Nach den ersten sechs Rennen ist das Bedauern darüber, dass mit Montreal zwei Rennen abgesagt und die Formel-E-Saison von 14 auf zwölf Läufe verkürzt wurde, noch größer. Denn die Saison macht Spaß: sechs Rennen, vier verschiedene Sieger aus vier verschiedenen Teams, elf Fahrer aus acht Teams auf dem Podium. Die Formel E ist in der vierten Saison extrem umkämpft. Der Dauersieger der letzten Rennen, Sébastien Buemi, ist noch ohne Erfolg.
Und: Die Rennen sind extrem spannend. Oft gibt es Duelle um den Sieg, die nicht ohne Lackaustausch vonstatten gehen. Bestes Beispiel war Santiago de Chile und der teaminterne Fight zwischen Jean-Eric Vergne und André Lotterer. Oder zuletzt auch Uruguay mit dem Duell Vergne gegen Lucas di Grassi.
Vergne ist klarer Tabellenführer, weil er bisher kein Saisonrennen außerhalb den Top fünf beendet hat. Und zwei für sich entscheiden konnte. Er fährt für das Renault-Kundenteam Techeetah, das selbst dem Werksteam keine Chance lässt – trotz identischem Auto. „Aber wir dürfen unsere Software selbst entwickeln und da scheinen wir besser zu sein“, erklärt Lotterer die Stärke seines Elektro-Flitzers.
Formel E
Vergne führt die Formel-E-Meisterschaft an
Renault hatte außerdem in den ersten Rennen Probleme mit dem Differential. Und die Fahrer Sébastien Buemi und Nicolas Prost leisten sich immer wieder Fehler. In Uruguay landeten sogar beide ohne Fremdeinwirkung in der Mauer. Bloße Fahrfehler, die sich besonders bei Prost häufen. 
Zwei Teams sind extrem schnell, aber auch unzuverlässig: Audi Sport Abt Schaeffler und Mahindra. Audi hat die Probleme mit dem Inverter aber wohl gelöst. Mahindra tappt noch völlig im Dunklen. Nick Heidfeld schied in den letzten drei Rennen mit technischen Defekten aus. Und auch Rosenqvist hat in den letzten Events viele Zähler auf Vergne liegen lassen müssen, ist mit 30 Punkten Rückstand aber noch immer auf Rang zwei der Tabelle. 29 Punkte werden pro Wochenende vergeben – noch ist da also nicht aller Tage Abend.
Heidfeld ist aber nicht der einzige Deutsche, der Pech hat. Immerhin hat Deutschland nach 38 Rennen endlich einen Sieger: Daniel Abt. Er hätte schon den Auftakt in Hongkong gewonnen, wurde da aber wegen Unregelmäßigkeiten am Auto disqualifiziert. Und er musste in Uruguay auf Rang drei liegend ein zweites Mal an die Box, weil seine Mechaniker beim schnellen Autowechsel die Gurte nicht richtig festzurrten. „Mein Leben ist mir wichtiger, als ein gutes Ergebnis“, erläuterte er nach dem Rennen. Er kam nur auf Rang 14 ins Ziel.
André Lotterer hat lange gebraucht, um sich an die Formel E zu gewöhnen. Lotterer: „Da muss man echt viel lernen. Beispiel Energiemanagement: Klar, das kenne ich aus den Le-Mans-Prototypen von Audi und Porsche. Aber da wurde ich elektronisch unterstützt beim Energiesparen, in der Formel E kommt es nur auf den Fahrer an.“ Maro Engels Venturi-Team begann die Saison richtig stark. Stallkollege Edoardo Mortara hätte den Auftakt in Hongkong fast gewonnen, dann hat er sich gedreht. Inzwischen ist der Ex-Formel-1-Rennstall aber auf Rang sieben der Teamwertung zurückgefallen.
Weiter geht die Saison am 14. April in Rom. Am 19. Mai kommt die Elektro-Serie in die deutsche Hauptstadt Berlin zum neunten Saisonlauf.

Von

Michael Zeitler