Schrecksekunde in Singapur: Zum Auftakt in den Flutlicht-Grand-Prix der Formel 1 brennen am Freitag nicht nur die Kerzen auf der Geburtstagstorte von Max Verstappen (seit heute 25), sondern auch der AlphaTauri von Pierre Gasly!
Als der Franzose im zweiten Training vor seiner Boxencrew parkt, fackelt plötzlich die Airbox seines AT03 ab. Immerhin: Der feurige Vorfall geht vergleichsweise glimpflich aus: Die Mechaniker und Gasly kommen mit dem Schrecken davon, gegen Sessionende kann der Franzose trotz einiger Brandspuren an seinem Auto sogar nochmal auf die Strecke fahren.
Die Tagesbestzeit brennt am Freitag in der zweiten Session Ferrari-Mann Carlos Sainz in den Asphalt. Im Auftakttraining unter Tageslicht hat indes Lewis Hamilton die Nase vorne. Bereits das Training zeigt also: Obwohl WM-Leader Verstappen schon am Sonntag den Titel gewinnen kann, ist ein Durchmarsch - wie zuletzt bei den fünf Siegen des Niederländers am Stück - auf Grund der einzigartigen Kurscharakteristik und hohen Temperaturen in Singapur eher nicht zu erwarten.
Max Verstappen kann schon in Singapur den Titel holen
Bild: Red Bull Content Pool

"Im ersten Training ging es ganz gut los für uns, aber fürs zweite Training haben wir was probiert: Die Änderungen haben etwas länger gedauert, deshalb bin ich nicht viel gefahren und es war wenig repräsentativ, was wir da gezeigt haben", erklärt Verstappen, der unter Flutlicht nur sieben Runden dreht. Sorgen macht sich der WM-Führende aber nicht: "Es ist nicht das Ende der Welt. Wichtig ist hier vor allem, dass man über eine Runde schnell ist." Am Ende von Verstappens schnellster Runde fehlen dem Niederländer 0,339 Sekunden auf Sainz, die er vor allem im dritten Sektor verliert.
Bei Ferrari ist indes nur der Spanier happy, Teamkollege Charles Leclerc hadert trotz Platz zwei mit der Scuderia. Erst verliert der WM-Zweite wegen eines technischen Problems eine halbe Stunde an der Box, dann schickt ihn Ferrari für seine schnellen Versuche auch noch in den Verkehr: "Kommt schon, das müssen wir besser machen", motzt der Monegasse am Funk.
Besser ist die Laune hingegen bei Mercedes: Für Hamilton ist seine Bestzeit zum Auftakt die erste Trainingsbestzeit der ganzen Saison: "Das Auto läuft hier besser, wir sind nicht Meilen weg", freut sich auch Mercedes-Sportchef Toto Wolff. "Wir wussten vorher, dass diese Strecke uns mehr liegt. Deswegen denke ich, wir können hier in den Kampf eingreifen", hofft der Wiener, dass sein Team eine historische Pleite noch abwenden kann.
Schnellster Mann: Carlos Sainz mit Bestzeit am Freitag
Bild: Ferrari

Denn Hamilton droht 2022 die erste sieglose Saison seiner bisherigen Formel-1-Karriere. Seit 2007 konnte der Brite immer mindestens einen Grand Prix pro Jahr gewinnen. "Lewis sagt, für ihn spielen diese Statistiken keine Rolle. Wenn wir hier aber ein gutes Resultat holen, würde das zumindest bedeuten, dass unsere Datenanalyse jetzt richtig ist. Das wäre wichtig, genauso wie näher an die Pace von Max und den Ferraris zu kommen", erklärt Wolff.
Vor allem auf Grund des in Singapur nötigen High-Downforce-Pakets, mit dem sich der Silberpfeil dieses Jahr deutlich wohler fühlt als auf Hochgeschwindigkeitsstrecken wie zuletzt in Monza, stufen viele Experten Singapur als Mercedes' beste Chance auf den verbleibenden sechs Kursen ein. Den Freitag beendet Hamilton schließlich auf Position fünf, Teamkollege George Russell wird Dritter, findet sich aber gleich in beiden Sessions einmal im Notausgang wieder.
Nach drei Jahren Corona-Pause ist der Straßenkurs von Singapur am Freitag besonders staubig, viele Piloten haben dabei ihre Probleme und verteilen den ein oder anderen Mauerkuss. Lance Stroll übertreibt es dabei allerdings ein bisschen: Der Kanadier schlägt im ersten Training in Kurve vier so hart an der Wand an, dass er sich die Hinterradaufhängung zerstört und das Training kurzzeitig mit der roten Flagge unterbrochen wird.
Mick Schumacher muss die Strecke erst kennenlernen
Bild: LAT/Haas

Aston-Martin-Teamkollege Sebastian Vettel, der in Singapur mit fünf Triumphen Rekordfahrer ist und dieses Wochenende zum letzten Mal auf der Strecke Gas gibt, beendet den Tag mit den Plätzen elf und zwölf. Deutlich schlechter läuft es für Mick Schumacher: Der Deutsche kann im Haas in beiden Trainings nicht die Pace von Teamkollege Kevin Magnussen mitgehen und belegt schlussendlich die Ränge 18 und 19, über eine Sekunde hinter Magnussen.
Für Schumi Jr. ist es anders als für seinen Stallgefährten allerdings auch die Premiere auf dem anspruchsvollen Stadtkurs: "Es war ziemlich warm, hat aber viel Spaß gemacht. Ich lerne noch die Strecke und sie ist doch ziemlich einzigartig, da muss man sich also ein bisschen dran gewöhnen", erklärt Schumacher. Der Haas-Pilot fügt an: "Es geht einfach darum zu fahren und Runden zu sammeln. Wenn das alles passt, dann kann man sich an die Arbeit fürs Set-Up machen. Das planen wir jetzt heute Nacht."

Formel 1 Grand Prix von Singapur
2. Freies Training

1. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari 1:42,587 Min.
2. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari +0,208 Sek.
3. George Russell (Großbritannien) – Mercedes +0,324
4. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull +0,339
5. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes +0,595
6. Esteban Ocon (Frankreich) – Alpine +0,825
7. Valtteri Bottas (Finnland) – Alfa Romeo +0,844
8. Fernando Alonso (Spanien) – Alpine +0,933
9. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull +1,319
10. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin +1,395
11. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren +1,426
12. Sebastian Vettel (Heppenheim) – Aston Martin +1,662
13. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas +1,835
14. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpha Tauri +1,882
15. Zhou Guanyu (China) – Alfa Romeo +1,937
16. Alexander Albon (Thailand) – Williams +2,557
17. Yuki Tsunoda (Japan) – Alpha Tauri +2,624
18. Daniel Ricciardo (Australien) – McLaren +2,860
19. Mick Schumacher (Gland/Schweiz) – Haas +3,036
20. Nicholas Latifi (Kanada) – Williams +3,966

Formel 1 Grand Prix von Singapur
1. Freies Training

1. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes 1:43,033 Min.
2. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull +0,084 Sek.
3. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari +0,402
4. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull +0,806
5. George Russell (Großbritannien) – Mercedes +1,033
6. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari +1,105
7. Esteban Ocon (Frankreich) – Alpine +1,703
8. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin +2,188
9. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpha Tauri +2,225
10. Fernando Alonso (Spanien) – Alpine +2,303
11. Sebastian Vettel (Heppenheim) – Aston Martin +2,321
12. Daniel Ricciardo (Australien) – McLaren +2,691
13. Valtteri Bottas (Finnland) – Alfa Romeo +2,692
14. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas +2,995
15. Yuki Tsunoda (Japan) – Alpha Tauri +3,048
16. Alexander Albon (Thailand) – Williams +3,086
17. Zhou Guanyu (China) – Alfa Romeo +3,375
18. Mick Schumacher (Gland/Schweiz) – Haas +3,568
19. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren +3,647
20. Nicholas Latifi (Kanada) – Williams +4,059

Von

Frederik Hackbarth