natürlich der heißeste Sitz.”
Änderungen nach dem Sommer: Die Formel 1 beschränkt nach der Sommerpause die technischen Hilfen für die Fahrer. Vom Großen Preis von Belgien Ende August an sollen die Piloten vor allem beim Start wieder „die volle Kontrolle über ihr Auto” übernehmen. Damit werde die Spannung und die Unberechenbarkeit der Rennen erhöht, wie der Internationale Automobilverband FIA mitteilte. Dies sei der Beschluss der Formel-1-Strategiegruppe, die vergangene Woche in London tagte. In der Debatte um Reformen in der Rennserie war zuletzt immer wieder auch über größere Herausforderungen für die Fahrer gesprochen worden. Damit sollen die Fähigkeiten der Piloten wieder mehr in den Mittelpunkt rücken und weniger die Qualität ihres Autos den Ausschlag geben.
Neben weniger Hilfsmitteln ist auch ein umfassenderes Limit für Anweisungen via Boxenfunk vorgesehen. Auch das Format der Renn-Wochenenden steht auf dem Prüfstand. Die FIA kündigte „aufregende und innovative Änderungen” für die kommende Saison an. So ist sogar ein Bruch mit Traditionen möglich: Statt nur eines Grand Prix am Sonntag könnte es künftig ein Sprintrennen am Samstag und dann am Folgetag ein Hauptrennen geben. Die vorgeschlagenen Veränderungen müssen aber noch von der FIA und dem Rechte-Inhaber FOM geprüft werden.
Red Bull auf Abwegen: VW könnte dem gebeutelten Team helfen, will aber nicht
Volkswagen will nicht: Konzernchef Martin Winterkorn hat einem Formel-1-Einstieg von VW erneut eine Absage erteilt. „Das ist momentan nicht wirklich interessant für uns”, sagte Winterkorn, der vor allem die zur Zeit relativ ereignislosen Grand Prix bemängelt. Die Königsklasse wird seit dem Vorjahr von Mercedes dominiert. „Da fehlt die Spannung”, sagte Winterkorn. Zuletzt war immer wieder über ein mögliches Engagement der VW-Töchter Audi oder Porsche in der Königsklasse spekuliert worden, unter anderem als Motorenpartner für das Red-Bull-Team. Laut Winterkorn demonstriere man die Zuverlässigkeit seiner Produkte auch in Zukunft lieber auf der Langstrecke (mit Audi), wie in der Sportwagen-WM und bei den 24 Stunden von Le Mans.
Ergebnisse der Fan-Umfrage: Die Fahrervereinigung GPDA hat die Ergebnisse ihrer Fan-Umfrage präsentiert. Demnach waren die drei meistgenannten vermeintlichen Eigenschaften der aktuellen Formel 1: teuer, technologisch und langweilig. 89 Prozent der Fans wünschen sich mehr Wettbewerb in der Königsklasse des Motorsports. 85 Prozent sind der Ansicht, dass mehr für die Anhänger gemacht werden muss. 74 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage sprachen sich für mehr Technikvielfalt in der F1 aus. 68 Prozent halten die Budgets der Teams für zu hoch und sehen darin eine Gefahr für die Zukunft der Rennserie.
Als mögliche Maßnahmen, um die Formel1 attraktiver zu gestalten, sprachen sich 80 Prozent der Fans für mehr als einen Reifenhersteller aus. 60 Prozent würden die Wiedereinführung des Nachtankens während der Rennen befürworten. Mehr als 215 000 Fans aus mehr als 190 Ländern haben sich an der Umfrage beteiligt. Die GPDA hatte die Erhebung Ende Mai am Rande des Großen Preises von Monaco gestartet, da die Serie seit langem mit Krisensymptomen kämpft. Die Hälfte der Teams ist finanziell in Not, im alten Kernmarkt Europa ist das Interesse gesunken. Änderungen im Reglement sind eigentlich erst für 2017 vorgesehen. Doch zuletzt wurde der Willen deutlich, dass Neuerungen schon für 2016 umgesetzt werden sollen. (dpa)