Die Biografie von früheren Formel-1-Fahrern sorgt heute mitunter für fassungsloses Kopfschütteln. Was waren das bitte für wagemutige oder übermütige Menschen, die sich in das Pulverdampf eines GP-Rennens wagten? Und selbst dann nicht von der Droge Rennsport loskamen, als Familienangehörige dabei ihr Leben ließen.
Für manche ging es dann erst los. Wie für Maurice Trintignant.
Schon erstaunlich: Jahrelang brachte Frankreich einen Formel-1-Star nach dem anderen hervor. Zwölf der 71 Formel-1-Fahrer aus der Grande Nation konnten WM-Rennen gewinnen. Aber nur einer wurde Weltmeister: Alain Prost (Portrait von Prost und viele weitere Formel-1-Piloten: Hier klicken)
Doch Frankreichs erster Formel-1-Held war Maurice Trintignant. 1955 sorgte er im Ferrari beim GP von Monaco für den ersten von insgesamt 79 Siegen Frankreichs in der WM.
Für Trintignant beginnt das Abenteuer Rennsport erst mit dem Tod seines Bruders Louis beim GP de Picardie 1933. Noch makaberer: Maurice Trintignant kaufte sich dessen 2,3-Liter Bugatti Type 35 mit Kompressoraufladung, richtete ihn her und startete damit – beim Pau-GP 1938 – in sein erstes Rennen. Keine Spur von Angst. „Rennfahren ist das Leben. Alles davor und danach ist nur warten“, hat er einmal gesagt.
Trintignant
Maurice Trintignant hatte ein ähnliches Schicksal wie Niki Lauda

Trintignant fährt sowohl Rennen gegen Stars wie Tazio Nuvolari und Rudolf Caracciola, als auch gegen Alberto Ascari und Juan Manuel Fangio, gegen Jim Clark und John Surtees. Also gegen drei Generationen von Rennfahrern. 15 Saisons lang blieb er in der Formel 1. In einer Zeit, in der tödliche Unfälle an der Tagesordnung waren. Keiner, der bei der ersten Saison 1950 dabei war, blieb solange in der Königsklasse.
Von 1950 bis 1964 kommt Trintignant auf 81 WM-Rennen, fuhr nie eine volle Saison, dafür aber für 14 Teams und elf verschiedenen Konstrukteure. Er war sowohl Werksfahrer für Ferrari, als auch für Bugatti, Aston Martin und Gordini – alles in der Formel 1.
Er war aber auch Privatier. Sein letztes Rennen bestritt er 1964 mit einem eigenen BRM. 1958 gewann er in Monaco sein zweites Rennen in einem von Rob Walker Racing eingesetzten Cooper-Climax – dem ersten Formel-1-Siegerwagen mit Mittelmotor.
Dass er überhaupt noch so erfolgreich werden konnte, ist verwunderlich. Nicht nur sein Bruder hatte einen tödlichen Unfall. Auch ihn hätte es fast erwischt. Beim Schweiz-GP 1948 zog er sich auf der ultraschnellen Bahn in Bremgarten schwere Verletzungen zu. Er fiel ins Koma, wurde schon für tot erklärt. Wie Niki Lauda kämpfte er sich aber zurück. 1949 fuhr er schon wieder Rennen.
Bei den 24 Stunden von Le Mans, die er 1954 mit Ferrari und José Froilán González gewann, fuhr er 1965 sein letztes Rennen. Dann folgte er seinem Vater in dessen Fußstapfen, wurde Winzer und Bürgermeister, kehrte 1982 mit Toyota noch mal für die Rallye Dakar zurück. Sein Neffe Jean-Louis Trintignant und seine Großnichte Marie Trintignant waren Schauspieler. Marie Trintignant wurde 2003 durch eine Beziehungstat gewaltsam getötet.
Trintignant, Markenzeichen blaue Wollmütze und Zigarette im Mund (auch im Cockpit!), starb 2005 im Alter von 87 Jahren. Er ist bis heute einer von nur neun Fahrern, die mit über 40 noch ein Formel-1-WM-Rennen für sich entschieden. Trintignant war bis zuletzt ein scharfer Kritiker des Wandels in der Formel 1, zollte modernen Rennfahrern wie Michael Schumacher aber trotzdem immer Respekt.

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Michael Zeitler