Diesmal macht sich die Zweiklassengesellschaft in der Formel 1 vor allem für die Großen bemerkbar. Während die am Freitag in Bahrain vorgestellten Zukunftspläne vom F1-Eigentümer Liberty Media bei den kleinen Teams auf große Zustimmung stoßen - Williams Teamchefin Claire Williams spricht sogar schon davon, den Champagner kaltzustellen - rauchen bei den Herstellern die Köpfe!
Demonstrativ lassen sich Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene und Mercedes-Pendant Toto Wolff im Anschluss an die Präsentation beim gemeinsamen Gespräch im Fahrerlager ablichten. Beide Marken hatten zuletzt sogar Ausstiegsszenarien diskutiert, falls Liberty mit der F1-Ausrichtung ab 2021 nicht ihren Geschmack trifft.
Mercedes
Mercedes' Toto Wolff mit Liberty-Boss Chase Carey
Vor den TV-Mikros gibt sich Wolff in einer ersten Stellungnahme dann aber handzahm. „Ich nehme das Positive von heute mit: Dass wir Libertys Vision nun endlich kennen. Technisch, sportlich, politisch und was die Verteilung der Einnahmen betrifft. Das ist ein guter Startpunkt, daran kann man ansetzen und sehen, was davon wir mögen und was nicht.“
„Einige Punkte sind überfällig, notwendig oder gut, andere sind eine größere Herausforderung“, stellt Wolff fest. Wichtig ist für den Österreicher aber: „Es darf keine heiligen Kühe geben. Man muss sich alles im Detail ansehen. Was bringt einen Benefit für den Fan oder den Sport? Was heißt das für die Kosten? Was kann man standardisieren?“ Im Fokus steht für den Mercedes-Vertreter weiter „die DNA des Sports“. Diese will Mercedes unverändert wissen.
Liberty stellt Zukunftspläne vor: Das soll sich in der F1 ändern
„So lange sichergestellt ist, dass sich daran nichts ändert, es aber gute Ideen gibt, mit denen wir den Gewinn und das Publikum wachsen lassen können, sind wir dabei“, so Wolff. „Die Formel 1 soll weiter für die besten Autos mit den besten Fahrern stehen. Das, gepaart mit einem soliden Businessmodell, und wir sind zufrieden.“
Brawn
Quo vadis Formel 1? Sportchef Ross Brawn weiß es...
Entscheidend wird nun, wie schnell und konstruktiv Liberty und die Teams konkrete Lösungen finden. Vor allem die angedachte Budgetobergrenze von 150 Millionen Dollar pro Saison dürfte den Top-Teams große Kopfschmerzen bereiten. Umfangreiche Verkleinerung und Stellenabbau wären unumgänglich - denn nach aktuellem Stand liegen selbst die Mittelfeldteams McLaren und Renault knapp über der Grenze. Von Ferrari und Mercedes ganz zu schweigen.
Kein Wunder also, dass Wolff vor allem diesen Punkt kritisch sieht. „Diese Zahl wird nicht umsetzbar sein“, erklärt der Österreicher mit Blick auf die 150 Millionen. „Man muss sich das in Relation ansehen. Denn das Marketing ist davon ausgenommen, die Fahrer und viele andere Dinge. Außerdem machen wir als Motorenhersteller natürlich auch viel, wovon unsere Kunden ebenso profitieren.“ Wolff: „Die Zahl an sich ist also zu niedrig für die großen Teams. Wenn man es sich genau anschaut, müssen wir mit Liberty zusammenarbeiten und einen Kompromiss finden.“
Auf Seiten Libertys gibt man sich trotzdem zufrieden mit dem ersten Feedback. „Das war ein Meeting, um den Teams unsere Visionen und Meinungen mitzuteilen. Die Teams müssen das jetzt erst einmal verdauen, einordnen, und dann werden ernsthafte Diskussionen beginnen“, erklärt F1-Sportchef Ross Brawn.

Von

Frederik Hackbarth