Daniil Kvyat hat im zweiten Freitagstraining zum Singapur GP die Bestzeit erzielt. Unterstrichen wurde das starke Ergebnis für Red Bull durch den dritten Rang von Teamkollege Daniel Ricciardo. Lediglich Kimi Räikkönen konnte sich im Ferrari als Zweiter zwischen die beiden Red Bulls schieben. Eigentlich ein Grund zur Freude für die Truppe aus Milton Keynes, doch beim ehemaligen Weltmeisterteam herrscht ob der Situation an der Motorenfront großer Frust. Nachdem die einstige Traumehe mit Renault wegen der schwachen französischen Aggregate bereits seit 2014 in der Krise steckte, wurde im Vorfeld des Nachtrennens in Singapur das Ende der Zusammenarbeit und die Auflösung des bestehenden Vertrags für die Saison 2016 bekanntgeben.
So lief das erste Training: Rosberg vorne, Rossi in der Mauer

2016 nur mit gutem Motor dabei

Marko & Lauda
Finden in Sachen Motor nicht mehr an einem Tisch zusammen: Helmut Marko (l.) und Niki Lauda (r.)
Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko erklärte am Freitag: „Intern hat das Ende der Kooperation bereits länger festgestanden. Nun sind wir gerade dabei, an einer freundschaftlichen Abwicklung der Dinge zu arbeiten, die damit verbunden sind. Klar ist, dass es 2016 keine Zusammenarbeit mehr mit beiden Teams geben wird.“ Über die Details der Vertragsauflösung verhandele man derzeit und sei laut Marko „auf einem guten Weg“. Das viel größere Problem ist jedoch, dass Red Bull und Schwesterteam Toro Rosso aktuell ohne Motoren für nächstes Jahr dastehen. Einer möglichen Partnerschaft mit Mercedes wurde von der Konzernführung der Silberpfeile ein Riegel vorgeschoben. Für Marko gilt daher: „Eine Gesprächsbasis gibt es nur noch mit Ferrari. Da warten wir momentan auf eine Antwort.“
Sich als Kunde aber mit geringerwertigem Material abspeisen zu lassen, kommt für Marko nicht infrage. „Wir wollen keine B-Version. Wenn wir keinen wettbewerbsfähigen Motor haben, gibt es Red Bull Racing 2016 nicht mehr in der Formel 1.“ Marko droht mit dem kompletten Formel-1-Ausstieg der Marke! „Die Aussage kommt von (Red-Bull-Besitzer; d. Red.) Dietrich Mateschitz und ist ganz klar. Es kostet gleichviel die Saison mit einem nicht konkurrenzfähigen Motor zu bestreiten - der Nutzen und die Motivation sind dann aber nicht die gleiche.“ Zumal das Aggregat dieser Tage der entscheidenste Faktor in der Königsklasse ist. „Das Reglement besteht und der Motor macht den Unterschied. Der beste Fahrer und das beste Chassis sind egal. Ohne den richtigen Motor hast du keine Chance“, sagt Marko.

Auch Toro Rosso betroffen

Toro Rosso
Für Toro Rosso wird es brenzlig: Vor allem wegen der geringeren Kapazitäten braucht man bald einen Plan
Der Österreicher bekräftigt vor diesem Hintergrund: „Unsere Ausstiegsdrohung ist kein Poker sondern eine ernsthafte Aussage.“ Hoffnung gibt es aber: „Bezüglich Ferrari waren die ersten Treffen mit Fiat-Boss Marchionne vielversprechend. Letzten Endes ist es aber auch eine Frage der Kapazität und der Tatsache, dass sich Mercedes und Ferrari fürchten, wenn wir mit dem gleichen Motor antreten.“ Finden Red Bull und Ferrari nicht zueinander, will der Getränkehersteller komplett den Stecker ziehen. „Ein Ausstieg beträfe beide Teams“, bestätigt Marko. Eine Deadline für eine Zukunftsentscheidung besteht zumindest im Fall von Red Bull derzeit aber nicht. „Je früher, desto besser - aber mit einem wettbewerbsfähigen Motor kann man auch in allerletzter Sekunde noch etwas machen und ist trotzdem vorne dabei.“
Im Fall von Toro Rosso sieht die Sache schon diffiziler aus. „Bei ihnen ist es etwas anders, weil sie als kleineres Team von der Besetzung her nicht so stark aufgestellt sind“, so der Grazer, der sich lediglich um seine vier Einsatzpiloten in diesen Tagen keine Sorgen macht. „Das sind alles gute Fahrer. Ich bin mir sicher, dass unsere Piloten anderswo einen Platz finden würden“, sprechen Markos Aussagen in Bezug auf den Ernst der Lage eine deutliche Sprache. „Am besten fragt man Toto Wolff, warum es gescheitert ist“, schießt Marko bei der Diskussion um die Motoren-Zukunft Red Bulls auch in Richtung seines Landsmannes bei den Silberpfeilen. Wolff selbst verteidigte jedoch die Entscheidung der Stuttgarter Red Bull nicht ausrüsten zu wollen.

Mercedes favorisiert Manor

Wolff
Klare Ansage von Toto Wolff: Bei Mercedes hat man sich gegen eine Belieferung Red Bulls entschieden
„Wir hatten eine interne Diskussion, ob es sinnvoll ist oder nicht und sind zu dem Schluss gekommen, es nicht machen zu wollen“, erklärt Wolff mit Blick auf eine mögliche Motoren-Partnerschaft mit Red Bull. Die Gründe für die Absage seien vielfältig. „Wir sind seit Ende 2009 ein Werksteam und bündeln darauf unsere Ressourcen. Darüber hinaus unterstützen wir bereits unabhängige Teams wie Force India und Williams. Aber alles andere wäre eine Verzettelung beim Primärziel Weltmeister zu werden“, so Wolff, der trotzdem auf einen Red-Bull-Verbleib in der F1 hofft. „Wir wollen nicht, dass Red Bull aussteigt. Sie sind eine tolle Marke und ein guter Name in der Formel 1. Von Mercedes-Seite aus haben wir aber diese Entscheidung getroffen.“
Wie ein Schlag ins Gesicht von Red Bull wirkt es, dass Wolff das Nachzügler-Team Manor-Marussia im gleichen Atemzug als „definitiv interessanten Kandidaten“ für einen Ausbau des Mercedes-Kundenmotorenprogramms bezeichnete. „Wir schauen uns den ganzen Grid an und wo man das Feld spannender machen kann“, so Wolff. Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda fügte in Bezug auf das Veto gegen Red Bull hinzu: „Bei uns wurde eine generelle Entscheidung getroffen. Man muss aber auch klarstellen, dass es nie konsequent angesprochen wurde. Es gab keine konkreten Verhandlungen. Daher sind wir außen vor und Ferrari ist jetzt ihre Option. Ich glaube, dass sie Interesse daran haben und auch in der Lage wären, Red Bull Motoren zu geben.“

Seitenhieb von Lauda

Ricciardo
Das Ende der Dosen? Steht ein Top-Pilot wie Daniel Ricciardo (Bild) bald ohne Cockpit für 2016 da?
Einen Seitenhieb auf Marko und Co. konnte sich aber auch Lauda nicht verkneifen. „Man muss auf der anderen Seite auch sagen, dass das Klima zwischen Renault und Red Bull zerstört worden ist, sodass der Vertrag gekündigt wurde, obwohl man eigentlich keinen Motor hat. Jetzt muss man halt schauen, dass man aus der Nummer wieder rauskommt.“ Allen Motoren-Diskussionen zum Trotz: Zumindest auf der Strecke mussten sich Laudas Mannen im zweiten Freitagstraining überraschend hinter der Konkurrenz von Red Bull anstellen. Lewis Hamilton wurde hinter dem Top-Trio Kvyat, Räikkönen und Ricciardo Vierter. Stallkollege Nico Rosberg belegte noch hinter Sebastian Vettel (Ferrari) und Sergio Perez (Force India) die siebte Position. Abgerundet wurden die Top-10 von Fernando Alonso (McLaren), Nico Hülkenberg (Force India) und Max Verstappen (Toro Rosso).

Von

Frederik Hackbarth