Das kennt man sonst eigentlich nur aus Monza oder Spa: Taktieren mit dem Windschatten und ein Teamkollege, der den anderen durchs Qualifying zieht. Trotz Bestzeit am Freitag in Baku - bei Red Bull denkt man genau darüber jetzt nach! Teamchef Christian Horner: „Wir glänzen hier vor allem im zweiten Sektor. Aber extrem wichtig für die Rundenzeit ist eigentlich der letzte Sektor. Die zwei Kilometer lange Gerade deckt knallhart die Hierarchie der Motorleistung auf. Sogar Williams (mit dem Mercedes-Motor; d. Red.) sieht dort besser aus als wir.“
Ferrari
Nicht nur optisch bringt der Windschatten in Baku viel
Gibt es deshalb jetzt den Red-Bull-Zug? Horner ist noch unentschlossen: „Der Windschatten ist schon mächtig, kann fast eine halbe Sekunde ausmachen. Aber es ist wahrscheinlich auch leichter, das zu vermasseln als es richtig hinzukriegen“, erklärt der Brite - und hofft auf das Können seiner Piloten: „Die cleveren Fahrer positionieren sich schon auf der Outlap so, dass sie vom Auto davor profitieren können.“
Bleibt die Frage, wer dann für wen das Zugpferd spielen muss - die durch die anhaltenden Wechselgerüchte um Daniel Ricciardo zusätzliche Brisanz erhalten würde. Horner stellt in Bezug auf den auslaufenden Vertrag des China-Siegers klar: „Wir werden hinter verschlossenen Türen reden. Es ist aber kein Geheimnis, dass es unsere Präferenz ist, Daniel zu behalten.“
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Warum zögert der Australier dennoch? Horner macht das vor allem an Red Bulls Motorpartner Renault fest! „Sein einziges Fragezeichen ist das hinter der Motorleistung“, schiebt der Teamchef Renault den schwarzen Peter zu. Auch Ricciardo hatte bereits am Donnerstag in Baku betont, dass es ihm vor allem darum geht, „wo ich die besten Chancen habe, Weltmeister zu werden. Das Finanzielle und alles andere steht hinten an.“
Red Bull
Die lange Gerade offenbart Red Bulls Schwachstelle
Wie zuversichtlich ist Horner, dass Renaults Fortschritte - das nächste große Motor-Update kommt beim nächsten Rennen in Barcelona - Ricciardo bis Sommer vom Verbleib überzeugen können? „Renault arbeitet hart. Unsere Beziehung ist aber ein bisschen eine Achterbahn der Gefühle“, sagt Horner und bezeichnet die Motorleistung der Franzosen schnöde als „okay“.
Lieber verweist der Brite indes auf Honda, die seit dieser Saison mit Red Bulls B-Team Toro Rosso zusammenspannen. „Sie machen bisher einen guten Job. Wir schauen uns das mit großem Interesse an, denn es bedeutet zum ersten Mal seit zehn Jahren, dass wir auch einen anderen Motor zur Auswahl haben.“ Auf diesen könnte Red Bull schon 2019 setzen - fraglich allerdings, ob man Ricciardos Abgang damit wirklich verhindert oder nicht sogar beschleunigt.

Von

Frederik Hackbarth