Drama pur beim Großen Preis von Großbritannien in Silverstone: Ferrari-Pilot Carlos Sainz holt seinen ersten Formel-1-Sieg vor Sergio Perez (Red Bull) und Lewis Hamilton (Mercedes). Der Spanier profitiert dabei von einem späten Safetycar nach einem Technikdefekt von Esteban Ocon (Alpine).
Hintergrund: Während der Gelbphase bekommen Sainz und Hamilton frische, weiche Reifen, während der Führende Ferrari-Star Charles Leclerc auf harten Gummis auf der Bahn bleibt. Eine strategische Fehlentscheidung von Ferrari. Anschließend weigert sich Sainz, seinen Teamkollegen abzuschirmen. Stattdessen greift er an und schnappt Leclerc den Sieg weg.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, freut sich Sainz. „Das ist ein besonderer Tag, den ich nie vergessen werde.“
Besonders die Schlussphase des Rennens ist an Spannung kaum zu überbieten. Mehrfach wechseln die Positionen zwischen Perez, Hamilton und Leclerc hin und her. Der Monegasse kann sich lange erfolgreich wehren, fällt dann aber bis auf Rang vier zurück. Bis zum entscheidenden Safetycar hatte er den Sieg im Blick – allerdings auch, weil er zwischenzeitlich vom Kommandostand an Sainz vorbei gewunken wird.
Allein: Beide Ferrari und auch Lewis Hamilton profitieren von Problemen am Red Bull von Max Verstappen, der in Führung liegend in Runde 14 plötzlich Haftung verliert und langsamer wird. Bis zum Zielstrich wehrt der Weltmeister auf Rang sieben liegend diverse Attacken von Mick Schumacher ab. Der Haas-Pilot ist zwar schneller als Verstappen, verzichtet aber auf ein Harakiri-Manöver.
Mick Schumacher sicherte sich seine ersten WM-Punkte.
Bild: LAT/Haas

Trotzdem kann der Sohn von Mick Schumacher stolz sein: Auf Platz acht sichert er seine ersten vier Punkte, überholt dabei unter anderem Daniel Ricciardo (McLaren), Sebastian Vettel (Aston Martin) und seinen Teamkollegen Kevin Magnussen. „Hat ja lange genug gedauert“, kommentiert er. Sebastian Vettel landet an seinem 35. Geburtstag nach einem sauberen Rennen und guter Strategie auf Rang neun.
Spektakulär endet das Rennen, spektakulär beginnt es mit einer Schrecksekunde am Start: George Russell lenkt seinen Mercedes nach einem Schlag von hinten in den Alfa Romeo von Zhou Guanyou. Der rot-weiße Renner überschlägt sich, rutscht kopfüber durchs Kiesbett, hebt ab, knallt mit der Bodenplatte voran in den Fangzaun und bleibt zwischen Zaun und Reifenstapel liegen. Das Rennen wird abgebrochen.
Russell sprintet durchs Kiesbett und erkundigt sich nach dem Wohlbefinden des Chinesen. Dann gibt’s Entwarnung. Zhou ist unverletzt. Auch in den Unfall verwickelt sind Alex Albon (Williams) und Esteban Ocon (Alpine), die aufgrund einer Kettenreaktion ausscheiden. Albon muss zur Untersuchung ins Krankenhaus, nachdem Vettel ihm nach einem harten Bremsmanöver ins Heck gedonnert ist und den Williams in die Mauer geschoben hat.
Das Rennen in Silverstone begann mit einem Schreckmoment.

Bild: F1/Twitter

Wer war Schuld am Crash? „George hätte ein bisschen besser wissen sollen, was passiert“, sagt Ex-Weltmeister Damon Hill bei Sky England. „Es sah aus als wollte er eine verlorene Position am Start verteidigen. Die goldene Regel war schon zu meiner Zeit, am Start nie schnell die Richtung zu wechseln, weil du nie genau weißt, was um dich herum passiert.“
Russell muss anschließend zusehen, wie sein Teamkollege Lewis Hamilton aufs Podest fährt.  „Ich bin froh, dass Zhou okay ist“, sagt er. „Der Unfall sah besorgniserregend aus. Es ist natürlich enttäuschend für mich und das ganze Team, dass wir daran beteiligt waren. Ich hatte null Grip auf dem harten Reifen am Start, da sind die anderen Autos einfach an mir vorbeigeschossen.“
Bewusst nach links gelenkt habe er nicht. „Ich wurde berührt und bin dann leider in die Seite von Zhou gefahren. Es war ein dramatischer Unfall, deswegen bin ich auch aus dem Auto gesprungen, als ich gesehen habe, dass Rot ist. Ich habe den Marshalls gesagt, dass sie mein Auto in Ruhe lassen, weil wir nur leichten Schaden hatten und ich hätte weiterfahren können. Aber als ich zurückkam, war mein Auto am Abschlepphaken. Sobald du Hilfe von außen hattest, darfst du nicht mehr mitfahren. Das ist sehr frustrierend und ein sehr außergewöhnliches Szenario.“

Formel 1 Grand Prix von Großbritannien
Ergebnis

1. Carlos Sainz Jr. (Spanien) - Ferrari 1:21:20,440 Std.
2. Sergio Perez (Mexiko) - Red Bull +3,779 Sek.
3. Lewis Hamilton (Großbritannien) - Mercedes +6,225
4. Charles Leclerc (Monaco) - Ferrari +8,546
5. Fernando Alonso (Spanien) - Alpine +9,571
6. Lando Norris (Großbritannien) - McLaren +11,943
7. Max Verstappen (Niederlande) - Red Bull +18,777
8. Mick Schumacher (Gland/Schweiz) - Haas +18,995
9. Sebastian Vettel (Heppenheim) - Aston Martin +22,356
10. Kevin Magnussen (Dänemark) - Haas +24,590
11. Lance Stroll (Kanada) - Aston Martin +26,147
12. Nicholas Latifi (Kanada) - Williams +32,511
13. Daniel Ricciardo (Australien) - McLaren +32,817
14. Yuki Tsunoda (Japan) - Alpha Tauri +40,910
Ausfälle:
Alexander Albon (Thailand) - Williams (1. Rd.)
Zhou Guanyu (China) - Alfa Romeo (1. Rd.)
George Russell (Großbritannien) - Mercedes (1. Rd.)
Valtteri Bottas (Finnland) - Alfa Romeo (21. Rd.)
Pierre Gasly (Frankreich) - Alpha Tauri (27. Rd.)
Esteban Ocon (Frankreich) - Alpine (38. Rd.)

Fahrer-Wertung
Stand nach 10 von 22 Rennen

1. Max Verstappen (Niederlande) - Red Bull 181 Pkt.
2. Sergio Perez (Mexiko) - Red Bull 147
3. Charles Leclerc (Monaco) - Ferrari 138
4. Carlos Sainz Jr. (Spanien) - Ferrari 127
5. George Russell (Großbritannien) - Mercedes 111
6. Lewis Hamilton (Großbritannien) - Mercedes 93
7. Lando Norris (Großbritannien) - McLaren 58
8. Valtteri Bottas (Finnland) - Alfa Romeo 46
9. Esteban Ocon (Frankreich) - Alpine 39
10. Fernando Alonso (Spanien) - Alpine 28
11. Pierre Gasly (Frankreich) - Alpha Tauri 16
12. Kevin Magnussen (Dänemark) - Haas 16
13. Sebastian Vettel (Heppenheim) - Aston Martin 15
14. Daniel Ricciardo (Australien) - McLaren 15
15. Yuki Tsunoda (Japan) - Alpha Tauri 11
16. Zhou Guanyu (China) - Alfa Romeo 5
17. Mick Schumacher (Gland/Schweiz) - Haas 4
18. Alexander Albon (Thailand) - Williams 3
19. Lance Stroll (Kanada) - Aston Martin 3

Konstrukteurs-Wertung

1. Red Bull 328 Pkt.
2. Ferrari 265
3. Mercedes 204
4. McLaren 73
5. Alpine 67
6. Alfa Romeo 51
7. Alpha Tauri 27
8. Haas 20
9. Aston Martin 18
10. Williams 3

Von

Frederik Hackbarth
Bianca Garloff