Formel 1: Keine Frauen in der Königsklasse
Wie frauenfeindlich ist der Motorsport?

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Die deutsche Formel-4-Pilotin Sophia Flörsch und die einzige DTM-Siegerin Ellen Lohr klagen an: Frauen fehlt es in der PS-Branche an der nötigen Unterstützung.
Bild: Hersteller / Ellen Lohr
Ganze 60 Jahre ist es nun schon her, da debütierte beim Belgien-GP die Italienerin Maria Teresa de Filippis mit einem privaten Maserati in der Formel 1 – als erste Frau in der Geschichte. Doch heute ist die Formel 1 weit davon entfernt, eine Starterin zu bekommen. Die Spanierin Marta García (Formel 4) ist nach einem Jahr im Renault-Juniorkader schon wieder entlassen, sagt: „Die Chance, dass ich meine Karriere weiterführen kann, beträgt nur zehn Prozent.“
Und auch die deutschen Damen schimpfen. Ellen Lohr (52), 1992 die einzige DTM-Siegerin überhaupt, klagt: „Es hat sich seit meiner Zeit in den Nachwuchsserien nicht wirklich etwas verändert – nur, dass sich Fahrerinnen heute keine dämlichen Sprüche mehr anhören müssen.“

Sophia Flörsch schaffte es in der Formel 4 2017 zweimal aufs Podium
Flörsch geht noch weiter: „Als Frau wird man manchmal belächelt. Das sehe ich aber als Herausforderung.“ Und: „Auf der Strecke ist der eine oder andere (Junge; d. Red.) im Zweikampf schon mal übermotiviert. Denn viele haben Angst und wollen nicht von einer Frau geschlagen werden. Das kann schon mal zu Kurzschlussreaktionen führen.“
Anders in Amerika. Da sind die Frauen längst etabliert. Spätestens seit Danica Patrick (35) 2008 als erste Frau einen IndyCar-Lauf gewann und 2013 beim wichtigsten NASCAR-Rennen des Jahres, dem Daytona 500, von der Pole-Position startete. Lohr sagt: „Und da wird ohne Servolenkung gefahren. Frauen sind für alle Kategorien des Motorsports körperlich ausgezeichnet geeignet. Dass die Frage nach Jahrzehnten immer noch aufkommt, geht mir echt auf die Nerven. Man braucht sich doch bloß mal die ganzen jungen männlichen Formel-1-Fahrer von heute anzuschauen: Die sind 1,60 Meter groß und wiegen 55 Kilogramm – wieso sollte da eine Frau nicht mithalten können?“

Ellen Lohr gewann 1992 ein DTM-Rennen im Mercedes
Lohr klagt zudem an: „Selbst wenn ein Rennstall von einer Frau geführt wird; die sind dann auch erst mal zaghaft und holen keine Fahrerin, weil sie sich keine Klüngelei nachsagen lassen wollen.“ Beispiel Williams: Als sich Valtteri Bottas 2014 am Rücken verletzte und sein Einsatz wackelte, vertraute Williams-Vizeteamchefin Claire Williams trotz einer Superlizenz nicht auf Testfahrerin Susie Wolff, sondern nahm in Windeseile noch Adrian Sutil als Ersatzfahrer unter Vertrag.
Kaltenborn sieht den Ursprung des Problems indes viel früher: „Die meisten Mädels trauen sich Motorsport einfach nicht zu. Aus 20 Kartfahrerinnen wäre bestimmt eine potenzielle Formel-1-Pilotin dabei, nicht aber aus fünf.“
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Ein Rückschlag könnten die jüngsten Entwicklungen in der Frauenkommission des Weltverbands Fia sein. Dort ist jetzt Carmen Jordá (29) Mitglied. Die blonde Spanierin war bei Renault zuletzt Testfahrerin in der Formel 1, war dabei aber mehr in ultra-knappen Höschen statt im Auto zu sehen, brachte in den Nachwuchsserien kaum Leistung. Lohr: „So eine Frau wirft kein gutes Licht auf die Mädels, die wirklich gut sind.“
Daher schlagen die Rennfahrer-Kolleginnen Alarm, weil Jordá -eine Formel 1 für Frauen will. Flörsch: „Da bin ich komplett dagegen. Das zementiert eine Ungleichheit der Geschlechter. Körperlich ist Motorsport nicht auf dem Level anderer Kraft- oder Ausdauersportarten. Motorsport spielt sich im Kopf ab. Frauen schaffen das easy! Es sollte einfach mehr Frauen geben, die sich schon als Kind für Motorsport entscheiden.“
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