Samstag

Lewis Hamiltons Dreher in der Qualifikation (P9) war die Folge eines Fahrfehlers: „Er bremste zehn Meter später, trat zu hart aufs Pedal und traf dann noch eine Bodenwelle“, analysierte Mercedes-Sportchef Toto Wolff. Hamilton warnte davor, ihn deshalb gleich abzuschreiben: „Ich komme zurück, keine Sorge!“ Darauf angesprochen, dass Nico Rosberg den Dreher für den Verlust der Poleposition verantwortlich machte, bewies Hamilton in Anspielung auf Rosbergs Ausrutscher in Monaco Humor: „Ich habe das jedenfalls nicht mit Absicht gemacht!“
Spielberg im Splitter: Donnerstag
Helmut Marko (l.) posiert mit seinem alten BRM-Dienstwagen & Sebastian Vettel
Das hat Sebastian Vettel nach dem misratenen Qualifying und Startplatz zwölf beim Großen Preis von Österreich gebraucht: Eigentlich sollten nur die österreichischen Legenden Lauda, Marko und Co. für ihre Runden morgen vor dem Start zum Formel-1-Rennen üben. Doch plötzlich tauchte auch der Vierfach-Weltmeister in der Fanzone vor Kurve eins auf. Sein Ziel: Helmut Markos BRM von 1971. Vettel strahlte, als er seinen Motorsportchef im alten Overall und das Auto mit Gitterrohrrahmen sah. „Bevor ich fahre, lasse ich erst mal den Jungstar Platz nehmen“, grinste Marko. Währenddessen waren auch Niki Lauda und Gerhard Berger längst in ihre Boliden geklettert. Lauda: „Bei unserem Invalidenrennen habe ich einen großen Vorteil, denn mein fehlendes Ohr brauche ich ja nicht zum Fahren.“ Berger, dessen Handgelenk nach einem Skiunfall immer noch nicht richtig funktioniert, trocken: „Dann schalte ich eben mit dem Knie!“ Kurze Einweisung, dann gab auch Vettel Gas. Wie ein alter Hase schaltete er in den zweiten, dritten, vierten Gang. Doch in den Kurven versagte die Benzinzufuhr. Vettels Fazit: „War trotzdem super!“ Und dann tat er noch was für sein Gemüt: Overall, Unterwäsche und Handschuhe warf er in die Menge der wartenden Fans. Der Abend endete trotz einem enttäuschenden Ergebnis mit einem Lächeln auf den Lippen.
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Nach Helmut Marko hat nun auch Red Bull-Teamchef Christian Horner dem GPS-System die Schuld gegeben, warum Sebastian Vettel in Kanada beim zweiten Boxenstopp hinter Daniel Ricciardo zurückgefallen ist. Horner erklärt AUTO BILD MOTORSPORT: „Unser GPS hatte berechnet, dass Sebastian definitiv vor Daniel bleiben würde. Der Fehler: Seb musste vor der Boxeneinfahrt extrem stark abbremsen, weil er hinter Nico Hülkenberg hing, der seine Geschwindigkeit zum Einlenken in die letzte Schikane gedrosselt hat. Daniel hingegen konnte mit vollem Speed in die Box abbiegen. Das hat die entscheidenden Zehntelsekunden gekostet.“ Horner gibt zu: „Als Daniel plötzlich vor Seb war, wussten wir am Kommandostand selbst nicht, wie das passieren konnte.“ Und warum wurde es nach dem Rennen nicht gleich kommuniziert? „Weil wir es da immer noch nicht verstanden hatten...“ Was Horner gefiel: „Dass Seb sich trotz dieses Missgeschicks für Daniel gefreut hat.“

Freitag

Neuerung ab 2015: Stehender Start nach Safety-Car-Phasen! Die Formel-1-Kommission hat eine Reihe von Änderungen für die kommende Saison verabschiedet. Unter anderem einen stehenden Start nach Safety-Car-Phasen. Nach Meinung der AUTO-BILD-MOTORSPORT-Experten eine Maßnahme, die die Spannung künstlich erhöhen soll. Das Minus: Die Crashgefahr steigt und ein stehender Start kann die wahre Rangfolge verwässern. Zu viel Show statt echter Sport!
Legendenrennen: Am Samstag und Sonntag starten alle österreichischen Ex-Formel-1-Piloten in einem Legendenrennen am Red-Bull-Ring. Mit dabei auch Gerhard Berger. Der Tiroler ist seit einem Skiunfall zwar am Arm verletzt und entsprechend gehandicapt. Das macht aber nichts. „Ich habe nur einen Arm, Helmut Marko nur ein Auge und Niki Lauda nur ein Ohr. Es ist also ausgeglichen“, scherzt der zehnfache GP-Sieger. Dass er wie Niki Lauda seine Kurve am alten Österreichring verloren hat, stört ihn wenig. „Helmut Marko hat uns gesagt, dass nur echte Legenden eine Kurve verdient hätten. Und um eine Legende zu sein, muss man tot sein. Darauf kann ich verzichten.“
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Kleinkrieg zwischen Mercedes & Red Bull geht weiter: Heute antwortet Mercedes-Sportchef Toto Wolff in der Kleinen Zeitung auf die Frage, warum Helmut Marko nicht mit ihm spreche: „Irrtum, es ist umgekehrt. Ich spreche nicht mit ihm.“ Das hänge „mit dem Charakter gewisser Leute zusammen. Mit einem Christian Horner (Red Bull-Teamchef; d. Red.) habe ich jeden Tag Kontakt.“

Donnerstag

Hülkenberg lernt Strecke per Youtube: Der Force-India-Pilot ist zuvor noch nie auf dem Red-Bull-Ring gefahren. Seine Streckenkenntnis bezieht der Emmericher allein aus dem Internet: „Ich habe mir ein paar Videos auf Youtube angeschaut“, sagt er. „Das sollte reichen.“ Ein großer Nachteil für den Deutschen, der zuletzt in Kanada Fünfter wurde? „Nein, ich lerne Strecken schnell. In zehn bis 15 Runden sollte ich wissen, wo’s lang geht.“
Spielberg im Splitter: Donnerstag
Von wegen Red Bull: Nico Rosberg denkt bei Österreich lieber an den A1-Ring (im Bild der Vorstart 2002)
Mercedes stichelt schon wieder:
Nach den 'Heimspielberg-Plakaten' (s. unten) schießt das Silberpfeil-Team weiter gegen Red Bull. Der sonst eher zurückhaltende Nico Rosberg bezeichnete den Red-Bull-Ring als A1-Ring, wie die Piste früher mal hieß. „So ein kleines Quäntchen Extra-Motivation ist das schon, wenn man hier am A1-Ring gewinnen kann“, beschrieb er den Extra-Kick beim Heimrennen des größten Gegners. Einen Vorteil bieten die vielen Geraden laut Rosberg aber nicht. Der Mercedes-Star selbstbewusst: „Momentan liegen uns alle Strecken.“ Teamkollege Lewis Hamilton geht noch weiter: „Es ist komisch: Sie sagen, das hier ist ihr Heimrennen, dabei ist es das gar nicht. Das Team sitzt doch in England!“ Auf die Frage, ob er Red Bull hier noch stärker erwarte, antwortete er mit einem süffisanten Grinsen: „Nein, das tue ich nicht.“ Auffällig: Weder Rosberg noch Hamilton nahmen das Wort Red-Bull-Ring auch nur einmal in den Mund.
Hamilton erklärt Defekt: Der Brite sieht den Grund für seinen Bremsdefekt in Kanada nicht in einer falsch eingestellten Bremsbalance oder zu hohen Temperaturen beim Boxenstopp. „Ich fuhr die ganze Zeit hinter Nico und mein Auto bekam deshalb kaum frische Kühlluft“, weiß er. „Deshalb stiegen die Temperaturen übers Limit.“ Die WM hat er trotz seines Ausfalls und 22 Punkten Rückstand auf Nico Rosberg noch lange nicht abgeschrieben. „Zu diesem Zeitpunkt der Saison mache ich mir um meine Ausfälle auch noch keine Sorgen. Wir haben noch viele Rennen vor uns und ich weiß, dass wir uns noch verbessern können. Wenn schon jetzt alles perfekt laufen würde, würde es keinen Spaß machen.“
Hotel-Streit geklärt: Mercedes wohnt beim Heimspielberg-Rennen im 70 Kilometer entfernten Graz. Aber nicht, weil Red Bull Mercedes kurzfristig aus Schloss Gabelhofen geschmissen hat, wie berichtet wurde. Bereits im vergangenen Sommer hatte die Reiseabteilung nach Zimmern im MT-Hotel nahe der Strecke gefragt. Bevor die Verhandlungen abgeschlossen waren, hatte sich das Red-Bull-Team dort einquartiert. Die Vettel-Mannschaft war einfach schneller! Die Gerüchte um Schloss Gabelhofen entstanden durch ein Missverständnis: Mercedes hatte fünf VIP-Zimmer dort gebucht, die aber storniert, weil man sie nicht mehr brauchte – und der Preis nach dem Erwerb des Schlosses durch Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz offensichtlich 'leicht' gestiegen ist. Ein Mercedes-Mann darf auf Red-Bull-Einladung trotzdem dort wohnen: Niki Lauda.
Mercedes
Mercedes trumpft ausgerechnet beim Heim-GP des großen Konkurrenten mit 'Heimspielberg'-Plakaten auf
Mercedes sucht den Anschluss:
Beim Red-Bull-Heimrennen auf dem hauseigenen Ring versucht auch Mercedes den Anschluss zu halten. Zumindest optisch. Rund um Spielberg prangen riesige Plakate mit zwei Silberpfeilen und dem Slogan 'Heimspielberg'. Eine Spitze gegen Red Bull? Was sich die Marketingabteilung genau dabei gedacht hat, ist noch unklar. Zwei Varianten drängen sich auf: Entweder ist die Werbung eine Anspielung auf die Herkunft der Mercedes-Bosse Toto Wolff und Niki Lauda. Beide stammen aus Wien. Oder man lebt noch zu sehr in der Vergangenheit...
Mateschitz nimmt Vettel in Schutz: Im Vorfeld des Rennens auf dem Red-Bull-Ring nimmt Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz seinen Starpiloten in Schutz. Der hatte sein Auto nach dem GP von Kanada als 'Gurke' bezeichnet. Mateschitz in der Kleinen Zeitung: „Ich habe für Sebastian Verständnis... mit der Gurke hat er den Motor bzw. die gesamte Antriebseinheit unseres Autos gemeint. Und das auch durchaus zurecht!“

Von

Frederik Hackbarth
Ralf Bach